Wahl in Ghana: Abstimmen in Zeiten der Ernüchterung
Präsident Mahama fürchtet um seine Wiederwahl, die Bevölkerung um die Stabilität. Für Oppositionsführer Akufo-Addo ist es die letzte Chance.
Das passende T-Shirt, auf dem Akufo-Addo breit grinst, trägt er schon. „Mein Kandidat“, sagt Mensah in gebrochenem Englisch. „Der andere“, er deutet auf ein riesiges Poster mit Präsident John Dramani Mahama, „ist so korrupt.“
Wahlen in Ghana sind meistens knapp, aber die Wahl am Mittwoch, für die gut 15,7 Millionen Menschen als Wähler registriert sind, ist umkämpft wie selten. Für Präsident Mahama vom Nationalen Demokratischen Kongress (NDC) wäre es eine herbe Schlappe, schon nach einer Amtszeit abgewählt zu werden. Sein Herausforderer Akufo-Addo würde bei einer erneuten Niederlage auch schlecht dastehen: Seine Nationale Patriotische Partei (NPP) hat ihn bereits zum dritten Mal ins Rennen geschickt. Mit aktuell 72 Jahren wäre er vermutlich zu alt, um 2020 einen erneuten Versuch zu starten.
In Umfragen, die das Zentrum für Demokratische Entwicklung (CDD) im Juli und Oktober durchführte, bekam Mahama ziemlich schlechte Werte. Deutlich wurde beide Male, dass für die Ghanaer die Schaffung von Arbeitsplätzen oberste Priorität hat, erklärt CDD-Forscher Daniel Armah-Attoh. Denn es ist in den vergangenen Jahren bei weitem nicht gelungen, genügend Stellen für immer mehr Menschen – das Bevölkerungswachstum liegt bei 2,2 Prozent – zu schaffen.
Verlässliche Zahlen zur Arbeitslosigkeit gibt es nicht. Die Weltbank ging vor einigen Monaten davon aus, dass knapp jeder zweite junge Erwachsene zwischen 15 und 24 Jahren ohne festen Job ist. Viele dürften allerdings auf dem informellen Sektor zumindest tageweise ein paar Cedi verdienen. Doch Arbeit ist das entscheidende Thema im Wahlkampf.
Ghanas Wirtschaft ist im vergangenen Jahr stark eingebrochen. Grund dafür waren unter anderem lange Stromausfälle und der gesunkene Ölpreis. Ausgerechnet das schwarze Gold, das 2007 in größeren Mengen vor Ghanas Küste entdeckt wurde, sollte dem Land endlich Wohlstand bringen und zum Jobmotor werden. Die Begeisterung ist längst verklungen: Die Öleinnahmen machen keine zehn Prozent am Bruttoinlandsprodukt aus.
Zwar wird für 2017 ein Wirtschaftswachstum von bis zu 8,7 Prozent prognostiziert. Ernestina Cole klingt trotzdem nicht allzu hoffnungsvoll. Die Ghanaerin, die vor Jahrzehnten als Lehrerin in Nigeria arbeitete, betreibt heute ein kleines Unternehmen und beliefert Bergbaufirmen mit Diesel. Vergangenes Jahr musste sie an ihr Erspartes, um die Minifirma am Leben zu halten. Die hohe Inflation – derzeit über 15 Prozent – und der schwache Cedi machen ihr zu schaffen. „An große Gewinne denke ich schon lange nicht mehr“, sagt sie und gibt zu, dass sie weder auf den einen noch auf den anderen Präsidentschaftskandidaten setzt. „Ich bin der Meinung, dass jeder auch selbst Verantwortung trägt und Dinge vorantreiben muss.“
Wunsch nach friedlichen Wahlen
Im Vergleich zu den Nachbarn genießt Ghana immerhin eine bemerkenswerte wirtschaftliche Entwicklung und politische Stabilität. In den vergangenen Tagen ist nun oft betont worden, dass sich viele Ghanaer vor allem friedliche Wahlen wünschen.
Die sollten eigentlich selbstverständlich sein. Doch die Parteien dreschen ordentlich aufeinander ein. Mal heißt es vom NDC, Akufo-Addo wolle seinen Heimatort Kyebi zur neuen Hauptstadt machen. Die NPP wiederum zeigt auf Plakaten ein weinendes Kind mit dem Slogan „Acht Jahre NDC sind genug“.
Die angespannte Stimmung spüren auch die Meinungsforscher. „Im Juli fanden 79 Prozent der Befragten Sicherheitspersonal an den Wahllokalen gut. Durch die Präsenz von bewaffneten Sicherheitskräften würden sie sich besser fühlen“, sagt Daniel Armah-Attoh. Vier Monate später waren es sogar 81 Prozent. Gut jeder zweite Befragte geht außerdem davon aus, dass die politischen Parteien Gewalt nutzen könnten.
Es mangelt in Ghana offensichtlich an Vertrauen in den Staat und die Parteien. Ob das zum Machtwechsel führt? In seinem Büro im Zentrum Accras ist der Journalist und Wahlforscher Ben Ephson skeptisch. Ephson befasst sich seit Jahrzehnten mit Wahlforschung und lag – so sagen seine Anhänger – stets richtig. Laut seiner jüngsten Umfrage in 40 Wahlbezirken müsste der Präsident mit 52,4 Prozent wiedergewählt werden.
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