Volksbegehren in Brandenburg: „Eine Mehrheit will den Wandel“
104.000 haben einen Stopp der Massentierhaltung gefordert. Axel Kruschat vom Aktionsbündnis Agrarwende fordert, dass die SPD sich bewegt.
taz: Herr Kruschat, hat Sie das Ergebnis des Volksbegehrens überrascht?
Axel Kruschat: Ja. Mit einem solchen Erfolg habe ich nicht gerechnet. Wir werden mit einem gestärkten Selbstbewusstsein in den Landtag gehen - es gibt eine gesellschaftliche Mehrheit für einen grundlegenden Wandel der Landwirtschaft. Mit diesem Schwung lässt sich politisch etwas erreichen.
Was genau fordern Sie?
Primär wollen wir die Haltungsbedingungen der Tiere verbessern. Denn: Die sogenannte Premiumförderung des Landes für den Stallbau ist ein Etikettenschwindel. Auch müssen wir davon abkommen, so viel Antibiotika einzusetzen. Im Biobereich geht es ja auch. Reserveantibiotika müssen komplett aus der der Tierhaltung verschwinden. Das ist unsere letzte Barriere gegen multiresistente Keime. Die können wir nicht in der Tierhaltung verbraten.
Ihre Forderungen werden von einer kritischen Masse an Bürgerinnen und Bürgern getragen? Wie erklären sie sich das?
Der studierte Dipl.-Verwaltungswissenschaftler ist Landesgeschäftsführer beim BUND in Brandenburg und Pressesprecher des Aktionsbündnisses Agrarwende Berlin-Brandenburg.
Wir haben natürlich eine große Kampagne gemacht, sie war aber letztendlich von vielen Initiativen aus der Bevölkerung getragen. Abgesehen davon war auch entscheidend, dass sich die Landesregierung so komplett uneinsichtig gezeigt hat. Als Ergebnis der Volksinitiative sollte es lediglich einen Tierschutzbeauftragten geben, der dann auch nur ehrenamtlich berufen werden sollte. Das war uns aber viel zu wenig. Ich glaube auch, dass viele Menschen unsere Forderungen für selbstverständlich gehalten haben. Durch unser Volksbegehren ist aber erst klar geworden, welche großen Problem in der Massentierhaltung existieren.
Was erwarten Sie von der Landtagsdebatte?
Wir empfangen positive Signale von den brandenburgischen Grünen und den Linken. Wer sich bewegen muss, ist die SPD. Sie muss von ihrer bauernverbandsorientierten Klientelpolitik weg. Die Förderung muss sich ändern, Leistungen wie Naturschutz und regionale Vermarktung müssen viel stärker unterstützt werden.
Gehen sie morgen zur „Wir sind satt!“-Demo in Berlin?
Na selbstverständlich!
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