■ Vorschlag: Frauen im Knast – zwei Filme im Babylon
Wenn bislang einfach „alles schlecht gelaufen“ ist und es unmöglich scheint, daß irgendwas jemals auch irgendwie mal gut laufen könnte, dann kann die Zeit im Knast nur als Zwischenstation erscheinen, lästige Ruhezeit vor dem nächsten Schuß, der dann vielleicht „der goldene“ sein wird, oder doch noch nicht. Auch egal.
„Bisher ist alles schlecht geloofen...“ ist einer von zwei Dokumentarfilmen über Frauen im Knast, die heute abend im Babylon als Teil der Veranstaltungsreihe „Freiheit ist ein Paradies – Jugendliche zwischen Aufbegehren und Gewalt“ gezeigt werden. Die Regisseurin Meike Materne porträtiert darin eine Gruppe von Frauen, die im Jugendbereich des Frauengefängnisses Plötzensee einsitzen. Die Delikte der 16- bis 21jährigen reichen von Diebstahl über Drogenmißbrauch bis hin zu Mord. Materne läßt die Frauen erzählen, vom Alltag im Knast, wie sie hier reingekommen sind, was sie erwarten, wenn sie wieder rauskommen. Während die eine wirkt, als sei sie da so reingerutscht, von ihren Eltern erzählt, die „voll hinter ihr stehen“, und von ihrer Ausbildung, die sie nach der Knastzeit beginnen will, steht eine wie Martina zum Beispiel, von der das Titel-Zitat stammt, immer nur daneben. Im Abspann liest man, sie ist gestorben, vier Wochen nach ihrer Entlassung, an einer Überdosis Heroin. Man kann das alles nicht viel eindringlicher und einfühlsamer schildern. Und auch der zweite Film des Abends, „Eine“ von Aelrun Goette, ist eine gelungene Dokumentation. Hier steht nur eine Frau im Mittelpunkt: Vanessa, 17 Jahre, sitzt wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Von der Tat während des ganzen Films kein Wort, dafür läßt Goette sie in dem 20minütigen Film ihre Geschichte erzählen, vom Alptraum ihrer Kindheit, von Vergewaltigungen, dem Suff des Vaters und der Zeit im Erziehungsheim. Die Tat, der Mord ist das unbenannte Zentrum des Films, der immer enger umkreist wird und doch nie zu fassen ist, Sekundentat, die ein ganzes Leben plötzlich in ein davor und danach aufteilt. Volker Weidermann
heute 19.00 Uhr. Babylon. Rosa-Luxemburg-Straße 30. Mitte.
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