WHO schickt Corona-Experten nach China: Ursprung der Pandemie
Woher kommt das neuartige Coronavirus? Bislang gibt es nur Hypothesen zum Ursprung der Pandemie. Das soll sich nun ändern – was aber dauern könnte.
Beginnen soll die Untersuchung in der zentralchinesischen Stadt Wuhan, die als Ausgangspunkt der Pandemie gilt. Nach Angaben der chinesischen Behörden trat das Virus dort im vergangenen Winter erstmals bei Menschen auf und verursachte teils schwere Lungenentzündungen. Es handele sich um „Detektivarbeit“, sagte Ryan, die Jahre, möglicherweise Jahrzehnte in Anspruch nehmen werde.
Das Ziel sei, den Pfad, den das Virus vom Tier zum Menschen genommen habe, möglichst genau zurückzuverfolgen und inklusive aller Zwischenwirte nachzuzeichnen. Man hoffe, auf diese Weise die Übertragungswege besser verstehen und sich gegen künftige Erreger und Risiken wappnen zu können. Bislang existieren zum Ursprung der Pandemie lediglich Hypothesen.
Er sei sicher, dass „unsere wissenschaftlichen Kollegen in China bestrebt sind“, das Rätsel um die Herkunft des Virus gemeinsam zu knacken. Tatsächlich ist die WHO auf die Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft, aber auch mit den Behörden in China angewiesen. Ihr eigenes Expertenteam, präzisierte eine WHO-Sprecherin gegenüber der taz, bestehe aus insgesamt lediglich zwei Personen aus der WHO-Zentrale: einem Epidemiologen und einem Experten für Tiergesundheit.
Unterstützt würden die beiden Wissenschaftler vor Ort vom WHO-Team in China. Die Frage, ob die chinesische Regierung Mitsprache hatte bei der Auswahl der Wissenschaftler, die die WHO nun nach China entsendet, ließ die Sprecherin unbeantwortet. Ebenfalls keine Angaben machte die WHO, welche Unterlagen ihre Forscher überhaupt werden einsehen und zu welchen Instituten und Laboren in China sie Zugang haben werden.
Spahn bedauert US-Rückzug aus der WHO
Überschattet wird das Forschungsvorhaben von der am Mittwoch erfolgten offiziellen Austrittsmeldung der USA aus der WHO zum 6. Juli 2021. Nachdem US-Präsident Donald Trump der WHO in den immer wieder vorgeworfen hatte, unter Kontrolle Chinas zu stehen, die Pandemie anfangs nicht engagiert genug bekämpft zu haben und deswegen mit dem Rückzug aus der UN-Organisation gedroht hatte, setzte er seine Ankündigung nun um.
UN und WHO bestätigten am Mittwoch den Eingang der US-Austrittserklärung. Es sei allerdings noch zu prüfen, ob die Konditionen hierfür gegeben seien. Voraussetzung ist beispielsweise, dass die USA alle ausstehenden Beiträge an die WHO gezahlt haben.
Der Rückzug der USA trifft die WHO empfindlich: Unter den Mitgliedsstaaten sind die USA der größte Geldgeber. Allein für 2020 und 2021 betragen die Beiträge jeweils etwa 116 Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: Chinas Beitrag für die beiden Jahre liegt bei etwa 57 Millionen US-Dollar.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bedauerte die Ankündigung der USA unterdessen:
Empfohlener externer Inhalt
Bisherige Untersuchungen deuten auf Fledermäuse als Ursprung von SARS-CoV-2 hin. Darauf verweisen wissenschaftliche Institutionen wie das Friedrich-Löffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, und das Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten, ein interdisziplinärer Forschungsverbund, der sich mit Infektionskrankheiten beschäftigt, die von Bakterien, Parasiten, Pilzen oder Viren verursacht und wechselseitig zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können.
Unklar ist jedoch, ob das Virus direkt von den Fledermäusen auf den Menschen übertragen wurde oder ob eine weitere Tierart, etwa Marderhunde oder Malaysische Schuppentiere, dem Virus als Zwischenwirt diente.
Virus wohl von Fledermäusen
Daneben gibt es Mutmaßungen, geäußert unter anderem Anfang Mai von US-Außenminister Mike Pompeo, dass die Pandemie in einem Hochsicherheitslabor in der Stadt Wuhan ihren Anfang genommen haben könnte. Dieser Hypothese haben sowohl die chinesische Regierung als auch der US-Regierungsberater und Immunologe Anthony Fauci widersprochen.
Fauci sagte unlängst gegenüber dem Magazin National Geographic, es sei unwahrscheinlich, dass das Virus aus dem Labor entwichen sei. Der Forschungsstand deute vielmehr darauf hin, dass das Virus durch natürliche Evolutionsprozesse entstanden sei und die Artengrenze überwunden habe.
Diese These vertritt auch die chinesische Wissenschaftlerin Shi Zhengli, Leiterin des Zentrums für neu auftretende Infektionskrankheiten am Institut für Virologie Wuhan der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Shi forscht seit Jahren zu Coronaviren aus Fledermäusen; 2017 hatten sie und ihr Team entdeckt, dass das SARS-Coronavirus, das – vereinfacht gesagt – verwandt ist mit dem aktuell zirkulierenden SARS-Cov-2, mit großer Wahrscheinlichkeit aus einer Fledermauspopulation in der chinesischen Provinz Yunnan stammt. Nach bisherigen Erkenntnissen, so Shi, weise das Genom von Sars-Cov-2 auch keine Spuren menschlicher Manipulation auf.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig