Waldbesetzung in Hamburg: Vom Baum geholt
Am frühen Donnerstagmorgen hat die Polizei mit der angedrohten Räumung des Baumhauses im Vollhöfner Wald begonnen.
Jedes der drei Beine des Tripods wird jetzt von jeweils drei Polizisten gehalten. Ein weiterer sägt reihum stückchenweise die Beine kürzer. Solange, bis der Polizist sich und den Aktivisten das letzte Stück abseilt und beide am Boden ankommen. Die Aktion der Polizei sorgt für Protest unter den in den umliegenden Bäumen hängenden Besetzer*innen. Der Tripod sei nicht sicher, das Absägen der Stämme zu gefährlich. „Und ihr kümmert euch um unsere Sicherheit“, ruft eine Aktivistin.
Der Besetzer aus dem Tripod bekommt einen orangefarbenen Aufkleber auf die Brust, Fotos werden von ihm gemacht. Die Beamten sprechen kurz mit ihm, bevor er aus dem Wald gebracht wird, so wie vor ihm an diesem Tag schon einige andere Besetzer*innen.
Am frühen Donnerstagmorgen hatte die Polizei begonnen, das Baumhaus im Vollhöfner Wald zu räumen. Einen Tag vorher war ein Ultimatum abgelaufen, bis zu dem die Besetzer*innen den Wald räumen sollten. Die Besetzung sei eine nicht angemeldete Versammlung auf nicht öffentlichem Grund, die die Eigentümerin, die Hamburg Port Authority (HPA), nicht dulden müsse, sagte ein Polizeisprecher.
Die Polizei zerstört das Baumhaus
Polizei und Feuerwehr rückten mit großem Gerät an. Doch dahin, wo die Waldbesetzer ihr Baumhaus gebaut hatten, gelangt man nur zu Fuß. Eigentlich war das Waldgebiet als Hafenerweiterungsfläche vorgesehen. Am Dienstag verkündete der Senat, bis 2023 solle dort alles so bleiben, wie es ist. Den Besetzer*innen reicht das nicht. Sie fordern, dass die Fläche zum Naturschutzgebiet erklärt wird.
Bis Donnerstagmittag seilten die Kletterer der Polizei die Besetzer*innen aus dem Baumhaus ab. Danach wurde der Besetzer vom Tripod geholt. 17 Menschen wurden nach Polizeiangaben in Gewahrsam genommen, einige seien bereits am Nachmittag wieder freigelassen worden.
Doch wie sie die übrigen Besetzer*innen von den Bäumen herunterbekommen sollte, wusste die Polizei offenbar nicht. Die Besetzer*innen hatten mit Bergsteigerseilen unzählige Traversen durch das Gebiet gespannt, sogar bis auf die andere Seite der Alten Süderelbe, an der das Baumhaus stand. Gegen 17 Uhr zog sich die Polizei dann nach Angaben der Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider (Die Linke) weitgehend zurück. Sieben Aktivist*innen hingen da noch in den Bäumen. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion kam am Nachmittag in den Wald.
Gudrun Schittek, Grünen-Abgeordnete der Bezirksversammlung Harburg, hatte zuvor versucht, die Besetzer*innen zu überzeugen, herunterzuklettern. Sie hätten ein Zeichen gesetzt, es sei aber zu gefährlich so hoch in den Bäumen. Die Besetzer*innen weigerten sich und sagten, sie müssten nicht so hoch klettern, wenn die Polizei nicht da wäre.
Umweltsenator nennt Einsatz überflüssig
Kritik am Vorgehen der Polizei kam auch von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Er nannte den Einsatz auf Twitter überflüssig. Es bestehe keine Notwendigkeit für eine Räumung. Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion, nannte die Räumung unbegreiflich. Es sei nicht hinnehmbar, dass Proteste kriminalisiert würden.
Dennis Gladiator, innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, sprach hingegen von einer rechtswidrigen Besetzung. Die Polizei habe mit der Räumung das Recht durchgesetzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern