Vor dem Parteitag in Hamburg: Die CDU bricht das Wahlgeheimnis
Zahlreiche CDU-Politiker bekunden, wen sie sich an der Parteispitze wünschen. Als Einziger ohne Fanclub bleibt Jens Spahn.
Kurz vor dem Hamburger Parteitag ist in der CDU ein offener Meinungskampf ausgebrochen. Erst warb Wolfgang Schäuble öffentlich für Friedrich Merz als neuen Parteichef, nun fühlen sich auch Anhänger von Annegret Kramp-Karrenbauer aufgefordert, ihre Sympathien öffentlich zu machen.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte sichtlich gereizt, mit Schäubles Vorstoß sei „der Damm gebrochen“. Der loyale Vertraute Angela Merkels warnte in der Rheinischen Post unverblümt vor Merz: Dieser würde nur der FDP „Stimmen abjagen“ und somit das bürgerliche Lager „kannibalisieren“, so Altmaier.
Im Merz-Lager versammelt sich inzwischen ein Reihe prominenter und semiprominenter Namen. Für den Aufsichtsratsvorsitzenden von Blackrock werben auffällig viele aus dem Südwesten; dort unterstützen dem Vernehmen nach 80 Christdemokraten eine „Initiative für Friedrich Merz“, darunter der EU-Kommissar und Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger und der Staatssekretär Thomas Bareiß.
Auch Roland Koch will Merz; wie dieser ist Hessens Ex-Ministerpräsident Mitglied im Andenpakt, einem vor fast 40 Jahren gegründeten informellen Netzwerk männlicher Christdemokraten zur gegenseitigen Karriereförderung. Zur Unterstützergruppe gehört auch Petra Roth, die eher liberale Frankfurter Ex-Oberbürgermeisterin. Sicher ist dem Neoliberalen auch die Schützenhilfe der einflussreichen CDU-Mittelstandvereinigung.
Merkel hält sich raus
Doch auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, die als Wunschkandidatin der Kanzlerin gilt, hat öffentliche Fürsprecher; etwa den Kieler Ministerpräsidenten Daniel Günther, liberaler Flügelmann der Union. Auch der frühere Innenminister Thomas de Maizière wirbt für die Saarländerin. Rückhalt bekommt AKK auch vom Arbeitnehmerflügel der CDU und der Frauenunion; beim Parteitag in Hamburg sind ein Drittel der Delegierten weiblich.
Interessant ist, dass Herbert Reul, NRW-Innenminister und eher als Hardliner bekannt, AKK statt des NRW-Manns Merz stützt. Angela Merkel selbst tut, was sie bei unklarer Lage immer getan hat: Sie hält sich raus.
Für Gesundheitsminister Jens Spahn hingegen gibt es keine Unterstützerliste; selbst die Junge Union, als deren Sprachrohr der 38-Jährige wahrgenommen wird, ist zwischen ihm und Merz hin- und hergerissen. Ein CDU-Mann hat Spahn gar den Rückzug von der Kandidatur nahegelegt.
Die Pose besonnener Zurückhaltung übt Armin Laschet, Ministerpräsident in NRW. Laschet gehört zum Merkel-Lager. Zwischen den Zeilen ließ er anklingen, der künftige CDU-Chef oder die -Chefin müsse nicht automatisch im Kanzleramt landen – ein vorsichtiger Hinweis, dass Laschet bei dieser Frage selbst mitspielen will.
Im Team bleiben
Wer gewinnt, lässt sich schwer voraussagen. Der Landesverband NRW ist mit Abstand der größte: Fast jeder Dritte der 1.001 Delegierten kommt von dort, jeder Sechste aus Baden-Württemberg. Falls es im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit gibt, wird es einen zweiten geben, am ehesten zwischen Merz und Kramp-Karrenbauer. Falls Merz die Wahl verliert, wird er wohl wieder in die Wirtschaft zurückkehren. Kramp-Karrenbauer will nicht Generalsekretärin unter Merz bleiben. Einen Posten als Vizevorsitzende würde sie wohl annehmen.
Spahn erklärte am Donnerstag, er werde im Falle einer Niederlage „im Team bleiben“. Daran hatte allerdings niemand gezweifelt. Der ehrgeizige rechte Flügelmann sammelt Punkte für die Zukunft – nach Merz oder Kramp-Karrenbauer.
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