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WHO- und UN-Experten über GlyphosatDoch nicht krebserregend?

In einem UN-Bericht heißt es nun, Glyphosat sei doch nicht krebserregend. In dieser Woche wird entschieden, ob die Zulassung des Herbizids verlängert wird.

Glyphosat ist das deutschland- und weltweit am meisten verkaufte Herbizid Foto: imago/Bildwerk

GENF afp | Das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist nach Einschätzung von UN-Experten wahrscheinlich nicht krebserregend. Dies geht aus einem am Montag in Genf vorgestellten Bericht hervor, der unter anderem von Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfasst wurde. In dieser Woche steht auf EU-Ebene die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung des Herbizids an. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) warnte vor einer Eskalation des Streits darüber.

„Glyphosat birgt für die Menschen bei der Nahrungsaufnahme wahrscheinlich kein Krebsrisiko“, heißt es in dem am Montag vorgestellten Bericht. Die WHO betonte, das nun vorliegende Untersuchungsergebnis stehe nicht in Widerspruch zu einem Bericht der zur WHO gehörenden Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), die erklärt hatte, Glyphosat sei „wahrscheinlich krebserzeugend bei Menschen“.

Im IARC-Bericht sei untersucht worden, ob das Unkrautbekämpfungsmittel potenziell eine irdendwie geartete Gefahr für Menschen bedeuten könne, etwa auch bei extrem hohen Dosierungen. Der nun erstellte Bericht von Fachleuten der WHO und der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) habe alle vorliegenden Erkenntnisse zu möglichen Risiken ausgewertet, die mit einer Aufnahme begrenzter Mengen über die Nahrung einhergehen könnten.

Auch Aufsichtsbehörden in Deutschland und der EU waren zu dem Schluss gekommen, dass von Glyphosat keine Gefahr für die Gesundheit von Menschen ausgehe. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) gab der EU-Kommission grünes Licht für eine erneute Zulassung.

Millionen Arbeitsplätze in Deutschland

Vertreter der EU-Mitgliedstaaten sollen voraussichtlich Mitte der Woche darüber entscheiden, ob die Zulassung für das Pflanzenschutzmittel in Europa verlängert wird. Die Abstimmung stand ursprünglich bereits im März auf der Tagesordnung, war aber noch einmal vertagt worden.

Agrarminister Schmidt warnte vor einer Eskalation des Streits. Er habe die Sorge, dass aus Großdemonstrationen gegen die Branche ein Gesellschaftskonflikt werden könne, sagte der CSU-Politiker der Süddeutschen Zeitung. Dabei gehe es um einen Wirtschaftszweig, „an dem in Deutschland Millionen Arbeitsplätze hängen“. Landwirtschaft und Umwelt hätten gleichberechtigte Interessen. Die gelte es, miteinander auszugleichen.

In diesem Zusammenhang griff Schmidt auch seine Kabinettskollegin Barbara Hendricks (SPD) an. Das Umweltministerium gehe „mit manchem Vorstoß“ zu weit, sagte er dem Blatt. Während der CSU-Minister die Zulassung verlängern will, sind die SPD-geführten Ministerien strikt dagegen. Unter solchen Umständen muss sich Deutschland bei der EU-Entscheidung der Stimme enthalten.

Das vom US-Konzern Monsanto vermarktete Glyphosat ist das deutschland- und weltweit am meisten verkaufte Herbizid und wird sowohl in der Landwirtschaft als auch in privaten Gärten sehr häufig verwendet.

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12 Kommentare

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  • Zum kotzen.. diese Debatte ! Sieht ja so aus, als ob ökonomische Interessen der Industrie und der Landwirtschaft mit dem `ökologischen Wohl´ der Umwelt Schindluder treiben... und gleichzeitig Volkens Gesundheit beschädigen..

    Ist doch eindeutig sichtbar, das die natürliche Fruchtbarkeit des Lebens in Wald und Feld durch Glyphosat (als auch sonstige Pesticie/Herbicide..) arg reduziert wird ! Eben das Phänomen des "Artensterbens".. Und dann gibt es genug Studien, die beweisen, das Glyphosat (und etc. Pesticidrückstände..) z.B. in Soyaschrot, welches an Tiere verfüttert wird, die Fruchtbarkeit der Tiere beeinträchtigt.. ( sowie negativen Einfluss auf die Landwirtschaftlichen Mitarbeiter hat, welche den Schrotstaub einatmen..)

    Im Interesse von Profit wird m.E. willentlich in Kauf genommen, das Menschen , die mit Glyphosat (etc.) arbeiten, krank werden, missgebildete Kinder bekommen ( siehe z.B. in Indien oder in Argentina..)

    Die Bienen und Insekten verschwinden, die Vögel verschwinden.. was bleibt, sind riesige landwirtschaftliche Nutzflächen- "wogende Felder " ohne Leben..

    Und Zunahme von Allergien und Immunkrankheiten...

    -----------

    Aber? Diese Politik des Giftes dürfte m.E., mit Sicherheit und ohne `Wahrscheinlichkeit´(!) die "GRÜNE" Kultur der ökologischen Landwirtschaft und die BIO- Essen- Kultur legitimieren und vorantreiben.. Seufz*

  • Aus dem heutigen Artikel der taz "SPD bleibt bei Glyphosat-Veto": "Für die Grünen verwies Gentechnik-Sprecher Harald Ebner zudem auf Interessenkonflikte innerhalb des Pestizit-Ausschusses: Der Vorsitzende und sein Vertreter arbeiteten für ein Netzwerk, das von Glyphosatherstellern mitfinanziert wird."

    Und:

    "Eine solche Studie gibt es aber nicht, stellte die WHO auf taz-Anfrage klar. Die Meldungen bezogen sich auf einen Bericht des gemeinsamen Sachverständigenausschusses für Pestizidrückstände von WHO und Welternährungsorganisation (.pdf), für den verschiedene, schon länger bekannte Studien analysiert wurden."

    Da wird also wieder ganz schön manipuliert - bleibt achtsam.

  • würde mich jetztz aber auch Interessieren wieviel Milliarden da wieder zur Politik, bzw. in diesem Falle zur WHO geflossen sind.

    Fuck the System!, wenigstens n bisschen.....

    Erst wenn der letzte Baum gefällt....

  • "Landwirtschaft und Umwelt hätten gleichberechtigte Interessen"

     

    Der typische Politiker. Klingt gut, bedeutet gar nichts. Wie seine gesamte Stellungnahme über keine Inhalte

  • Ach ja, dann wird vielleicht ein neuer Grenzwert festgelegt und alle sind beruhigt. Zumindest hätten Monsanto und die Politik das gerne.

     

    Was selten beachtet wird, ist, dass wir ja nicht nur Glyphosat aufnehmen, sondern eine ganze Menge anderer Stoffe, die so nicht für uns vorgesehen sind.

    Wohngifte, z.B. aus Möbeln, Umweltgifte, z.B. Abgase und Feinstaub, Zusatzstoffe (und Stoffe aus Plastikverpackungen) in Lebensmitteln. Und wir ernähren uns schon so oder so oft ungesund.

     

    All das zusammen hat viel grössere Auswirkungen. Aber das immer mehr Menschen Krebs bekommen, wird oft damit abgetan, dass wir ja immer älter werden und Krebs im Alter wahrscheinlicher ist.

    Die Ursache lässt sich naturgemäss nur schwer oder gar nicht beweisen. Aber die Praxis, Stoffe isoliert in Tierversuchen oder sonstwie zu testen und danach einen Grenzwert festzulegen, ist nicht sinnvoll.

     

    Gib 100 Labormäusen eine bestimmte Menge Quecksilber, eine stirbt. Gib ihnen eine bestimmte Menge Blei, eine stirbt.

    Gib ihnen Quecksilber und Blei gleichzeitig, wie viele sterben? Zwei? Nein, alle.

    Ich habe keinen Link zu einer passenden Studie, aber es ist doch logisch, dass einzeln festgesetzte Grenzwerte nichts mit der Realität zu tun haben.

     

    Zweitens ist Glyphosat wie alle anderen solcher Mittel dazu da, mehr aus dem Boden herauszuholen. Aber der Boden gibt nicht unbegrenzt was her.

    Mittelfristig *müssen* wir nachhaltigere Landwirtschaft betreiben, und dazu gehört z.B. eine starke Reduzierung des Fleischkonsums. Dann haben wir wieder etwas mehr Platz, um weniger ertragreich, aber dafür ökologischer anzubauen.

  • Jeder Stoff ist giftig und jeder Stoff ist krebserregend.

    Auch entstehen zu jeder Zeit Krebszellen im Körper.

     

    Der einzige Grund den ich für ein Glyphosat Verbot vorbringen kann ist deren Hersteller.

    Eine Diskussion ob man angesichts von riesigen Subventionen und Schutzzöllen um die einheimische Lebensmittelversorgung zu sichern nicht viel aggressiver gegen das Geschäftsmodell von Monsanto vorgehen sollte.

     

    Das grosse Problem am Gen-Schwein-Mais-WasAuchImmer ist ja nicht ob es giftig ist sondern ob man nicht ganze Gesellschaften in Abhängigkeit zu einem seelenfreien Unternehmen zwingt.

  • Wieso 'Millionen Arbeitsplätze in Gefahr'? Es geht um die Zulassung in der EU, d.h. wenn es verboten wird, dann für alle. Wiso sollen dann in D Millionen Arbeitsplätze wegfallen? Das würd ja nur dann zutreffen, wenn andere Länder mit dem Verbot besser zu recht kommen als wir. Wiso sollten dies andere Länder besser als wir? Darüber schweigt sich Hr. Schmidt aus. Es kann schlimmstenfalls bedeuten, dass weniger produziert wird, aber im Zeitalter der Überproduktion, gerade in der Milchwirtschaft, doch kein Problem und erst recht kein Gesellschaftskonflikt.

    • @Radl Rambo:

      Getreide kann man nicht mit Milch vergleichen. Milch ist schlecht handelbar, hohe Transportkosten. "Dabei gehe es um einen Wirtschaftszweig, „an dem in Deutschland Millionen Arbeitsplätze hängen“. " Er meint auch die Lebensmittelindustrie. Die FAO denkt bei Glyphosat eher an Erträge und billige Produktion, da es weltweit immer noch ab und an zu Hunger kommt. Es ist wohl nicht recht nachgewiesen, dass Glyphosat zu Gesundheitsschäden führt. Es gibt wohl eine Kohortenstudie von Farmern, aber der Einflüsse sind viele. Mir ist es auch eher unangenehm, aber ob die Gefühle immer stimmen ....

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Großdemonstartionen (gegen bestimmte Lobbygruppen) sind kein Gesellschaftskonflikt und werden es auch nicht. Es sei denn, man versteht die grundgesetzlich garantierte Demonstrationsfreiheit als Störfaktor.

  • Das ist schon eine auffallende Synchronizität, dass just in dem Augenblick, als die Glyphosatentscheidung in der EU ansteht eine positive Einschätzung von der WHO auftaucht - da sollten mal ein paar Journalisten recherchieren. Auch wenn man kein Weltverschwörer ist, kann man da schon achtsam werden und diese Information erstmal vorsichtig hinterfragen.

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Isoliert betrachtet kann es durchaus sein das Glyphosat nicht unmittelbat Krebs erzeugt.

    Aber der Cocktail aus Herbiziden, Funghiziden und Insektiziden den wir über unsere Nahrung täglich aufgetischt bekommen, enthält das Potenzial für degenerative Zell- und DNA-Schäden. Wer anders annimmt ist schlichtweg naiv.

    Ich empfhle die ARTE-Doku "unser täglich Gift".

  • "Lndwirtschaft und Umwelt hätten gleichberechtigte Interessen. Die gelte es miteinander auszugleichen."

    Herr Schmidt versteht die Interessen der Landwirtschaft und der Umwelt als gegensätzliche Interessen und den Ausgleich versteht er als Primat der globalisierten Industrielandwirtschaft.

    Landwirtschaft und Umwelt müssen sich aber nicht widersprechen! Sie Landwirtschaft bedingt die Umwelt, sie ist Teil einer gesunden Umwelt – sie braucht die gesunde Umwelt, wie ein Kind seine Mutter.

    Diese Industrialisierung und Globalisierung der Landwirtschaft ist ein Thema, das n.m.V. noch nicht zu Ende gedacht ist und solange das so ist, werden wir mit Folgen zu kämpfen haben, die wir alle mit unserer Gesundheit bezahlen werden. Das ist der "harte Weg", den die Umwelt geht, um uns zu lehren.