Viktor Orbáns inszenierte PR-Show: Hungary first, Europe second
Viktor Orbán inszeniert den EU-Vorsitz Ungarns als PR-Show. Er will Frieden in der Ukraine auf seine Art – und attackiert die EU-Migrationspolitik.
„Wir werden mehrere Flaschen Champagner öffnen, wenn Trump gewählt wird“, sagte der Rechtsnationalist aus Budapest. Zur Begründung verwies Orbán auf Trumps Aussage, er wolle den Ukrainekrieg so schnell wie möglich beenden. Dies sei auch im europäischen Interesse: „Wir brauchen wenigstens einen Waffenstillstand.“ Deshalb sei er selbst nach Kyjiw, Moskau und Peking gereist.
Die unabgestimmte „Friedensmission“ zu Beginn der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft im Juli hatte zu erheblicher Verstimmung in Brüssel geführt. Orbán sieht sich aber weiter im Recht. Nicht nur der Globale Süden, sondern auch eine Mehrheit der Europäer wolle Frieden, sagte er. Allerdings seien Russland und die Ukraine dazu noch nicht bereit. Daher müsse man sie zu Gesprächen drängen.
Unnachgiebig gab sich Orbán beim Thema Migration. Dies sei das konfliktträchtigste Thema in der EU, räumte er ein. Weil Ungarn sich weigert, das EU-Asylrecht anzuwenden, wurde Budapest vom Europäischen Gerichtshof verurteilt, 200 Millionen Euro Strafe zu zahlen. „Da müssen wir eine Lösung finden“ sagte er. An seiner harten Linie bei Asyl und Migration werde er aber festhalten.
Orbán – der Posterboy der europäischen Nationalisten
Nächste Station ist nun das Europaparlament. Dort will er am Mittwoch erneut die Prioritäten des ungarischen EU-Vorsitz vorstellen. „Viktor Orbán ist der Posterboy der europäischen Nationalisten. Seine populistische Politik dient der Neuen Rechten in Europa als Blaupause“, sagte die stellvertretende Parlamentspräsidentin Katarina Barley (SPD). Die EU-Kommission sei zulange untätig geblieben, während die ungarische Demokratie zunehmend erodiere.
Unzufrieden sind die Abgeordneten auch mit dem Rat, der Vertretung der 27 Mitgliedsstaaten. „Ich bin sauer, denn die anderen 26 Mitgliedsstaaten lassen es zu, dass Orbán diese Show aufführt“, sagte der sozialdemokratische Abgeordnete Thijs Reuten aus den Niederlanden. Der Rat nutze nicht die ihm zur Verfügung stehenden Werkzeuge. Gemeint ist vor allem Artikel 7 des EU-Vertrags.
Er sieht Sanktionen gegen Mitgliedsstaaten vor, die Grundwerte wie Freiheit, Demokratie, Gleichheit oder Rechtsstaatlichkeit missachten. Im Extremfall können die Stimmrechte im Rat ausgesetzt werden. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, das laufende Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn voranzutreiben – doch passiert ist bisher wenig.
Auf der anderen Seite ist es Orbán auch nicht gelungen, der EU seinen Stempel aufzudrücken. Seine Ratspräsidentschaft hat an der Pro-Ukraine- und Anti-Russlandpolitik nichts geändert – trotz der umstrittenen und den nicht abgestimmten Reisen. Denn er ist in diesen Fragen weitgehend isoliert.
Kämpft gegen „Brüsseler Bürokraten“
Anders sieht dies bei der Migrationspolitik aus. Hier präsentiert sich Orbán als Vorreiter. Seit Deutschland seine Gangart verschärft und Kontrollen an allen Schengengrenzen eingeführt hat, steht Ungarn nicht mehr so allein da wie zuvor. Orbán will dies nutzen, um gemeinsam mit den Niederlanden ein „Opt-Out“ vom neuen Asyl- und Migrationspakt zu erlangen und die EU-Regeln zu umgehen.
Dies dürfte ihm zwar nicht gelingen; zwei EU-Länder reichen nicht, um Beschlüsse zu kippen. Die Migrationspolitik hat es auf die Agenda des nächsten EU-Gipfels in der kommenden Woche geschafft. Da will sich Orbán erneut als Siegertyp präsentieren, der unerschrocken gegen den Strom der „Brüsseler Bürokraten“ schwimmt.
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