Wahlprogramm der Union: Hochstapelei und Wohlfühlprosa

Die Union will Steuern für Reiche senken und irgendwie Klimaschutz forcieren. Das ist nicht nur intellektuell eine Zumutung.

Laschet und Söder stoßen sich am Ellbogen an

Klausur der Spitzen von CDU und CSU zur Verabschiedung des Wahlprogramms Foto: Kay Nietfeld/dpa

War da was? Ein rüder Machtkampf an der Grenze zur Selbstzerstörung zwischen CDU und CSU? Die Union hat den Streit in der Formel „diese zehn Tage“ entsorgt. Zwischen Markus Söder und Armin Laschet scheint kein Löschblatt zu passen.

Es köchelt unter der glattpolierten Oberfläche aber noch. Söder kann es sich nicht verkneifen zu zeigen, dass er alles besser weiß als Laschet – selbst wenn es nur um die Höhe des aktuellen Benzinpreises geht. Aber das fällt eher in das Metier Unterhaltung. Der Grundreflex funktioniert bei der Union wieder: alles für den Wahlsieg. Die Machtmaschine Union läuft wieder störungsfrei.

Die Union hat ein laxes Verhältnis zu Programmen. Irgendwie braucht man sie, aber sie sollen bitte dem Regieren nicht im Weg stehen. Das Prinzipielle zählt wenig, das Situative viel. Das ist seit Langem das Erfolgsrezept der Union, Merkel hat es perfektioniert.

Die Laschet-Union tickt da genauso. Dieses Wahlprogramm ist eine intellektuelle Zumutung. So kündigt die Union an, die Unternehmensteuer entschieden auf 25 Prozent zu senken und die Spitzenverdiener mit der Streichung des Soli um Milliarden reicher zu machen. Auch Normalverdiener sollen weniger zahlen. Dem Staat wird also ein hoher zweistelliger Milliardenbetrag fehlen. Die Schuldenbremse soll aber umgehend wieder gelten. Kürzungen bei den Staatsausgaben sind auch nicht vorgesehen.

Wahlprogramm als neoliberaler Taschenspielertrick

Weniger Einnahmen, gleiche Ausgaben, keine Schulden – an dieses Märchen würde keine schwäbische Hausfrau glauben. Die Union beteuert zwar, „nichts zu versprechen, was wir nicht einhalten können“. Aber das ist Hochstapelei.

Dieses Wahlprogramm ist ein neoliberaler Taschenspielertrick. Finanziert werden soll alles auf wundersame Weise durch Wachstum, das durch radikalen Abbau von wuchernder Bürokratie ermöglicht wird. Auch dieses Bürokratiemonster stammt aus der neoliberalen Mottenkiste. Abgesehen davon: Wer regiert hier eigentlich seit 16 Jahren?

Beim Klimaschutz sieht es ähnlich aus. Das Ziel ist zwar hochfliegend, Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein. Aber wie, das verrät die Union lieber nicht. Viel wolkige Wohlfühlprosa, keine einzige harte Zahl.

Das mag zur derzeitigen Stimmung passen: Fast alle wissen, dass Klimaschutz nötig und Veränderung unausweichlich ist. Aber man möchte trotzdem lieber, dass es erst mal bleibt, wie es ist. Gerade nach der Pandemie. Die Union spekuliert auf diese Stimmung. Die Wahrheit könnte WählerInnen verunsichern.

Die Union versucht nicht mal, ein seriöses Programm auf den Tisch zu legen. Es ist der Job der politischen Konkurrenz zu verhindern, dass Laschet und Söder mit diesem Schwindel Erfolg haben.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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