Waffenexporte nach Israel: Deutschland liefert trotz brüchigem Waffenstillstand
Die scheidende Bundesregierung hat im Januar Rüstungsexporte für fast 2 Millionen Euro nach Israel genehmigt. Darunter Komponenten für Landfahrzeuge.
![Eine Kollonne aus Fahrzeugen bahnt sich durch das zerstörte Gaza-Stadt Eine Kollonne aus Fahrzeugen bahnt sich durch das zerstörte Gaza-Stadt](https://taz.de/picture/7525834/14/37659889-1.jpeg)
BSW-Politikerin Sevim Dağdelen kritisierte die Exportgenehmigungen scharf. „Die Bundesregierung muss die Waffenlieferungen an Israel umgehend einstellen.“ Dies müsse erst recht mit Blick auf die Pläne von Donald Trump geschehen. Der US-Präsident hatte vergangene Woche angekündigt, den Gazastreifen „übernehmen“ zu wollen, und dabei auch mit der Vertreibung der im Gazastreifen lebenden Palästinenser*innen gedroht. „Deutschland darf nicht zum Beihelfer eines massiven Verbrechens der ethnischen Säuberung gemacht werden“, so Dağdelen.
Auch die Bundesregierung hatte Trump für seine Äußerungen kritisiert. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einem „inakzeptablen und völkerrechtswidrigen“ Vorstoß des US-Präsidenten. Zu den jetzt erfolgten Ausfuhrgenehmigungen wollte sich das von ihrem Parteikollegen Robert Habeck geführte Wirtschaftsministerium auf taz-Anfrage nicht äußern. Ein Sprecher verwies auf die Praxis der Bundesregierung, Einzelgenehmigungen generell nicht zu kommentieren.
Aus der Antwort auf die Anfrage des BSW geht hervor, dass im Januar neben dem Export von Komponenten für Landfahrzeuge auch die Ausfuhr von militärischer Elektronik, Software und Technologie im Wert von insgesamt 1.990.500 Euro nach Israel genehmigt wurden. Worum es sich dabei konkret handelt, ist nicht bekannt. Der Bundessicherheitsrat, der aus Minister*innen der Regierung besteht und der über die Genehmigung „besonders bedeutsamer“ Ausfuhren und Kriegswaffen zu entscheiden hat, tagt geheim.
Es könnten noch mehr Genehmigungen folgen
„Es ist ein Problem, dass wir nicht erfahren, um welche Rüstungsgüter es sich handelt“, sagt der Wissenschaftler Max Mutschler vom Bonner Konfliktforschungsinstitut BICC. Die Aussagekraft der Genehmigungswerte für einen Monat hält er für begrenzt. So erscheine der Wert der genehmigten Exporte im Januar im Vergleich zu den Vorjahren gering. 2023 erlaubte die Bundesregierung Ausfuhren im Wert von 326 Millionen Euro nach Israel, 2024 waren es 161 Millionen Euro.
Mutschler verweist auch auf eine andere Beobachtung aus den vergangenen Jahren: 2021 habe die scheidende Bundesregierung aus Union und SPD, die nur noch geschäftsführend im Amt war, noch einen Tag vor der Amtseinführung von Olaf Scholz als Bundeskanzler einen großen Rüstungsexport mit drei Fregatten nach Ägypten unterzeichnet. „Eventuell kommt auch diesmal die nächste große Genehmigungswelle erst im Februar, so dass die Zahlen erst nach der Bundestagswahl bekannt werden“, erklärte Mutschler.
Insgesamt ist Israel bei den Empfängerländern von deutschen Waffenexporten auf den hinteren Listenplätzen. Die Bundesregierung genehmigte im vergangenen Jahr Ausfuhren von Kriegswaffen und militärischer Ausrüstung für 13,33 Milliarden Euro – so viel wie nie zuvor. Weit mehr als die Hälfte davon ging mit 8,15 Milliarden Euro an die Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriff. Israel war mit dem Volumen von 161 Millionen Euro aber auch in den Top 10 der Importstaaten deutscher Waffen.
Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri kamen in den Jahren von 2019 bis 2023 etwa 30 Prozent der israelischen Waffenimporte aus Deutschland. Dabei handelte es sich vorrangig um Marinetechnologie. Laut dem Institut machten aber Motoren für gepanzerte Fahrzeuge auch 8,5 Prozent der deutschen Lieferungen aus. Diese Komponenten sollen auch in Gaza zum Einsatz gekommen sein.
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