Vor dem Petersberger Klimadialog: Keine Klimagerechtigkeit ohne Menschenrechte
Ägypten wird Gastgeber der COP27. Den anstehenden Petersberger Klimadialog muss Deutschland auch dafür nutzen, die marode Menschenrechtslage anzuprangern.
D ie ägyptische Regierung kriminalisiert friedliche Opposition und Kritik. Proteste gegen Korruption und Misswirtschaft werden unterdrückt. 2019 wurden mehr als 4.300 Personen festgenommen oder verschwanden. Allen Bekundungen der Regierung zum Trotz, gibt es bis heute mehrere Zehntausend politische Gefangene, darunter der ägyptisch-britische Menschenrechtsverteidiger Alaa Abdel Fattah.
Die ägyptischen Behörden walzen historische Stadtviertel platt, fällen die letzten Bäume in Kairo und lassen die ikonischen Nilhausboote zwangsräumen. Nicht die Bevölkerung profitiert davon, das Land durch den Bau von Hochhäusern, Straßen und Brücken zu „modernisieren“, sondern vor allem das Militär, das Aufträge kassiert.
Ungeachtet dieser Verletzung von Menschen- und Umweltrechten wird Ägypten im November Gastgeber der COP27 sein – ein Umstand, der auch das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer menschenrechtsbasierten Außen- und Klimapolitik herausfordert. Nun jedoch kommt der ägyptische Präsident al-Sisi nach Berlin, wo er vom 18. bis 19. Juli als Co-Vorsitzender der Petersberger Klimadialoge auftritt.
Dabei muss die Menschenrechtslage in Ägypten das Bemühen um eine „erfolgreiche COP“ anleiten, weil es ansonsten bald keine unabhängige Zivilgesellschaft mehr geben wird – und es ohne zivilgesellschaftlichen Raum keine Klimagerechtigkeit geben kann. Prominente ägyptische und internationale Menschenrechtsorganisationen erwarten von der Bundesregierung, al-Sisi aufzufordern, den zivilgesellschaftlichen Raum in Ägypten zu öffnen und alle willkürlich Inhaftierten freizulassen.
ist Senior EU Advocacy Representative für das Cairo Institute for Human Rights Studies in Brüssel.
Auch müssen die Rechte auf Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit auf der COP27 für alle gewahrt werden, einschließlich der ägyptischen Zivilgesellschaft und der Medien. Ägypten ist hoch verschuldet und auf internationale Unterstützung angewiesen. Jetzt ist es an der deutschen Regierung, die Chance der Petersberger Klimadialoge zu nutzen, um ihren Einfluss starkzumachen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland