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WWF und InterpolMit 5 Millionen gegen ein Milliardengeschäft

Das Bundesumweltministerium fördert die Zusammenarbeit von WWF und Interpol. Das Ziel: Verbrechen gegen die Umwelt aufdecken und ahnden.

Einer steht noch: Eine abgeholzte Regenwald-Fläche bei Porto Velho Foto: Bruno Kelly/reuters

Berlin taz | Für diesen Termin ist Valdecy Urquiza extra nach Berlin gereist: Der Brasilianer ist seit November neuer Generalsekretär der Internationalen Kriminalpolizei Interpol, in der deutschen Hauptstadt ging es um vergleichsweise bescheidene 5 Millionen Euro. „Wir brauchen neue Strategien im Kampf gegen die Umweltkriminalität“, erklärte Urquiza.

„Es geht um Schäden in hohem dreistelligen Milliardenbereich“, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke von den Bündnisgrünen. Dabei handelt es sich um Delikte wie illegal abgeholzter Regenwald, getötete Elefanten oder Nashörner für den Handel mit Elfenbein oder Horn, Müll der gehandelt und illegal entsorgt wird.

„Zu den Schäden kommen noch jene Kosten, die für ihre Beseitigung aufgebracht werden müssen“, erzählte die Grünen-Politikerin. Häufig gehe Umweltkriminalität zudem mit weiteren Verbrechen wie Korruption und Geldwäsche einher, mit Zwangsarbeit und Menschenhandel. „Nach Erhebungen der UNO verlieren durchschnittlich drei Umweltschützer pro Woche ihr Leben“, so Lemke weiter. Dies geschehe, weil die Ak­ti­vis­t*in­nen den Machenschaften der international agierenden Kriminellen auf die Schliche gekommen seien.

Deshalb hat das Bundesumweltministerium eine Kooperation mit Interpol und dem WWF gestartet: 5 Millionen Euro stehen bis November 2027 bereit, um „Kräfte zu bündeln“, wie es die Ministerin formulierte. Das Geld kommt aus dem Topf der Internationalen Klimaschutzinitiative, die sich aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten speist.

Schwerpunkte Amazonas und Kongo-Becken

„Wir sind in 100 Ländern aktiv. Das bedeutet: Wir sind Teil der Community“, erklärte WWF-Vorständin Heike Vesper. Deshalb sei ihre Organisation besonders gut geeignet, ein Netzwerk für den Fluss von Informationen über Verbrechen an der Umwelt aufzubauen. Bereits heute würden sich die Strafverfolgungsbehörden auf Recherchen von Umwelt- oder Menschenrechtsgruppen stützen. Ein Schwerpunkt werde der Regenwald im Amazonas und Kongo-Becken, wo Indigene besonderen Risiken ausgesetzt sind. Der WWF will dort eine „Risikominimierung“ betreiben.

„Wir haben zudem forensische Methoden entwickelt, beispielsweise um zu kontrollieren, ob etwa Gartenmöbel aus illegal geschlagenem Holz hergestellt wurden“, erzählte Vesper. Zudem wolle der WWF in der Öffentlichkeit dafür sorgen, dass „mehr Bewusstsein entsteht: Verbrechen gegen die Umwelt sind kein Kavaliersdelikt.“

Interpol braucht neue Methoden

Wären die 5 Millionen Euro nicht besser bei Interpol investiert, etwa für neue Ermittler? „Wir könnten damit sicherlich ein paar mehr Beamte einsetzen, aber wir brauchen neue Methoden“, sagte Interpol-Chef Urquiza. Ohne seriöse Hinweise seien Ermittlungen nicht möglich, wichtig sei auch, solche Informationen über Ländergrenzen hinweg zu verifizieren, dass könne der WWF.

Mit 5 Millionen Euro soll also gegen ein Milliardengeschäft angegangen werden. Wann würde die Ministerin denn urteilen, dass die neue Zusammenarbeit ein Erfolg ist? „Wenn Umweltrecht nicht mehr wie Recht zweiter Klasse behandelt wird“, erklärte Lemke. Denn das sei bei vielen Strafverfolgungsbehörden immer noch gängige Praxis. Und dann sei da noch ein Punkt: „Wenn andere Länder unserer Initiative folgen und ebenfalls Geld für solche Kooperationen aufbringen.“

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