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Waffenaffäre um LandesinnenministerLorenz Caffier gibt Amt auf

Nach taz-Recherchen musste der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns zugeben, einem Prepper eine Pistole abgekauft zu haben. Nun ist er zurückgetreten.

Lorenz Caffier, Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, tritt zurück Foto: KH/imago

Schwerin dpa/afp/taz | Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) ist zurückgetreten. Er stand massiv in der Kritik, seit er als Reaktion auf taz-Recherchen zugeben musste, eine Pistole von einem Mann gekauft zu haben, der Verbindungen zu Rechtsextremisten hat.

„Ich habe eine Waffe bei jemanden erworben, bei dem ich sie aus der heutigen Sicht nicht hätte erwerben dürfen. Aber: Nicht der Erwerb war ein Fehler, sondern mein Umgang damit. Dafür entschuldige ich mich“, heißt es in einer persönlichen Erklärung des Ministers vom Dienstag. „Ich trete daher als Minister für Inneres und Europa mit Ablauf des heutigen Tages zurück.“ Caffier hatte dieses Amt 14 Jahre inne und war damit der aktuell dienstälteste Innenminister Deutschlands.

Nach Darstellung Caffiers gab es erst im Mai 2019 belastbare Hinweise auf rechtsextremes Gedankengut bei dem Waffenhändler. Als er die Waffe Anfang 2018 privat kaufte, hätten weder dem Innenministerium noch dem Landeskriminalamt (LKA), dem Landesamt für Verfassungsschutz, dem Innenstaatssekretär oder ihm selbst Erkenntnisse über rechtsextremistische Tendenzen des Verkäufers vorgelegen.

Nicht mehr die „nötige Autorität“

Allerdings war der Name des Waffenhändlers bereits im Juli 2017 in der Zeugenaussage eines Hinweisgebers gegenüber Bundesbehörden zu Aktivitäten des rechtsextremen „Prepper“-Netzwerks Nordkreuz genannt worden. Eine Information darüber war damals an das Landesamt für Verfassungsschutz MV ergangen, dort aber offenbar liegengeblieben.

Caffier betonte in seiner Rücktrittserklärung, es verletze ihn zutiefst, dass in der Berichterstattung von Medien eine Nähe seiner Person zu rechten Kreisen suggeriert werde. „Ich kann diesen Vorwurf nur in aller Schärfe zurückweisen. Er ist schlicht absurd.“ Caffier hatte maßgeblich den letztlich gescheiterten Verbotsantrag gegen die rechtsextreme NPD mit auf den Weg gebracht. „Ich muss erkennen, dass ich in dieser Situation nicht mehr die nötige Autorität besitze, um das Amt des Innenministers mit ganzer Kraft bis zum September 2021 ausüben zu können.“

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11 Kommentare

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  • Herzlichen Glückwunsch!



    Hartnäckiges Fragen hatte Erfolg, insbes. den, dass das nicht beantworten selbst zum Problem wird.



    Jetzt wäre ja noch interessant, wieviele Arbeitsstunden und Nerven hat diese noch recht einfache Frage gekostet ?



    Und wieviele unbeantwortete Fragen lungern da noch rum ?

  • Wie aus seinen eigenen Angaben hervorgeht, hat der Innenmister auf dem "privaten Schießplatz", bei dem Polizeibehörden Kneter-Schieß-Veranstaltungen durchführten, bei denen der Verlust von /Zig-Tausenden!/ Schuß Munition, welche dann illegal in die Hände von rechtsextremistischen Putschisten wechselten, nicht auffiel und für die er die persönliche Schirmherrschaft übernahm, auch selbst mit der Kurzwaffe geschossen. (Oder, wie seine Polizeibeamten, wild rumgeknetert?)

  • Na, kaum ist die C-Waffe entfernt aus dem Arsenal der Partei, die sich ja immer aufführt als gehöre ihr der Staat, der (Un-)Sicherheitsapparat sowieso, ... da wird sicher gleich die kleine A-Bombe aus dem Vorpommerschen in Stellung gebracht werden.

    Dem wurde ja letztens als korruptionfrei & Hoffmans-ideal-gestärkt der Persilschein ausgestellt. Macht der jetzt doch auf Spitzenkandidat-chen 2021 in M-VP?

  • Die taz zeigt, wie wichtig ihre Arbeit und die aller Journalist*innen ist. Vielen Dank dafür!

  • Was für ein Heuchler, der Herr Caffier. Jahrelang gab er den stolzen Schirmherren beim ‚Special Forces Workshop‘ auf einem privaten Schießplatz in Güstrow und schaute meist auch selbst vorbei. Bis 2018 war das Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern Mitveranstalter. Von den damit einhergehenden Probleme hat natürlich niemand etwas mitbekommen. Nicht vom einen sehr "großzügigen" Verbrauch von Munition. Nichts davon, "dass einem privaten Betreiber ermöglicht wurde, genaue Einblicke in polizeiliche Interna zu erlangen." Stattdessen geriert sich der Herr Caffier als Opfer; gibt sich zutiefst verletzt und kämpferisch zugleich, wenn er "in aller Schärfe" irgendwelche Vorwürfe zurückweist. Caffier war nicht wegen einer Nähe seiner Person zu rechten Kreisen unhaltbar. Sondern wegen seiner Weigerung das Problem rechtsextremer Netzwerke innerhalb der Sicherheitskräfte seines Bundeslands unvoreingenommen zu prüfen. Weil er die Aufklärung zu seiner Rolle bei dem ‚Special Forces Workshop‘ verweigerte. Weil er zuletzt mit immer peinlicheren Kapriolen versucht hat, den Kauf einer Schusswaffe von einem ehemaligen Mitglied der rechten Preppergruppe Nordkreuz zu verheimlichen.

  • Na also, geht doch. Gut gemacht, TAZ!



    Das wehleidige Selbstmitleid von Caffier war ja klar. Wäre überraschend gewesen, der gute rechte Mann hätte nicht geheult...

  • Respekt! Danke für die "hartnäckige" Recherche. Aber auch wenn er jetzt zurückgetreten ist: dranbleiben!

  • RS
    Ria Sauter

    Er möchte sein Landtagsmandat behalten. Ganz schön dreist!



    Da müsst ihr nochmal nachfragen!



    Grosses Lob für eure "Dranbleiben"!

  • Das wurde auch allmählich Zeit. Caffier äußerte sich sinngemäß dazu so: „Nicht der Kauf der Waffe war ein Fehler, sondern mein Umgang damit.“

    • @Rainer B.:

      ..."der Umgang der Presse mit dem Waffenkauf...."

      • @Wagenbär:

        Nun - die Presse hatte jedenfalls nicht die Waffe gekauft. Sie hatte allerdings Wind von dem Kauf bekommen und ihn thematisiert. Insbesondere als Politiker muss man damit doch jederzeit rechnen.