Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts: Auch Habeck setzt auf Wachstum
Im Jahreswirtschaftsbericht finden sich neue Indikatoren für Wohlstand. Doch im Mittelpunkt steht weiterhin das Wachstum. Das liegt bei 3,6 Prozent.
Bei der offiziellen Vorstellung am Mittwoch war davon zunächst aber nicht viel zu hören: Wie sein CDU-Vorgänger Peter Altmaier referierte Habeck zunächst die BIP-Prognose (mit 3,6 Prozent etwas schlechter als im Herbst erwartet), die Entwicklung des privaten Konsums (der um 3 Prozent zunimmt) und des Handelsbilanzüberschusses (der hoch bleibt) – und freute sich, dass die „Auftragsbücher prall gefüllt“ sind und die Autobranche „gute Produktionszahlen“ verzeichnet.
Erst gegen Ende seines Vortrags ging der Wirtschaftsminister auf die neuen Indikatoren ein, die in der zweiten Hälfte des 126-seitigen Berichts (hier als pdf) aufgeführt sind und die teilweise durchaus eine erfreuliche Entwicklung zeigen: So geht die Treibhausgasintensität des BIP zurück, pro Einheit wird also weniger CO2 freigesetzt. Der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen nimmt langsam ab, der Anteil von Frauen in Führungspositionen dagegen – auf niedrigem Niveau – zu. Und die Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst zwar weiter, aber das Wachstum nimmt seit Jahren kontinuierlich ab.
Entwurf klang noch ganz anders
Unklar bleibt, welche Rolle diese neuen Indikatoren künftig spielen sollen. Denn in Konkurrenz zum Wirtschaftswachstum selbst wollte Habeck sie ausdrücklich nicht sehen; vielmehr solle das Wachstum mit positiven Entwicklungen in anderen Bereichen kombiniert werden. Das hatte im Entwurf des Berichts noch ganz anders geklungen.
Dort war ein „weiterer und stetiger Zuwachs des materiellen Pro-Kopf-Konsums“ noch explizit infrage gestellt worden und der Kapitalismus war wegen fehlender Nachhaltigkeit kritisiert worden. Doch diese und viele weitere kritische Textstellen wurden aus dem Bericht, dem das gesamte Bundeskabinett zustimmen musste, gestrichen. Eine Begründung dafür nannte Habeck nicht. Er bestritt vielmehr die Existenz der ursprünglichen Fassung – obwohl diese der taz aus seinem Haus vorab offiziell zur Verfügung gestellt worden war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen