Vorteile von physischen Spielen: Für mehr Plastik unterm Weihnachtsbaum
Immer weniger Gamer:innen kaufen ihre Spiele physisch – dabei können Hersteller von Online-Spielen die Lizenzen einfach löschen. Zeit zum Umdenken!
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D er Hersteller meines Kühlschranks hat meinen Wohnungsschlüssel. Heute ist es so weit, er schließt auf und marschiert in meine Küche. „So, das war’s“, verkündet er. „Dieser Kühlschrank wird nicht mehr produziert. Damit verfällt Ihre Lizenz.“ Mit einem Ruck reißt er den Stecker aus dem Gerät und spaziert wieder aus meiner Wohnung. Mein Kühlschrank, der bis eben einwandfrei funktioniert hat, schaut mich traurig an.
Das klingt absurd? Ich kann euch beruhigen. Zum Glück ist das nicht wirklich passiert, zumindest nicht meinem Kühlschrank. In der Gaming-Branche ist das aber gang und gäbe: Wir kaufen Spiele, aber besitzen sie nicht. Und wenn der Hersteller will, kann er sie jederzeit unspielbar machen.
Möglich ist das, wenn Spiele als Download gekauft werden – was laut dem game-Verband 2023 auf 60 Prozent der Spiele zutraf. Auf Plattformen wie Steam oder im Playstation Store kauft man nicht die Spiele selbst, sondern Lizenzen für Zugriff auf die Software. Sie sollen Raubkopien verhindern. Das Problem ist, dass Lizenzen einfach verpuffen können. Wenn Steam schließt, würden Nutzer:innen alle Lizenzen verlieren. Dann wären nur noch die Spiele zugänglich, die auf dem Gerät installiert und offline spielbar sind.
Oder die Hersteller selbst schalten Games ab, wie Ubisoft 2024 bei „The Crew“. Das kann wirtschaftlich sinnvoll sein, wenn Spiele laufende Kosten verursachen, etwa durch Serverinfrastruktur. Meist kann man auch ohne Server offline-Versionen als Einzelspieler weiterspielen. Nicht so bei „The Crew“. Das Spiel hatte keinen Offline-Modus. Nachdem die Server abgeschaltet waren, verloren zwölf Millionen Käufer:innen ihren Zugang.
Initiative gegen das Löschen von Spielen
Wie wir Games kaufen (oder verschenken!), ist politisch. Die gesetzliche Grauzone digitaler Lizenzen nutzen Videospielhersteller und -vertreiber aus. Sie verkaufen Lizenzen zum gleichen Preis wie physische Spiele, aber für einen willkürlich begrenzten Zeitraum. Das spart Produktionskosten. Sie können das Produkt jederzeit aktualisieren, zensieren oder abschalten. Raubkopierschutz dient als Vorwand, um Nutzer:innen zu kontrollieren. Das Spielverhalten wird durch die Plattformen getrackt. Im Gegensatz zu physischen Spielen kann man digitale Lizenzen nicht verleihen oder verschenken.
Seit diesem Jahr gibt es die Initiative „Stop Killing Games“. Sie fordert, dass die EU Hersteller verpflichtet, Games dauerhaft spielbar zu machen. Beendete Spiele könnten öffentlich zugänglich gemacht werden. 2023 wurde etwa „Spellbreak“ abgeschaltet und danach auf einer Indie-Spiel-Plattform angeboten. Bis Juli 2025 muss die Initiative eine Million Unterschriften sammeln, fast 400.000 hat sie schon.
Zwecks weihnachtlicher Bescherung empfiehlt es sich bis dahin, physische Spiele zu schenken. Das ist zwar unbequemer und ressourcenintensiver, aber man gibt Spieleherstellern keine Macht über das persönliche Zockverhalten. Überhaupt ist Weihnachten eine tolle Zeit, um sinnvolle Petitionen zu unterzeichnen.
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