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Vom „IS“ zurück nach Großbritannien19-Jährige spaltet die Gemüter

Großbritannien diskutiert über eine Teenagerin, die sich dem „IS“ angeschlossen hat. Das Innenministerium will ihr die Staatsbürgerschaft entziehen.

„Ziehen alle juristischen Schritte in Erwägung“: Renu Begum deckt ihre Schwester Shamima auf einem Foto ab Foto: reuters

Berlin taz | Das Schicksal einer 19-Jährigen entzweit Großbritannien: Die britische Regierung will der Londonerin Shamima Begum nach Medienberichten die Staatsangehörigkeit entziehen. Begum war vor vier Jahren über die Türkei nach Syrien gereist, um sich der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) anzuschließen, und will nun nach Großbritannien zurückkehren.

Begums Geschichte schockierte schon damals: 15 Jahre alt war das als Musterschülerin beschriebene Mädchen, als es sich mit einer weiteren 15-Jährigen und einer 16-Jährigen aus Bethnal Green im Osten Londons zur Reise in die damalige IS-Hochburg Rakka aufmachte. Dort sind Berichten zufolge alle drei Mädchen mit ausländischen Kämpfern der Terrormiliz verheiratet worden, Begum mit einem niederländischen Konvertiten.

Heute befindet sich Begum getrennt von ihrem Ehemann in einem kurdischen Flüchtlingslager im Nordosten Syriens, wo sie am Wochenende einen Sohn zur Welt gebracht hat. „Ich denke, viele Menschen sollten Mitgefühl mit mir haben für all das, was ich durchgemacht habe“, sagte Begum in einem TV-Interview mit Sky News. In den vergangenen Jahren hat die Londonerin bereits zwei Kinder geboren – beide starben. Damit ihr Neugeborener bessere Überlebenschancen hat, will sie nun zurück nach Großbritannien.

Doch das will der konservative Innenminister Sajid Javid verhindern. Der Nachrichtensender ITV News veröffentlichte ein Schreiben des Innenministeriums, nach dem der jungen Frau die Staatsbürgerschaft aberkannt werden soll. Dies sei am Dienstag an Begums Mutter gegangen mit dem Hinweis, dass die junge Frau Widerspruch gegen die Entscheidung einlegen könne.

Laut Medienberichten geht der Innenminister davon aus, dass Begum die Staatsbürgerschaft Bangladeschs beantragen kann. Ihre Familie stammt aus Bangladesch, allerdings war Begum nach eigenen Angaben noch nie dort. Im Unterhaus sagte Javid am Mittwoch, der Entzug der Staatsbürgerschaft für die Mutter bedeute nicht automatisch, dass auch das Kind sein Recht darauf verliere.

Die Familie Begum sei sehr enttäuscht, schrieb ihr Anwalt Mohammed Akunjee auf Twitter. „Wir ziehen alle juristischen Schritte in Erwägung, um die Entscheidung anzufechten.“ Im Interview mit ITV News sagte Begum, sie sei „etwas schockiert“.

Abgetrennter Kopf im Abfalleimer

Die 19-Jährige hatte in Interviews zum Teil schockierende Sachen von sich gegeben. So hatte sie der Times erzählt, als sie zunächst zum IS gekommen sei, habe sie zwar keine Hinrichtungen gesehen, aber sehr wohl das Haupt eines Geköpften im Abfalleimer gesehen. „Das hat mich überhaupt nicht aus der Fassung gebracht“, hört man sie in der Tonaufnahme sagen.

Ebenso sagte Begum, sie bereue es nicht, nach Syrien gekommen zu sein. Gleichwohl betonte die 19-Jährige auch, beim „IS“ gebe es Korruption und Unterdrückung. Der Times-Journalist Anthony Loyd, der Begum in dem Lager in Nordost-Syrien aufgesucht hatte, hält auch die krassen Aussagen für wenig überraschend: Der Zeitschrift GQ sagte er, das Lager sei wie ein Mini-Kalifat, der Großteil der 39.000 Menschen dort bestünde aus IS-Familien. „Das ist eine Menge Druck“, so Loyd.

In einem BBC-Interview verglich Begum den Anschlag auf die Manchester Arena nach einem Popkonzert der Sängerin Ariana Grande mit Militärangriffen auf IS-Hochburgen. Sie halte es für „falsch, dass unschuldige Leute ermordet werden“, aber sie habe gehört, es sei ein Vergeltungsschlag für Angriffe gewesen, bei denen unschuldige Kinder und Frauen gestorben seien. Das sei in ihren Augen eine angemessene „Rechtfertigung“.

Debatte um Rückkehr

Seit Tagen tobt im Vereinigten Königreich eine heftige Debatte um Begums Rückkehrwunsch. Der Staatssekretär für Sicherheit etwa, Ben Wallace von den Tories, sprach sich dagegen aus, die 19-Jährige aus Syrien zu retten. Er werde nicht das Leben von BritInnen gefährden, um nach TerroristInnen oder Ex-TerroristInnen zu suchen, sagte er BBC Radio 4, kurz nachdem Begums Anliegen bekannt wurde.

Auch die jüngste Nachricht, das Innenministerium wolle Begum die britische Staatsbürgerschaft aberkennen, traf in einigen Kreisen auf Zustimmung. Jedoch längst nicht in allen, auch nicht in der Tory-Partei: Der konservative Abgeordnete George Freeman zum Beispiel schrieb auf dem Nachrichtendienst Twitter, die Entscheidung sei ein Fehler und setze einen gefährlichen Präzedenzfall. „Sie [Shamima Begum] wurde hier geboren, ausgebildet & ist unsere Verantwortung. Wir sollten unser System verteidigen & sie sollte zurückgebracht werden, um sich den UK-Gerichten zu stellen“, erklärte Freeman.

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23 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • warum wird das Naheliegendste eigentlich immer so kunstvoll ausgespart: Gerade als Rechtstaat haben wir dessen Prinzipien auf JEDEN anzuwenden. Es stellt sich zurzeit also gar nicht die Frage von Rückkehr oder Staatsbürgerschaftsentzug, weil zuförderst das Tatortprinzip gilt und diese Dame zunächst am Ort ihrer Taten verurteilt werden muss. Käme sie nach England zurück, könnte Syrien zurecht ihre Auslieferung betreiben -



    also lasst sie wo sie ist und stellt sie dort vor Gericht. Alle weiteren Fragen (Abschiebung in ihr Heimatland o.ä.) stellen sich erst nach Verbüßung..

  • Aber gleiches Mitleid für Zschäpe dürfte man fordern?

    • @TazTiz:

      Dafür müsste man sie erst nach Syrien schicken.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...klar, Ausbürgern ist ja viel einfacher, als zum Beispiel sog. Rüstungsexportverbote.



    Auch Deutschland liefert Waffen an Terroristen in der ganzen Welt und die Waffenproduzenten machen sich damit genau so mitschuldig am Töten, auf dieser Welt.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Hat der IS seine Geiseln mit deutschen Eurofightern enthauptet?

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @El-ahrairah:

        ...und der sog. IS 'bastelt' sich seine Waffen selber, oder wie??!

        • @81331 (Profil gelöscht):

          An Kalashnikovs ist in der Ecke kein Mangel. Ansonsten Pick-ups von den Saudis, Beutewaffen von den Irakern und sowas. Auf jeden Fall keine Uboote, Fregatten oder Leopard-Panzer

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @81331 (Profil gelöscht):

      ...also einfach "Ausbürgern"?



      Ich denke, Merkel & Co. hätten was dagegen ; )

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Also würden Sie die Rüstungsexporte der letzten Jahre gerne zurück kaufen? - vielleicht noch auf Kosten des deutschen Steuerzahlers?

  • Wenn jetzt Länder in Europa, ob mit oder ohne EU-Zugehörigkeit anfangen, ihre Bürger auszubürgern, dann ist aber zappenduster mit der "Wertegemeinschaft".

    Die Frau gehört vor ein britisches Gericht und in einen britischen Knast. Ich kann mir kaum ein schwereres Verbrechen vorstellen als die Mitgliedschaft im IS, Unterstützung des IS und/oder Tolerieren des IS.

    Kaum vorstellbar, dass ein zivilisierter Mensch Mitleid mit Kopfabüchneidern hat. Schlimm genug, dass unsere Politiker z.B. die Kopfabschneider aus SA hofieren und NATO Mitglied Türkei mit dem IS kooperiert (hat).

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      "Die Frau gehört vor ein britisches Gericht und in einen britischen Knast. Ich kann mir kaum ein schwereres Verbrechen vorstellen als die Mitgliedschaft im IS, Unterstützung des IS und/oder Tolerieren des IS."

      In einem Rechtsstaat steht davor ein geregelter Prozess. Und es ist nicht so einfach, Menschen aus Kriegsgebieten eine individuelle Schuld nachzuweisen.

  • Großbritannien sollte sie aufnehmen.



    Sie war erst 15 Jahre alt als sie abgehauen war. Nach ihren Aussagen und Schilderungen glaube ich, sie braucht dringend therapeutische Hilfe.

  • Allen IS-Anhänger*innen und ihren Familienangehörigen, die sich im Ausland befinden, soll ein lebenslanger Einreiseverbot nach Europa ausgesprochen werden. Sie sollen alle und ausnahmslos ausgebürgert werden. Und wenn die Gesetzte das nicht erlauben, soll die Gesetzte in einem Eilverfahren rasch geändert und die neuen Tatsachen erschaffen werden.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Lennard Meyer:

      "Und wenn die Gesetzte das nicht erlauben, soll die Gesetzte in einem Eilverfahren rasch geändert und die neuen Tatsachen erschaffen werden."

      Ihrer Forderung steht das Grundgesetz im Weg und es ist nicht hilfreich Grundgesetzänderungen emotional übers Knie zu brechen!

    • @Lennard Meyer:

      Klar, wir schieben jeden"Gefährder" in seinen Herkunftsstaat ab aber unsere eigenen Gefährder zurücknehmen? Auf keinen Fall...

      • @Rince81:

        Das sollte natürlich verhandelt werden. Optimal läuft das alles nicht.

  • Das war auch mein erster Gedanke, dass dieses demonstrative Nicht-Zeigen von Reue primär mit der Situation im kurdischen Gefangenenlager zu tun hat. Solange sie noch nicht draußen ist, wird sie einen Teufel tun und die eigenen Überlebenschancen und vor allem die ihres dritten Babys durch unvorsichtige Äußerungen aufs Spiel zu setzen. Zwei Kinder hat sie ja schon verloren, wie es in ihr wirklich aussieht, läßt sich nur erahnen und mich der Gedanke daran erschaudern.



    Gleichwohl muss sie sich dann später aber auf jeden Fall vor einem britischen Gericht verantworten.

    • @Ebs69:

      Das ist aber ein großer Eimer voll Verständnis. Gibts den auch für Beate Zschäpe?

      • @El-ahrairah:

        Häh..!?? - Ich habe doch geschrieben, dass sich die junge Frau vor Gericht verantworten soll.

        Bewusstes Missverstehen, oder was?

  • „Ich denke, viele Menschen sollten Mitgefühl mit mir haben für all das, was ich durchgemacht habe“, sagte Begum in einem TV-Interview mit Sky News.



    Nee, Mitgefühl habe ich mit Menschen die Opfer des IS wurden.



    Aber Leuten die Staatsbürgerschaft entziehen, erinnert mich an das NS-Regime.



    Diese junge Frau, ist in England geboren und aufgewachsen. Und nun soll sie, weil sie nicht würdig ist Britin zu sein, also die Staatsbürgerschaft beantragen die ihr ihres "Blutes" wegen zusteht.



    Liebe Briten, nehmt sie wieder auf, stellt sie vor Gericht. Darauf hat sie ein Recht, das hat sie auch verdient.

    • @derSchreiber:

      "Diese junge Frau, ist in England geboren und aufgewachsen. Und nun soll sie, weil sie nicht würdig ist Britin zu sein, also die Staatsbürgerschaft beantragen die ihr ihres "Blutes" wegen zusteht."

      Nö, diese junge Frau ist bewusst in den Krieg für ein anderes Land gezogen, weil sie nichts mehr mit ihrer Heimat zu tun haben wollte. Ihr nach all den schrecklichen Gräueltaten den Pass zu entziehen, ist da nur konsequent und richtig. Daran sollte sich Deutschland ein Beispiel nehmen. Diese Leute haben ihre Chance vertan und sollen jetzt zusehen, wie sie klar kommen. Da sind sie selbst dran schuld.

      • @John Farson:

        Weil jemand uns schlecht behandelt hat, behandeln wir ihn nun auch schlecht.



        Entschuldigung, aber das klingt nach Auge um Auge oder Sharia.

        Wir sollten beweisen, dass wir besser als der IS sind.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    So sind die Täter. Tun sich am Ende nur selbst leid.



    Dies hier:



    "Ich denke, viele Menschen sollten Mitgefühl mit mir haben für all das, was ich durchgemacht habe“, sagte Begum "



    zeigt den geistigen Horizont der Frau.



    Über die Opfer dieser Mörderbande kein Wort, sind ja selber schuld, laut Begum.

    Die Aberkennung der Staatsbürgerschaft ist noch viel zu milde .