„Vogue Paris“-Cover mit trans* Model: Schön und trans*
Die französische „Vogue“ zeigt Valentina Sampaio auf dem Cover. Erstmals ist damit ein trans* Model auf dem Titel. Ein überfälliger Schritt.
Mitte Februar präsentierte die Vogue Paris das Cover der am 23. Februar erschienenen Ausgabe auf Instagram. „Diesen Monat sind wir stolz, die Schönheit von transgender zu feiern“, heißt es in dem Post. Ebenso feiere die Zeitschrift „Models wie Valentina Sampaio“, die „das Gesicht der Mode verändern und Vorurteile dekonstruieren“.
Das Foto zeigt die 22-jährige Sampaio mit tiefrot geschminkten Lippen und einer goldenen Bluse, darunter prangt der Schriftzug: „Transgender Schönheiten: Wie sie die Welt auf den Kopf stellen“. Chefredakteruin Emanuelle Alt schreibt in dem Magazin, die Entscheidung für Sampaio sei nicht nur wegen ihres Aussehens und ihrer Persönlichkeit gefallen. Vielmehr verkörpere das Model „einen jahrelangen und beschwerlichen Kampf für Anerkennung und dagegen, als anders wahrgenommen zu werden, als eine Gender-Verbannte.“
Dass dieses Cover auf der Märzausgabe erscheint, ist sicher kein Zufall. Der 8. März ist der internationale Frauen*tag. Eben diesen Tag nutzte die 22-jährige Valentina Sampaio im Jahr 2016, um in einem Video des Kosemtikkonzerns L'Oreal Paris mit ihrem öffentlichen Coming Out für die gesellschaftliche Akzeptanz von trans* Menschen zu kämpfen. Die Gewalt gegen trans* Menschen ist in Brasilien sehr hoch. Nach Recherchen von Transgender Europe wurden dort allein 2016 802 trans* Personen ermordet – mehr als in jedem anderen Land weltweit. „Dies ist mein erster Frauen*tag – offiziell“, sagt Sampaio in dem Video und zeigt ihren neuen Ausweis.
Schönheit ist klar definiert
Im November 2016 zierte ihr Bild das Cover der brasilianischen Ausgabe des Magazins Elle. Sampaio engagiert sich in Brasilien für die Rechte von trans* Menschen. Seit dem Beginn ihrer Karriere als Model sei sie immer wieder mit Enttäuschungen und Ablehnung von Auftraggeberseite konfrontiert gewesen, sagt das Model.
In der Branche gilt noch immer ein rigides Korsett dessen, was als schön oder als weiblich angesehen wird. Doch diese Normen scheinen sich ganz allmählich zu lockern. So wirkt es zumindest, blickt man auf die Cover bedeutender Modezeitschriften der vergangenen paar Jahre. Große mediale Beachtung fand im Juni 2015 die Titelseite der amerikanischen Vanity Fair mit Caitlyn Jenner. Bis dahin war sie der Öffentlichkeit als erfolgreicher Zehnkämpfer Bruce Jenner bekannt gewesen, erst zwei Monate zuvor hatte sie erklärt, eine Frau zu sein.
Im November 2015 war mit Aydan Dowling erstmals ein trans* Mann auf dem Cover des amerikanischen Männermagazins Men's Health zu sehen – allerdings in einer Gruppe nur in einer limitierten Edition. Im März 2016 zog der deutsche Ableger des Magazins nach. Im Juni dann zeigte die britische Zeitschrift Attitude – ein Lifestyle-Magazin für homosexuelle Männer – das trans* Model Laith Ashley in knapper Badehose auf der Titelseite.
Die indische Ausgabe des Modemagazins Harper's Bazaar zeigte im Rahmen einer Serie gleich zwei trans* Models auf dem Cover, die Afroamerikanerin Tracey Norman und die von den Philippinen stammende New Yorkerin Geena Rocero. Die brasilianische Elle hatte vor Sampaio mit Lea T schon 2011 eine trans* Frau auf dem Titel.
Ein bestärkendes Gefühl
Es wäre falsch anzunehmen, dass früher keine trans* Menschen als Models gearbeitet hätten – sie waren aber nicht geoutet. Nun werben die Magazine offensiv damit, trans* Models abzubilden. „Als Ausverkauf empfinde ich das nicht“, sagt Kaey. Die studierte Modedesignerin ist trans* Aktivistin, Sängerin und Redakteurin der Siegessäule, Berlins queerem Stadtmagazin.
Für Kaey sind die Titel der großen Magazine ein Statement. „Trans* Models können heute Karriere machen und sogar auf der Vogue landen“, sagt sie. Das sei für viele ein sehr bestärkendes Gefühl. Im Idealfall müsste man nicht erwähnen, dass es sich um ein trans* Model handelt – „aber soweit sind wir noch lange nicht“.
Und auch die Anzahl der Titelseiten mit trans* Personen müsse man im Verhältnis sehen. „Das sind eine handvoll pro Jahr, und alle denken: Wow“, sagt Kaey. Dabei gebe es inzwischen gerade in den USA viele trans* Models. „Es ist gut, dass die Vogue das macht“, sagt Kaey. „Und es war lange überfällig.“
Auch davon, dass die Normen tatsächlich lockerer werden, kann noch lange keine Rede sein. Auch auf trans* Models werden die strengen Vorgaben der Schönheitsindustrie angelegt. Denn natürlich gibt es auch dicke trans* Frauen oder solche ohne Silikonbrüste. Weder sie noch andere Frauen, die nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechen, schaffen es auf die Titel der Mode-Bibeln.
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