Wahlen in Palästina: Startschuss für den Erbkampf
Abbas will Ende Juli Präsidentschaftswahlen abhalten. Es ist unwahrscheinlich, dass das passiert. Es könnte sich aber die Nachfolgefrage klären.
G anz egal, ob die palästinensische Präsidentschaftswahl am Ende stattfinden wird oder nicht: Mahmud Abbas hat mit der Verkündung eines konkreten Wahltermins eine seiner klügsten und verantwortungsvollsten Entscheidungen getroffen. In den verbleibenden Wochen muss sich klären, wer seine Nachfolge antritt. Die Fatah täte gut daran, rasch darüber zu entscheiden. Auch wenn die Zeichen derzeit für den demokratischen Urnengang nicht günstig stehen, kann sich bis zum Sommer noch einiges tun.
Um die Wahl zu gewinnen, muss die Partei geeint antreten. Interne Machtkämpfe waren schon bei der letzten Wahl einer der Gründe für die Niederlage. Die Nachfolgefrage noch zu Leb- und Amtszeiten von Abbas zu klären könnte zudem Blutvergießen verhindern. Es ist auch höchste Zeit, dass der Präsident, der in wenigen Wochen 85 Jahre alt wird, seine Posten räumt, um Platz zu schaffen für die „junge Garde“, die seit Jahrzehnten auf ihre Chance wartet und inzwischen gar nicht mehr so jung ist.
Laut aktuellen Umfrageergebnissen wünschen sich 66 Prozent der PalästinenserInnen den baldigen Rücktritt von Abbas. Der alte Präsident regiert sein Volk seit über zehn Jahren ohne Mandat per Dekret. Abbas verpasst Kritikern Maulkörbe oder lässt sie verfolgen, wie seinen stärksten Widersacher Mohammed Dahlan, der ins Exil fliehen musste, aber dennoch als potenzieller Kandidat gehandelt wird. Dahlan, einst skrupelloser Geheimdienstchef im Gazastreifen und Erzfeind der Hamas, spielt heute eine wesentliche Rolle bei der Annäherung der palästinensischen Islamisten an Teile der Fatah.
Für die Überwindung des innerpalästinensischen Konflikts setzt sich auch Marwan Barghuti ein. Er gilt als aussichtsreichster Politiker für die Präsidentschaft. Das Problem ist nur, dass Barghuti in Israel eine lebenslängliche Haftstrafe absitzt. In jedem Fall verspricht die Zeit bis zur Wahl spannend zu werden. Es sei denn, was so unwahrscheinlich wie verheerend wäre, Abbas wollte doch noch einmal selbst antreten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu