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Vorratsdatenspeicherung unter Rot-GrünKoalition weiß nicht genau, ob sie Daten will

Die Regierung verkündet, dass sie eine Speicherpflicht für IP-Adressen will. Grüne dementieren aber einen neuen Kurs bei der Vorratsdatenspeicherung.

Welcher User steckt dahinter? Ermittlungsbehörden wünschen sich schon lange mehr Befugnisse im Netz

Berlin taz | Sollte es nach der Bundestagswahl zur Großen Koalition kommen, wird die Vorratsdatenspeicherung für IP-Adressen wohl Wirklichkeit: Die Union hat aus der Opposition heraus schon einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Internetanbieter verpflichten würde, Benutzerdaten für drei Monate zu speichern. Ermittlungsbehörden könnten dadurch Tatverdächtige im Netz leichter identifizieren. Aus der SPD gibt es zwar Widerspruch im Detail, aber wenig grundsätzliche Ablehnung. Innenministerin Nancy Faeser wünscht sich schon lange eine entsprechende Regelung.

Möglicherweise geht es nun aber sogar noch schneller. Mit der FDP haben die einen Kri­ti­ke­r*in­nen die Koalition verlassen. Und bei den Grünen könnte es überraschenderweise Bewegung geben. Danach klingt zumindest eine Äußerung von Regierungssprecherin Christiane Hoffmann vom Montag.

Es brauche „die rechtssichere Speicherpflicht von IP-Adressen“, schrieb sie in einer Mitteilung an die Mitglieder der Bundespressekonferenz. Die Speicherung von IP-Adressen sei im Kampf gegen Kriminalität und Terror von entscheidender Bedeutung. „Die Bundesregierung wäre bereit, diese einzuführen. Wenn sich hierfür neue Mehrheiten im Bundestag finden lassen, kämen wir im Kampf gegen Terrorismus einen essentiellen Schritt weiter.“ Fachmedien wie das Portal heise.de folgerten verständlicherweise: Die Regierung will die Vorratsdatenspeicherung.

Zwei Tage später ist aber unklar, was Hoffmann tatsächlich sagen wollte – und ob grüne Regierungsmitglieder wirklich auf den SPD-Kurs eingeschwenkt sind. „Unsere Position ist unverändert“, schrieb die grüne Umweltministerin Steffi Lemke auf der Plattform Bluesky. Ihr seien auf Kabinettsebene keine anders lautenden Beschlüsse bekannt. Eine Anfrage der taz an das Bundespresseamt, ob es in der Regierung eine Einigung gab, blieb an Neujahr bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Widerspruch kommt auch aus der Fraktion der Grünen im Bundestag, die einer entsprechenden Gesetzesänderung ebenfalls zustimmen müsste. „Unsere Position ist unverändert“, sagte der Rechtspolitiker Helge Limburg im Gespräch mit der taz. „Wir sind offen dafür, die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden zu erweitern – zum Beispiel mit dem Quick-Freeze-Verfahren. Aber eine anlasslose und massenhafte Speicherung mit ausufernden Fristen lehnen wir weiterhin ab.“

Einen Gesetzesvorschlag zum genannten Quick-Freeze-Verfahren hatte das Justizministerium noch unter Marco Buschmann (FDP) erarbeitet. Es geht dabei nicht nur um IP-Adressen, sondern um vielfältige Telekommunika­tions­daten. Die Anbieter wären aber nicht verpflichtet, die Daten anlasslos von all ihren Nut­ze­r*in­nen aufzubewahren. Erst auf einen richterlichen Beschluss hin müssten sie Informationen speichern, die für konkrete Ermittlungen relevant sind. Durch das Kabinett hat es der Entwurf vor dem Regierungsbruch aber nicht mehr geschafft.

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1 Kommentar

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  • Zwei Tage später und es hat immer noch niemand herrausgefunden, was Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagen wollte?



    Ich meine, kann man die Frau nicht einfach mal FRAGEN, was sie sagen wollte? Kennt irgendwer ihre Telefonnummer oder Mail-Adresse? Warum ist jemand Regierungsprecherin, wenn niemand versteht, was sie sagen will?