Vollgeld-Initiative in der Schweiz: Keine Lust auf Vollgeld
Die Schweizer lehnten am Sonntag einen Wechsel des Geldsystems ab. Nur ein Viertel stimmte für ein Konzept, das Finanzkrisen verhindern könnte.
Die weltweit bislang einzigartige „Vollgeld“-Initiative wollte, dass künftig nur noch die als Notenbank fungierende Schweizerische Nationalbank (SNB) neues Geld schöpfen und in Umlauf bringen kann. Die Kreditvergabe durch andere Banken sollte erheblich eingeschränkt werden. KundInnen der Bank hätten der Idee zufolge Anspruch auf „Vollgeld“-Konten, die außerhalb der Bank-Bilanz geführt werden und komplett mit Geld der Notenbank gedeckt sind. Damit wären ihre Spareinlagen gesichert, wenn die Bank in eine Schieflage gerät.
Die Vollgeld-Initiative entstand infolge der Finanz-und Bankenkrise ab 2007. Damals konnte die größte Schweizer Bank UBS nur mit einem staatlichen Zuschuss von rund 90 Milliarden Franken gerettet werden.
Doch bei der Schweizer Regierung sowie Banken und Industrieverbänden stieß die „Vollgeld“-Initiative auf Ablehnung. Sie befürchten, dass Kredite teurer und die Gewinne der Banken längerfristig schrumpfen würden. Darüber hinaus warnten Banken- und Unternehmenssprecher, eine Einführung des Vollgeldes hätte „unkalkulierbare Folgen“ für den Schweizer Franken, da der Leitzins als geldpolitisches Instrument wegfallen würde.
Im Ausland stieß die Vollgeldinitiative hingegen durchaus auf Unterstützung. Nach Einschätzung der ExpertInnen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft würde das Finanzsystem dadurch stabiler. „Die bestechenden Vorteile eines Vollgeldsystems sind, dass ein Abzug von Kundeneinlagen für die betroffene Bank völlig unproblematisch ist“, erklärten sie. Hätte die Initiative bei der Volksabstimmung eine Mehrheit erhalten und wäre auch die Umstellung in den vorgesehenen zwei Jahren ohne größere Probleme gelungen, hätte das nach Einschätzung der Kieler ExpertInnen zu ähnlichen Initiativen im Euroraum führen können.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene