Wahlergebnis im Irak: Knapper Sieg für säkulare Liste

Nach dem engen Vorsprung der Irakiya-Liste von Ayad Alawi steht das Zweistromland vor einer schwierigen Zukunft. Ex-Regierungschef Al Maliki will das Ergebnis anfechten.

Wahlplakate in Bagdad, Irak. Bild: ap

Versöhnliche Töne schlägt der Sieger der irakischen Parlamentswahlen Ajad Alawi an. Er strecke allen politischen Kräften die Hand aus, ließ er verlauten. Kein Wunder. Der hauchdünne Sieg seiner säkularen Irakia-Liste zwingt ihn dazu, Bündnispartner zu finden, und deren benötigt er viele. Alawis Liste hat 91 Sitze im 325-köpfigen irakischen Parlament gewonnen, gefolgt von seinem größten Rivalen, den bisherigen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki, der mit seiner Liste der Rechtstaatlichkeit 89 Sitze für sich in Anspruch nehmen kann.

Als Königsmacher könnte sich der drittgrößte Block erweisen, die Irakische National Allianz (INA), eine Liste, die die Anhänger des Schiitenpredigers Muktada al-Sadr und den schiitischen Obersten Islamrat vereint und auf 70 Abgeordnete kommt. Der vierte Block, die Kurden, die mit 40 Abgeordneten ins Parlament einziehen, ist allein zu klein als Koalitionspartner. Alawi braucht 72 Abgeordnete anderer Parteien, um mit einer Mehrheit die Regierung formen zu können.

Alawi will zunächst mit dem zweitgrößten Block seines Rivalen al-Maliki in Koalitionsverhandlungen treten. Doch der ist im Moment noch nicht einmal bereit, das Wahlergebnis anzuerkennen. Sichtlich verärgert war er nach der Verkündung der Ergebnisse am Freitagabend vor die Presse getreten und hatte erklärt, dass er das Resultat gerichtlich anfechten wolle. Er hat bis Montag Zeit, Einspruch einzulegen. Al-Maliki diskutiert derzeit auch eine zweite Version, an der Macht zu bleiben. Er verhandelt mit dem schiitischen Block der INA, um eine große schiitische Liste zu bilden.

Ein solches Konstrukt wäre allerdings problematisch, da die Wähler gerade die säkulare Alawi-Liste gewählt hatten, um den Parteien auf konfessioneller Basis eine Abfuhr zu erteilen. Insofern ist das Wahlergebnis auch ein Votum gegen den iranischen Einfluss auf die irakische Politik. Denn trotz einer schiitischen Mehrheit im Land haben es die beiden großen schiitischen Wahlblöcke nicht einmal gemeinsam geschafft, die Mehrheit zu bekommen. Alawis Liste war von vielen Sunniten gewählt worden, die sich bei dieser Wahl wieder in der irakischen Politik zurückgemeldet haben. Sie war aber auch für viele Schiiten attraktiv, die der Politik auf konfessioneller Basis überdrüssig geworden sind.

Alawi ist eine nicht einfach zu greifende Persönlichkeit. Einerseits war der 65-Jährige früher oft als "amerikanische Marionette" verschrien, und seine Kontakte zum CIA und zum britischen Geheimdienst MI6 sind kein Geheimnis. Heute gilt der säkulare Schiit aber vielen Irakern als Garant für eine irakische Identität jenseits der Religionszugehörigkeit. Einst Mitglied von Saddam Husseins Baathpartei, fiel Alawi 1970 in Ungnade und floh ins britische Exil. Dort überlebte er nur knapp ein Attentat, als ein Scherge Saddams ihm in seinem Schlafzimmer mit einer Axt auflauerte und in am Bein und an der Brust schwer verletzte. Nach einjährigem Krankenhausaufenthalt begann Alawi damit, ein Netzwerk der Saddam-Opposition im Exil aufzubauen.

Nach dem US-Einmarsch in den Irak war er 2004 für etwas weniger als ein Jahr von den Besatzungsbehörden als Übergangsministerpräsident eingesetzt worden. In dieser Zeit erwies er sich in Sicherheitsfragen als besonders hart. Damals befürwortete er einen blutigen Angriff auf die sunnitische Aufständischen-Hochburg Falludscha. Kurz darauf gab er grünes Licht, die schiitische Stadt Nadschaf militärisch vom Griff der Mahdi-Milizen Muktada al-Sadrs zu befreien. Beides brachte ihm im Irak den Ruf ein "Saddam ohne Schnurbart" zu sein.

Alawi hat nun laut Verfassung 30 Tage Zeit, eine Regierungskoalition zu bilden. Schafft er dass nicht, wählt das Parlament einen Präsidenten, der dann jemand anderen mit der Regierungsbildung beauftragt. Das könnte dann der Chef des zweitgrößten Blocks sein, Nuri al-Maliki.

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