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Viel Methan durch BiogasBiogasanlagen emittieren viel Methan in Deutschland

Die Deutsche Umwelthilfe hat erstmals ermittelt, wie viel von dem hochwirksamen Treibhausgas aus undichten Stellen in deutschen Biogas-Anlagen kommt.

Biogasanlage in Nauen, Brandenburg Foto: Paul Langrock

Berlin taz | Bis zu 370.000 Tonnen klimaschädliches Methan entweichen jährlich aus den über 10.000 Biogasanlagen in Deutschland. Das geht aus einer Studie hervor, die die Deutsche Umwelthilfe (DUH) am Mittwoch veröffentlicht hat. „Es ist ein Skandal, dass aus Biogasanlagen weitgehend unkontrolliert gigantische Mengen Methan entweichen, was Klima, Umwelt und unsere Gesundheit belastet“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch.

Deutschland ist der größte Biogasproduzent weltweit. Fast die Hälfte der EU-Biogasproduktion stammt aus der Bundesrepublik. Methan ist nach CO2 das zweitwichtigste Treibhausgas und etwa für 30 Prozent der Erderwärmung verantwortlich. Es ist noch deutlich klimaschädlicher als CO₂, aber in geringeren Mengen in der Atmosphäre und baut sich schneller ab.

Auf 20 Jahre gerechnet entsprechen die 370.000 Tonnen Methan 31,8 Millionen Tonnen CO₂. Das sind mehr als die jährlichen Treibhausgasemissionen kleiner EU-Staaten wie Malta.

Die Studie misst sowohl die Gesamtemissionen ganzer Anlagen als auch einzelne Emissionsquellen. Die meisten Leckagen entstünden bei Blockheizkraftwerken und Gärrestlagern. „Dabei lassen sich die Leckagen kostengünstig reduzieren, denn jede Tonne Biogas, die nicht in die Atmosphäre entweicht, bedeutet mehr Energieproduktion und Gewinn für die Betreiber“, so Resch.

Würden die Anlagen regelmäßig untersucht und gewartet, sodass „Super-Emittenten“ unter ihnen schnell identifiziert und die undichten Stellen frühzeitig repariert werden könnten, hätte das einen deutlichen Klimaeffekt. Laut Studie könnten die fraglichen Methan-Emissionen dann um bis zu 62 Prozent sinken.

DUH fordert Methanobergrenze

Die DUH schlägt daher vor, eine Obergrenze von 1 Prozent Methanverlust über den gesamten Produktionsprozess der jeweiligen Anlage einzuführen. Sie fordert zudem die konsequente Umsetzung bestehender Standards für Bau, Betrieb und Kontrolle von Biogasanlagen und die Einführung verbindlicher, regelmäßiger Leckage-Kontrollen durch unabhängige Dritte. Diese sollen direkt an die Behörden und öffentlich zugänglich berichten.

Der Fachverband Biogas hat Nachfragen der taz bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.

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18 Kommentare

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  • Das Leck-Problem lässt sich einfach durch verschärfte Kontrollen lösen. Andere Problem sind nicht so einfach in den Griff zu bekommen.



    Eigentlich ist das gesamte System "Biogas" ziemlich defekt organisiert. Allein der Anbau von Energiepflanzen bedeutet einen enormen Flächenverbrauch. Die Effizienz auf dem Weg Sonnenlicht -> Pflanze -> Biogas -> Strom liegt deutlich unter einem Prozent. Zum Vergleich: Heutige Solarzellen verwerten Sonnenlicht zu 22-24 %.



    Hinzu kommt, das Biogas üblicherweise vor Ort 24/7 verstromt wird. Das passiert auch dann, wenn ohnehin schon zu viel Wind- oder Sonnenstrom im Netz ist. Und die Vergütung von 20 Cent/kWh zahlen wir alle mit.



    Wenn schon Biogas produziert wird, sollte es Erdgas ersetzen. D.H. Einspeisung in das Gasnetz und auch Einspeicherung für den Winter. Die derzeitige Biogasproduktion wäre in der rechnerisch in der Lage, 2-3 Wochen Dunkelflaute zu überbrücken.

  • Ohne Biogasanlagen würden verrottende Pflanzen, Gülle und andere organischen Abfälle das Methan komplett in die Atmosphäre abgeben.

    • @Knuty:

      An der Erdoberfläche verrottende Pflanzen geben durch Umwandlung des enthaltenen Kohlenstoffes mit Luftsauerstoff Kohlenstoffdioxid ab und nicht Methan.



