Wahlverhalten bei der Bundestagswahl: Frauen wählen anders
SPD und Grüne bekommen mehr weibliche Stimmen, AfD und FDP mehr von Männern. Erstmals ziehen zwei offen trans lebende Frauen in den Bundestag ein.
Für die Geschlechterverteilung im Bundestag gibt es bisher noch keine Auszählung, sondern nur übereinstimmende Prognosen. Der bisherige Bundestag hatte mit knapp 31 Prozent einen so niedrigen Frauenanteil wie seit 20 Jahren nicht mehr. Laut der Wahlforschungsinstitute wird der Anteil nun auf 35 bis 36 Prozent steigen. Damit verfehlen die Männer allerdings noch immer nur knapp die Zweidrittelmehrheit.
Empfohlener externer Inhalt
Das liegt auch daran, dass sich etwa die CSU zwar rühmte, ihre Liste paritätisch besetzt zu haben. Doch über diese Liste zieht nun keine einzige Person in den Bundestag ein. Die bayerischen CSUlerInnen holten ausschließlich Direktmandate. Und von diesen 45 PolitikerInnen werden gerade einmal neun Frauen in den neuen Bundestag kommen – das sind äußerst magere 20 Prozent.
Eine historische Premiere hinsichtlich der Geschlechterverteilung gibt es dennoch: Zum ersten Mal ziehen zwei offen trans lebende Frauen in den Bundestag ein. Tessa Ganserer hat ihren Platz über die Landesliste der bayerischen Grünen sicher, Nyke Slawik zieht über die grüne Landesliste in NRW ein.
Mehr trans Frauen wollten ins Parlament
„Mich haben mittlerweile Glückwünsche aus Polen, UK und den USA erreicht. Unser Wahlerfolg geht um die Welt“, twitterte die 27-jährige Slawyk, die derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Landtag arbeitet. „Ich hoffe, dass wir heute ein neues Kapitel der Selbstbestimmung in der Politik aufschlagen und die jahrelange Bevormundung queerer Menschen beenden können.“
Ganserer, 44, ist derzeit queerpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion. Auf den Stimmzetteln wurde sie mit ihrem sogenannten Deadname gelistet, also dem Vornamen, den sie abgelegt hat. Ihr Vorname Tessa stand nur in Klammern. Auf Twitter hatte Ganserer geschrieben, dass dieser Vorgang „das Maß an Demütigung“ überschreite. Sie fordert, das „entwürdige Transsexuellengesetz“ durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen.
Mit Christian Schenk von der Linkspartei hat es bislang zwar bereits einen trans Abgeordneten im Bundestag gegeben. Schenk outete sich aber erst nach seinem Ausscheiden 2002. Zwei weitere trans Frauen, die dieses Jahr für Grüne und SPD auf den Wahllisten standen, schafften den Einzug ins Parlament nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja