Wahl in Indien: Indiens Demokratie ist lebendig

Für Narendra Modi endet die Wahl nicht wie erwartet. Indien hat die Chance, säkularer, inklusiver zu werden.

Frauen tanzen vor Modi Porträt

Modis Anhängerinnen tanzen vor dem Parteibüro in Guwahati Foto: Anupam Nath/dpa

Schon kurz nachdem die Auszählung der Wählerstimmen in Indien am Dienstag begann, wurde klar: Indiens fast schon totgesagte Opposition ist doch noch sehr lebendig. Der Marsch von Oppositionsführer Rahul Gandhi quer durch Indien war nicht umsonst. Er könnte sich und seine Kongresspartei damit rehabilitiert haben.

Premierminister Narendra Modi von der hindunationalistischen Volkspartei BJP hat zwar die angestrebte Zweidrittelmehrheit verfehlt, doch seiner Regierung bleiben fünf weitere Jahre, das Land zu gestalten. Allerdings mit einer wieder gestärkten Opposition und Koalitionspartnern, die sicherlich mehr Mitsprache einfordern werden. Damit wird die BJP den politischen Kurs nicht mehr so sehr dominieren können.

Bei der Mammutwahl wurden 642 Millio­nen Stimmen abgegeben. Der Einsatz von Wahl­hel­fe­r:in­nen – diesmal 15 Millionen – wird alle fünf Jahre größer und logistisch komplizierter. Aber all dies zeigt, dass Indiens Demokratie trotz verstärker Repressionen und juristischer Einschränkungen doch noch lebendig ist. Der Opposition gelang es, die Wähle­r:in­nen trotz geringerer Ressourcen und anderer Hürden zu mobilisieren.

Indiens Wahl folgt damit nicht dem Kurs wie zuletzt in Indiens Nachbarländern, wo die Opposition an der Wahlurne stark isoliert wurde. Auch hat sich die Kongresspartei mit ihrem verbesserten Ergebnis nun die Position der Op­po­si­ti­ons­füh­re­r:in im Unterhaus gesichert. 2019 wurde ihr diese Rolle nicht zugestanden, da sie nur 52 von 543 Sitzen gewann. Eine historische dritte Amtszeit, wie sie Modi jetzt bevorsteht, gelang bisher nur dem Kongresspolitiker Jawaharlal Nehru.

Bevölkerungsreichstes Land der Welt und Global Player

Modis Sieg fiel jedoch vor allem im hindisprachigen Norden deutlich hinter die Erwartungen zurück. Zwar punktete seine Partei in den Himalaja-Bundesstaaten hoch, doch im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Uttar Pradesh musste sie überraschenderweise Federn lassen. Dass diese Wahlen auch außerhalb Indiens wichtig sind, müsste sich herumgesprochen haben. Das bevölkerungsreichste Land der Welt ist längst ein Global Player und in geopolitisch an­gespannten Zeiten gefragt.

Es wird spannend zu beobachten, welche Richtung Indien in den nächsten fünf bis zehn Jahren einschlagen und wie Modi seine bisher völlig ungeklärte Nachfolge regeln wird. Damit Indien gerade für den Westen weiter als Bollwerk gegen China gesehen wird, braucht es ein säkulares, inklusives Indien und auch immer wieder konstruktive Kritik demokratischer Staaten.

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Natalie Mayroth schreibt seit 2015 für die taz. Seit 2017 berichtet sie aus Indien und Südasien. Sie kam damals mit einem JournalistInnen-Stipendium nach Indien. In München absolvierte sie 2014 ihren Magister in Europäischer Ethnologie, Soziologie und Iranistik. Natalie Mayroth ist deutsch-iranischer Herkunft.

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