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Vorkaufsrecht in BerlinBezirke spielen mit beim Monopoly

265 Wohnungen auf einen Schlag: Die Berliner Bezirke Mitte und Neukölln haben im bislang größten Fall ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht.

Kundgebung in Berlin unter dem Motto „Zusammen gegen #Mietenwahnsinn“ Foto: picture alliance/Soeren Stache/dpa

Es sollte ein fetter Deal werden: Ein Paket von 3.700 Wohnungen wollte die dänische Pensionskasse PFA in Deutschland für 1,2 Milliarden Euro kaufen. Zumindest 265 Wohnungen in Neukölln und Mitte dürften der PFA nun durch die Lappen gehen. Die beiden Bezirke haben ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht – im bislang größten Fall Berlins.

Es geht um 125 Wohnungen in der Seestraße Ecke Turiner Straße im Wedding sowie 140 Wohnungen in der Thiemannstraße und Böhmischen Straße in Neukölln. Weil die Objekte jeweils im Milieuschutzgebiet liegen, hatten die Bezirke ein Vorkaufsrecht. Die PFA hätte dies nur durch Unterzeichnung einer Vereinbarung abwenden können, in der sie sich den Zielen des Milieuschutzes unterwirft und zum Beispiel auf Luxussanierungen verzichtet. Nachdem eine solche Abwendungsvereinbarung offensichtlich nicht zustande kam, haben die Bezirke diese Woche ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht.

Neukölln hat darin eine gewisse Übung und gehört neben Friedrichshain-Kreuzberg zu den Bezirken mit den meisten Vorkaufsfällen. Doch während sonst vornehmlich Einzelobjekte mit bis zu 30 Wohnungen vor Spekulation gesichert werden, hat dieser Kauf auch für den zuständigen Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne) etwas Besonderes: „Fast eine ganze Straße sollte hier verkauft werden – da sind wir endgültig bei Monopoly angekommen.“ Bereits Mitte November hatte er die rund 300 Mieter zu einer Info-Veranstaltung geladen. Diese hatten sich daraufhin organisiert und sogar in dänischen Medien Gehör verschafft.

Der Druck ist groß

Solches Engagement sei wichtig, „sollte aber keinen entscheidenden Einfluss auf die Ausübung des Vorkaufsrechts haben“, so Biedermann. Seine Verwaltung prüfe seit anderthalb Jahren jeden einzelnen Fall – mit vereinten Kräften und einer zweckentfremdeten halben Stelle. Der Druck ist dabei groß. „Uns stehen professionelle Immobilienrechtskanzleien gegenüber, da können wir uns keinen Formfehler erlauben“, so Biedermann. Ab Februar will er eine ganze Stelle einrichten und damit dem Wandel in der Stadtentwicklungspolitik personell Rechnung tragen.

Wenn die PFA nicht innerhalb eines Monats Widerspruch einlegt, werden die landeseigenen Gesellschaften WBM (Wedding) und Stadt & Land (Neukölln) Eigentümerinnen der 256 Wohnungen. Der Senat wird den Kauf bezuschussen, die genaue Kaufsumme wird laut Biedermann nicht vor dem endgültigen Abschluss veröffentlicht.

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3 Kommentare

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  • Ist die PFA keine öffentlich rechtliche Einrichtung? Warum hat sie dann keine ethischen Richtlinien, die sie zwingen die Milieuschutzvereinbarung zu unterzeichnen?

    • @Daniel S:

      Internationaler Finanzkapitalismus und ethische Richtlinien?



      Ich bitte Sie!



      Rendite ist alles was zählt. Alles.

  • super! herzlichen glückwunsch zu dieser guten entscheidung.



    und da die landeseigenen nicht unter dem selben renditedruck stehen, und der kauf sich nicht in 10 jahren refinanzieren muss (warum soll nicht eine refinanzierung in 50 jahren reichen?) bremst das den anstieg der mietobergrenze:) da haben alle zur miete wohnenden menschen etwas davon.



    und: eine cdu, fdp oder afd-regierung hätte das nie und nimmer gemacht.