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Vorwahlen zur US-PräsidentschaftIn Ungnade gemogelt

Die Demokratische Partei zerfleischt sich in den Vorwahlen. Die Führung verprellt Sanders-Anhänger, während sie Clinton durchpeitscht.

Wütende Sanders-Anhänger in Las Vegas Foto: ap

Viel schlimmer könnte es für Hillary Clinton eigentlich nicht laufen. Bei den jüngsten Vorwahlen der Demokraten am Dienstag verlor sie in Oregon mit 45,5 zu 55,5 Prozent der Stimmen gegen Konkurrent Bernie Sanders. In Kentucky gewann sie – mit einem Vorsprung von nicht einmal 0,5 Prozentpunkten und gewinnt genau wie Sanders 27 Parteitagsdelegierte hinzu. Eine Siegerin auf dem Weg, die Partei hinter ihrer Kandidatur zu vereinen, sieht anders aus.

Und nach dem vergangenen Wochenende sind die Chancen darauf ohnehin weiter gesunken. Es war am Samstag, als sich im Paris Hotel in Las Vegas rund 4.000 Delegierte der Demokratischen Partei von Nevada trafen. Es sollte der letzte Schritt im komplizierten Vorwahlverfahren dieses Bundesstaates sein. Im Februar hatten dort Caucuses stattgefunden, nach denen Clinton 13 und Sanders 10 Delegierte hatte.

Im April wurden Delegierte für den Nevada-Parteitag am vergangenen Wochenende gewählt, bei dem weitere 12 Delegierte vergeben werden sollten. Diese Wahlen hatte Sanders für sich entscheiden können, also würde er am Samstag eine Mehrheit haben, die ihm 7 und Clinton 5 Delegierte einbrächte.

So hätte es sein müssen. Aber die Parteiführung Nevadas hatte anderes vor. Diverse Regeländerungen und eine autoritäre Sitzungsleitung, die Debatten nicht zuließ, Abstimmungen über Geschäftsordnungsanträge manipulierte, Sanders-Anhängern das Mikrofon abdrehte und darüber hinaus 64 Sanders-Delegierten die Akkreditierung verweigerte, sorgten dafür, dass plötzlich Clinton die Mehrheit hatte und ihrerseits 7 und Sanders nur 5 Delegierte zuerkannt bekam.

Der Betrugsvorwurf verfestigt sich

Die Sitzung endete im Tumult, der Saal wurde geräumt. Sitzungsleiterin Roberta Lange erhielt später Morddrohungen auf dem Handy. Die nationale Demokraten-Chefin Debbie Wasserman Schultz beschuldigte die Sanders-Leute, die Gewalt provoziert zu haben. Sanders wies das empört zurück und beschuldigte seinerseits Wasserman Schultz, sich seit Beginn des Wahlkampfes unfair verhalten zu haben. Schlechtere Presse kann man sich nicht vorstellen. Und diese Leute wollen Trump schlagen?

Nun hätten die 2 Delegierten mehr Sanders auch nicht zum Präsidentschaftskandidaten gemacht. Aber nachdem es bereits bei den Vorwahlen in New York und Arizona zu Unregelmäßigkeiten gekommen war, verfestigt sich unter den Sanders-Anhängern die Überzeugung, betrogen zu werden.

Ob die Sanders-Anhänger noch darauf einzuschwören sind, dass Donald Trump der eigentliche Gegner sei und nicht Hillary Clinton, ist mehr als fraglich

Mathematisch haben sie noch die Chance, Sanders zum Kandidaten zu küren. Aber das ist doch sehr theoretisch. Sanders müsste alle noch ausstehenden Vorwahlen mit großem Abstand gewinnen, darunter die beiden größten am 5. Juni in New Jersey (167 Delegierte) und Kalifornien (548 Delegierte). In beiden Staaten aber liegt Clinton in den Umfragen zweistellig vorn.

Trump kann sich zurücklehnen

Schon reden Sanders-Anhänger von Protesten gegen das Establishment, die sie im Juli inner- und außerhalb des Parteitagsgebäudes in Philadelphia abhalten wollen. Dass sie noch darauf einzuschwören sind, dass der republikanische Kandidat Donald Trump der eigentliche Gegner sei und nicht Hillary Clinton, ist mehr als fraglich.

Trump hingegen baut langsam, aber stetig seine Zustimmungsrate innerhalb der Republikanischen Partei aus. In Interviews bedauert er Äußerungen, die er während des Vorwahlkampfes getätigt hat – er habe das halt so machen müssen, um den Erfolg zu sichern, sagt er. Mit Paul Ryan, dem einflussreichen Sprecher des Repräsentantenhauses und Leiter des Republikanischen Parteikonvents, hat er sich ausgetauscht und angenähert. Alles spricht dafür, dass er bis zum Juli die Partei hinter sich hat – von einer unrettbaren Spaltung der Republikanischen Partei über den Kandidaten Trump, wovon noch seit Wochen alle Medien schrieben, redet kaum noch jemand. Und die wenigen Republikaner, die sich ab und an noch selbst als mögliche unabhängige Anti-Trump-Kandidaten ins Spiel bringen, sind zu bedeutungslos, um den New Yorker Immobilienmogul bei den Wahlen am 8. November relevante Prozentpunkte zu kosten.

So ist das Ergebnis der letzten Tage: Clinton hat gewonnen, Trump ist ein Stück näher am Weißen Haus.

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10 Kommentare

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  • "Ja, das ist etwas was die angeheuerten Internet-Trolls der HC verbreiten "

     

    Die Todesdrohungen waren real, auch die fliegenden Stühle. Das "Bedauern" Sanders ging einher mit einem Frontalangriff im Nebensatz a la "selber schuld", ja, das kann man als Verharmlosung bezeichnen.

  • Ohne irgendwelche - völlig überflüssigen und in der Tat vor allem Trump in die Hände spielenden - Mauscheleien der demokratischen Parteiführung verharmlosen zu wollen, muss man doch feststellen, dass Bernie Sanders mit seinem Kurs des Kampfes bis zur letzten Sekunde ein schönes Beispiel für die mangeldne Politikfähigkeit idealistischer Linker abgibt. Er geht lieber mit fliegenden Fahnen unter und nimmt seine parteiinterne Konkurrentin gleich mit, als dass er sich darauf konzentriert, sein Land für die nächsten vier Jahre auf einen möglichst(!) vernünftigen Kurs zu bringen.

     

    Dabei sollte ihm eigentlich klar sein, dass auch ein noch so idealistischer Präsident in den USA in Wirklichkeit nicht nennenswert weiter links regieren kann, als Hillary Clinton das auch tun würde. Er ist nunmal kein absoluter Monarch. Deshalb ist der politische Fortschritt, um den Sanders jetzt noch meint kämpfen zu müssen, eher nomineller Natur.

     

    Aber selbst wenn es mehr Freiräume gäbe: Sanders' Alles-oder-Nichts-Wahlkampf verschärft gerade in der Schlussphase der Primaries, wo eigentlich Einigkeit und maximale Wählermobilisierung im Herbst in den Vordergrund rücken sollten, die Konflikte im demokratischen Lager und kostet am Ende noch die komplette Wahl. Daher ist es verständlich, dass demokratische Strategen sich in ihrer Einschätzung von Sanders als "Loose Cannon" zunehmend bestätigt sehen und ihm (ebenfalls nicht sonderlich politiktauglich) Knüppel zwischen Beine werfen, wo sie nur können. Das eskaliert dann weiter, weil die Sanders-Anhänger meinen sich wehren zu müssen usw.. Lachender Dritter: The Donald.

     

    Und das Alles für einen Sieg, der - realistisch betrachtet - längst ins Traumreich entschwunden ist. Hillary Clinton HAT mehr Wählerstimmen gesammelt als Sanders, und zwar genug, dass er, um sie noch zu überholen, sie schon in den verbleibenden Wahlen so wegfegen müsste, wie ihm das konstant NICHT gelingt.

     

    Ralph Nader und Don Quichote lassen fröhlich grüßen.

  • So wie der Autor das hier darstellt ist es falsch. Die Vorwahlen in Form des Caucus hat im Februar stattgefunden und wurden von Clinton 7:5 gewonnen. Danach haben lokale Conventions stattgefunden, um dieses Ergebnis in reale Deligierte umzuwandeln, dort hat Sanders versucht, Deligierte zu stehlen, wie es Cruz zuvor gegen Trump gemacht hatte. Die Regeln der Demokraten verhindern das aber, mit dem Effekt, dass das alte Wahlergebnis (7:5) exakt hergestellt wurde. In der amerikanischen Presse wird Sanders zunehmend als Quertreiber dargestellt, der gegen die Partei arbeitet, Gewalt seiner Anhänger verharmlost und pauschal alle außer ihm als korrupt bezeichnet. Er scheint va. persönlich ein Problem mit Frauen über 30 zu haben. Oregon hat er gewonnen, weil es dort kaum Minderheiten und viele Kohlearbeiter gibt, Kentucky hat er verloren, obwohl es auch dort kaum Minderheiten gibt. Machen weiße Amerikaner weniger als 75% eines Staates aus, verliert er gegen Clinton, und das überall. Clinton hat insgesamt bislang 3,1 Millionen mehr Wählerstimmen erhalten als Sanders. https://newrepublic.com/minutes/133584/bernie-sanders-starting-get-everybody-hates-ted-cruz-treatment

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Dorian Müller:

      Falsch.

       

      Im Caucus wurden lediglich 23 der 35 Nevada-Delegierten gewählt. Die Wahlen hat Hillary gewohnen und 13 Delegierte bekommen, Sanders 10.

       

      Danach werden die restlichen Delegierten (12) im Zuge der county conventions and letztendlich der state convention bestimmt. Also nicht wie Sie schreiben "dieses Ergebnis in reale Delegierte umzuwandeln". 23 "reale Delegierte" wurde im Caucus bestimmt und die convention sollte die restlichen 12 Delegierte bestimmen. Neues Spiel, neues Glück.

       

      Nach den Videos zu beurteilen sollten da die Anhänger von Sanders massiv verarscht worden sein: https://www.youtube.com/watch?v=435x0dQ5Lzg

       

      "In der amerikanischen Presse wird Sanders zunehmend als Quertreiber dargestellt..."

       

      Die "amerikanische Presse" hat sich von vornerein für HC ausgesprochen und das auch deutlich in ihrer Berichterstattung gezeigt.

       

      "Gewalt seiner Anhänger verharmlost..."

      Ja, das ist etwas was die angeheuerten Internet-Trolls der HC verbreiten (https://www.youtube.com/watch?v=pfUGNnsmvMk).

      Die Wahrheit is oft eine andere: https://www.youtube.com/watch?v=fLZy2SZr5QA

  • Man könnte meinen, alle arbeiten gemeinsam an der Wahlkampagne von Donald Trump. Nicht nur, dass die Demokraten alles daran setzen, den Kandidaten zu verhindern, der die besten Chancen gegen Trump hat, man tut dies auch noch mit Methoden, die Trumps anti Establishment Thesen wunderbar bestätigen. Er braucht Chlinton jetzt nur noch als Mogelkandidatin zu bezeichnen.

  • Komische Sache mit der Demokratie, hier wie dort. Nach Rechts kann man die Dinge verschieben, und wenn das mit Grundgesetz, Verfassung und sonstigen Regeln nicht vereinbar ist - Schwamm drüber, wir sind ja keine Erbsenzähler. Andersherum... Never, nichts zu machen.

    Und so eine Demokratie ist keine. Sondern ein abgekartetes Spiel, damit die Schafe nicht zu laut blöken.

  • In anderen Länder werden die Kanzlerkandidaten etc anders bestimmt. Der Umfang, wie die Wähler oder die Parteiangehörigen einbezogen werden, variieren je nach Land. Dann kann auch getrickst werden. Trump wäre von der Partei nie aufgestellt werden.

  • 1. Das ist echt krass, wie in den USA Bürgerbeteiligung vorgegaukelt wird. Als würde ein neuer Präsident mehr durchsetzen können, als ihm der Senat erlaubt...

     

    2. Da gibt es tatsächlich den hochoffiziellen Parteikonvent, bei dem die Entscheidung über einen Antrag dadurch entschieden wird, dass die Sitzungspräsidentin beschließt, ob da nun gerade eine 2/3-Mehrheit "NAY!" statt "YEAH!" geschrien hat.

     

    Ich habe South Park eigentlich immer für Satire gehalten... aber die künstlerische Leistung von Trey Parker und Matt Stone habe ich wohl deutlich überschätzt... Ich traus mich ja kaum zu sagen, aber ganz so schlimm ist es bei uns dann doch nicht oder?

     

    Die Demokraten setzen momentan auf jeden Fall alles daran, Trump tatsächlich ins weiße Haus zu hieven.

  • 3G
    33293 (Profil gelöscht)

    Trump wird den Untergang der USA beschleunigen, vielleicht ist das gar nicht so schlecht für den Rest der Welt.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @33293 (Profil gelöscht):

      Ihnen ist schon klar, dass wir dann irgendwie blöd mit drin hingen?