Warten auf ein neues Zuhause in Hamburg: Höchststand bei Wohnungsnotfällen

In Hamburg sind derzeit 13.000 Menschen dringend auf der Suche nach einer Wohnung. Das liege an Fehlern des Senats, sagt das Bündnis für soziale Wohnungspolitik.

Gerüst und Kran vor der Fassade eines Neubaus

Wären es bloß alles Sozialwohungen, die hier entstehen: Wohnungsbau in Hamburg Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

HAMBURG taz | Es gibt derzeit rund 13.000 Wohnungsnotfälle in Hamburg. Das vermeldet das „Hamburger Bündnis für eine neue soziale Wohnungspolitik“. Im Bündnis sind unter anderem die Diakonie und der Mieterverein „Mieter helfen Mietern“ vereint, die einen Neustart bei der Bekämpfung der Wohnungsnot vom Hamburger Senat fordern.

„Die Situation hat sich in den letzten Jahren verschlechtert“, sagt Stephan Nagel von der Diakonie. Mit den aktuell 13.000 Fällen, die dringend auf eine passende Wohnung warten, sei ein Allzeithoch erreicht.

Als dringend auf eine Wohnung angewiesen gelten Personen, die entweder eine barrierefreie Wohnung brauchen oder von Gewalt betroffen sind. Auch aus dem Gefängnis oder aus der Eingliederungs-, Behinderten- oder Jugendhilfe entlassene Menschen zählen zu dieser Gruppe.

Weil Armut sich in diesen Fällen als zusätzliche Belastung auswirkt, haben sie Schwierigkeiten, auf dem freien Wohnungsmarkt bezahlbaren Wohnraum zu finden. Deshalb erhalten sie einen Dringlichkeitsschein, damit ihnen die Fachstellen der Bezirksämter eine Wohnung vermitteln.

Senat handelt nicht entschieden

Nur bekommen sie dann nicht sofort eine neue Wohnung. Vor sechs Jahren betrug die Zahl der Wohnungsnotfälle in Hamburg noch etwa 8.000. Aus Sicht des Bündnisses reagiert die Politik auf diese gestiegene Zahl an vordringlich wohnungssuchende Menschen allerdings nur zögerlich. „Wir teilen dem Senat seit Jahren mit, dass er entschiedener handeln muss“, sagt Nagel. „Das Problem hat sich verstärkt und darauf muss der Senat reagieren.“

Die Sozialbehörde verweist darauf, dass es ein umfangreiches Hilfsangebot gebe

Die gestiegene Zahl von Wohnungsnotfällen sieht das Bündnis in einer fehlerhaften Wohnungsbaupolitik des Senats begründet. Um die Situation zu ändern, fordert das Bündnis, den Anteil der Sozialwohnungen bei Neubauten auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen. Die Vorgabe der Stadt ist bislang, dass der Anteil von Sozialwohnungen 33 Prozent betragen muss.

Dabei wurde nach dem jüngsten Bericht über die fertiggestellten Neubauten deutlich, dass der Anteil der Sozialwohnungen gesunken ist. Waren 2020 3.472 öffentlich geförderte Wohnungen mit sozialer Mietpreis- und Belegungsbindung fertiggestellt worden, waren es 2021 nur noch 1.875 – das ergibt ein Minus von 45 Prozent.

Zudem verlangt das Bündnis, dass mehr Wohnungen explizit für Wohnungsnotfälle vorgesehen werden. Das städtische Wohnungsunternehmen Saga solle dafür jede zweite Neuvermietung an vordringlich wohnungssuchende Haushalte vergeben.

Zu wenig Sozialwohungen

Die Forderung stützt sich darauf, dass der Senat seine selbst gesteckten Ziele zuletzt nicht erreicht hatte: So wollte die Stadt im vergangenen Jahr 300 Wohnungen für diese Personengruppe fertiggestellt haben. Tatsächlich waren es aber nur 101 Sozialwohnungen mit entsprechender Bindung.

Die Sozialbehörde verweist darauf, dass es ein umfangreiches Hilfsangebot für Betroffene gebe. Das Hilfesystem der Stadt setze an unterschiedlichen Stellen an. „Die Fachstellen unterstützen Menschen dabei, Kündigungen abzuwehren und die bestehende Wohnung zu sichern“, teilt die Sozialbehörde mit. Außerdem helfe sie bei anstehenden Wohnungsräumungen und in Fällen von Obdachlosigkeit bei der Suche nach einer neuen Bleibe. Zudem gehe nun das Housing-First-Projekt an den Start, bei dem 30 Wohnungen an obdachlose Menschen vermittelt werden.

Für das Bündnis greifen diese Ansätze allesamt zu kurz. Eine sinkende Zahl der Notfälle sei deshalb nicht in Sicht.

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