Volksabstimmung in der Schweiz: Mehrheit für Coronagesetz
In der Schweiz stimmt eine klare Mehrheit bei einem Referendum für das Coronagesetz der Regierung. Der Widerstand ist laut, aber marginal.
Bereits im Sommer wurde gegen das Gesetz ein Referendum einberufen, so dass es zur Abstimmung kam. Die Bevölkerung stellte sich damals hinter das Gesetz. Daraufhin erwirkte eine Gruppe ein zweites Referendum. Das ging, weil es entsprechend der veränderten Lage angepasst wurde. An diesem Sonntag wurde nun auch das abgewiesen. Das Covid-19-Gesetz ist damit von der Bevölkerung legitimiert.
Der Abstimmungskampf legte dennoch Gräben offen. Gegen das Gesetz formierte sich sowohl ein linkes als auch ein bürgerliches Komitee. Das bürgerliche Komitee warnte vor der „Diskriminierung der Ungeimpften“ und hängte in der ganzen Schweiz Plakate auf, die im Look der rechtspopulistischen schweizerischen Volkspartei SVP daherkamen.
Die SVP war die einzige der großen Parteien, die für das Nein warb. Bei den anderen Parteien sprachen sich nur zwischen 7 und 16 Prozent der Wähler:innen dagegen aus. Wähler:innen der sozialdemokratischen SP waren fast geschlossen für das Gesetz.
Fürs Coronagesetz – und bessere Bedingungen in der Pflege
Neben der SVP machten auch Bürger:innenbewegungen wie etwa die Jugendorganisation „Mass-voll“ oder die „Freiheitstrychler“ Stimmung gegen das Gesetz. Diese gehen seit Monaten mit Glockengeläut, Schweizer Trachten und den bekannten Argumenten auf die Straße, um vor einer angeblichen „Diktatur“ zu warnen.
Einen anderen Ton wählte das linke Nein-Lager um den Datenschutz-Aktivisten Hernâni Marques. Unter der Losung „Ja zur Impfung, nein zum Zertifikat“, wandte er sich ausschließlich gegen das Covid-Zertifikat, das in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens Pflicht ist. Dieses ist ein Teil des Covid-Gesetzes.
Mit dem Zertifikat würde der Staat die Verantwortung auf Einzelpersonen abwälzen, so das Komitee um Marques. Zudem biete es eine „Scheinsicherheit“, denn es bestehe die Gefahr, dass Menschen so höhere Risiken eingehen. Außerdem gängele das Zertifikat Ungeimpfte.
Neben dem Ja zum Covidgesetz wurde eine zweite Vorlage mit historischer Eindeutigkeit angenommen. Die Pflegeinitiative fordert eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege. Sie wurde am Sonntag mit rund 61 Prozent angenommen. Für eine progressive Initiative ist das ungewöhnlich.
Der Abstimmungssonntag zeigt: Die Schweizer Bevölkerung steht größtenteils hinter den Maßnahmen. Der Widerstand dagegen ist zwar laut, aber marginal. Zudem sendet das Ja zur Pflegeinitiative ein klares Signal an die Politik, dass die Pandemiebekämpfung mit entsprechenden sozialen Maßnahmen für Beschäftigte im Pflegesektor einhergehen muss.
Die Maßnahmengegner:innen werden wohl trotzdem keine Ruhe geben: Kurz nach den ersten Hochrechnungen versammelten sie sich vor dem Bundeshaus, um gegen das Resultat zu protestieren. In sozialen Netzwerken kursiert, die Ergebnisse seien gefälscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk