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Was bringt Technologischer Fortschritt?Gemeinnützige Forschung statt Profit

Wissenschaft war lange auf Fortschritt aus. Das muss sich ändern, sagt Forscherin Schaper Rinkel – vor allem wegen Klimakrise und Digitalisierung.

Petra Schaper Rinkels Ziel: Künstliche Intelligenz als zentrale Technologie der Gegenwart Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Technologien haben seit Jahrhunderten wirtschaftlichen Wohlstand und gesellschaftlichen Fortschritt angetrieben. Aber dieses Modell kommt im Zeitalter des Anthropozäns, des erschöpften Planeten, zu einem Ende. Für eine nachhaltige Zukunft wird es nötig sein, die Wissenschaft auf ihre Basics zurückzuführen und große algorithmische Plattformen in öffentlicher Regie aufzubauen, sodass sie Prinzipien der Gemeinnützigkeit und nicht des Profits folgen.

Diese Argumentation von Petra Schaper Rinkel, Professorin für Wissenschafts- und Technikforschung des digitalen Wandels an der Universität Graz, steht im Mittelpunkt des neuen Jahrbuchs des Austrian Institute of Technology (AIT). Das Buch wurde jetzt zur europäischen Wissenschaftskonferenz „European Forum Alpbach“ (EFA) im beschaulichen Tirol vorgestellt.

Schaper Rinkel nimmt die Herausforderungen und Defizite der doppelten Transformation durch digitalen und ökologischen Wandel in Blick, die beide sowohl Krisenphänomen als auch Rettungsansatz verkörpern. Interessant ist die Sichtweise der österreichischen Forscherin, das Theoretische mit dem Praktischen zu verbinden. Sie sieht die Wissenschaft weltweit, vor allem aber in den Industriestaaten, auf einem fatalen Irrweg der Nutzenorientierung. „Insgesamt ist das aktuelle Wissenschaftsverständnis eine absurde Engführung auf das unmittelbar Erreichbare“, kritisiert Schaper Rinkel.

Viel Arbeit zur Umsteuerung also in den Elfenbeintürmen. Aber richtig hart wird es bei der digitalen Transformation, die über die Wirtschaft hinaus auch das private Leben und die demokratisch-politischen Verhältnisse beeinflusst. Schon die Forschung ist falsch gelagert, wie Schaper Rinkel am Beispiel der großen EU-Flagship-Projekte darstellt, die jeweils mit einer Milliarde Euro die Themen Graphene, Quantentechnologie und Human Brain Computing untersuchen.

Neue Wege in die digitale Zukunft

„Es fehlen Initiativen, die algorithmische Systeme – Künstliche Intelligenz – als zentrale Technologie der Gegenwart adressieren“, sagt Schaper Rinkel. Kein Projekt widme sich in dieser Größenordnung „dem Aufbau eines offenen und öffentlichen Innovationssystems algorithmischer Plattformen“, obwohl gerade hier die höchste Wertschöpfung erzielt werde. Hinzu komme die infrastrukturelle Bedeutung.

Hier müssten völlig neue Wege in die digitale Zukunft vorgedacht und vorbereitet werden, betont die Grazer Innovationsforscherin. Statt Regulierung der privaten US-Plattformen gehe es um den „Aufbau offener, öffentlicher Plattformtechnologien für eine europäische Öffentlichkeit“. Die Welt, die Demokratie und das Klima werden aus Sicht von Schaper Rinkel „nur gerettet werden können, wenn KI eine öffentliche Infrastruktur wird, die aus den Wissenschaften und aus den Künsten heraus entwickelt und aktiv genützt wird“.

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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Hierzu einige Anmerkungen:

    Erstens ist "das Wissenschaftsverständnis" mitnichten auf die unmittelbare Anwendung fokussiert. Das ist der Fokus von Geldgebern und Politikern, die vom Wesen der Wissenschaft genau nur soviel Ahnung haben, wie es ihnen selbst "unmittelbar nutzt". (Merken'se was?) Es gibt daher viele Akademiker, die dieses Spiel mitmachen, weil es eine gute Möglichkeit ist Geld und Ansehen zu verdienen. Das ist und bleibt aber "Akademie" und hat mit Wissenschaft nichts zu tun.

    Zweitens wissen die meisten Menschen gar nicht, was Wissenschaft eigentlich ist und soll. Und da sich Wissenschaft immer an der Grenze des menschlich Begreifbaren bewegt, wird das für die Mehrheit der Menschen auch immer unverständlich bleiben.

    Drittens führt das dazu, dass es in der Akademie immer mehr Scharlatane gibt, die unmittelbar nützlich aussehenden Budenzauber als Wissenschaft verkaufen. Wegen erstens und zweitens und wegen der Verfügbarkeit von genügend "Material", welches sich zur Scharlatanerie eignet, haben diese Leute auch hinreichend Erfolg um das "Gesamtbild auf die Wissenschaft" in diese utilitaristische Richtung zu drücken.

    All diese Dinge haben mit tatsächlicher Wissenschaft gar nichts zu tun, versauen echten Wissenschaftlern aber den Tag. Es hat einfach eine Kommerzialisierung des Wissenschaftsbetriebs stattgefunden, und deshalb gehorcht der jetzt auch den Marktgesetzen von Angebot und Nachfrage und Ausgabeneinsparung und Einnahmenerhöhung zur Profitmaximierung.

  • Ich wäre vorsichtig damit, den Begriff „Fortschritt“ den Kapitalisten zu überlassen. Die Vorschläge erinnern an die „Wisconsin Idea“, die zentrale wissenschaftspolitische Doktrin der amerikanischen „Progressive Era“. Zu deren Verständnis, dass es um einen Fortschritt hin zu mehr Lebensqualität für alle gehen muss, sollten wir dringend zurückkehren. Das bedeutet eine bessere Grundfinanzierung der Forschung und weniger Förderung der Industrieforschung, begleitet von entschiedenem Vorgehen gegen Monopole, Trusts etc. Anders werden wir auch die Folgen der Klimakatastrophe nicht minimieren; die Zeit drängt hier wirklich.

  • Richtig. Wenn Technologie in den Händen von Konzernen und Eliten ist, wird sie nie zum Wohl aller da sein.

    Kohei Saitos Buch "Systemsturz" sei dazu allen ans Herz gelegt.