      Die Zersetzung von Pflanzen unter der Erdoberfläche erfolgt in der Regel durch Bodenbakterien und führt zur Bildung von Humus. Hier ist der Kohlenstoff dauerhaft gebunden und belastet nicht die Atmosphäre, bewirkt also keine Klimaänderung.



      Beide Prozesse bilden den natürlichen Stoffkreislauf, der seit 2,5 Milliarden Jahren ganz ohne menschliches Zutun abläuft und der auch noch weitergehen wird, wenn die Erde die Existenz der Menschheit in ferner Zukunft längst vergessen und ihre Spuren vollständig beseitigt haben wird.

      • @trafo-yeti:

        "... verrottende Pflanzen geben durch Umwandlung des enthaltenen Kohlenstoffes mit Luftsauerstoff Kohlenstoffdioxid ab und nicht Methan."

        Es gibt keine natürlichen Methanemissionen?

        "Die Zersetzung von Pflanzen unter der Erdoberfläche erfolgt in der Regel durch Bodenbakterien und führt zur Bildung von Humus. Hier ist der Kohlenstoff dauerhaft gebunden ..."

        Bakterien verstoffwecheln keinen Sauerstoff und emittieren deshalb auch kein CO2?

  • Für einen unbefangenen Leser auch ohne besondere Fachkenntnisse der Materie ist die Einseitigkeit der DUH-Veröffentlichung mit den Händen zu greifen.



    Meine Frage daher an die taz:



    Wo war das pflichtschuldige Bemühen der Redaktion um journalistische Neutralität, angesichts der Tatsache, dass die Veröffentlichung der angekündigten Gegenposition des Fachverbandes Biogas, die sich mit dem Redaktionsschluss allenfalls um wenige Stunden überschnitten hat?



    Mit anderen Worten:



    War die Veröffentlichung des Berichtes über die DUH-Studie wirklich so brennend aktuell, dass der zugehörige Bericht nicht im Sinne der Integration der Gegenposition einen Tag hätte warten können?

  • Hilfreich wäre ein Vergleich mit den Leckagen in der Erdgas-Industrie.

    taz.de/Messungen-d...elthilfe/!6093093/

    In diesem Artikel werden aber leider keine Zahlen genannt.

    • @R R:

      So was muss man oft selbst rechnen. Als die Diskussion über e-Fuels aufkam, hat es auch ewig gedauert, bis der Strombedarf so einigermaßen klar war. Ich bin damals auf einen Faktor von mindestens fünf gegenüber e-Autos gekommen. Allgemeiner Konsens heute ist aber eine noch üblere sechs.



      Heute geht das mit KI einfacher. Man wirft die relevanten Textbschnitte hinein und stellt die richtigen Fragen. Aber Vorsicht: Einheiten beherrscht KI oft nicht gut. Ich vermute das liegt daran, dass sie mit zu vielen Texten aus der Inch-Welt trainiert wird.

  • Wichtiger noch als die Methanemission ist die von Kohlendioxid. Für die Energieproduktion werden größere Anteile der Pflanze verwendet als für Lebensmittel. Die Bilanz ist dort tatsächlich leicht positiv, es steckt mehr Energie in der Pflanze, als beim Anbau fossil aufgewendet wurde. Mehr ja, aber nur wenig mehr. 80 bis 90 % der "emissionsfreien" Energie wurden vorher an anderer Stelle zusätzlich verbraucht, nur ein Zehntel bis ein Fünftel bleibt netto übrig.



    Daneben sind Maismonokulturen ohne Grenzwerte für Düngung und Pflanzenschutz, da keine Lebensmittel, so ziemlich das schädigendste, das man dem Boden antun kann. Die weltweite Bodenzerstörung dürfte unser wichtigstes und schwerstwiegendes derzeitiges Umwelt- und Zukunftsproblem bilden.

    • @Axel Berger:

      Woher haben Sie die 80 bis 90 %? Haben Sie eine Quelle?



      Klar brauchen mindestens Traktor und Erntemaschine Diesel. Dazu kommt der Verbrauch von Erdgas für die Produktion von Stickstoffdünger, die Produktionskette für Saatgut, u.s.w.



      Den Maisanbau halte ich auch für eine Katastrophe. Und von dem Hoffnungsträger Chinagras hör und sieht man nicht viel...

      • @Jörg Schubert:

        Keine aktuelle. Anfangs stand der Vorwurf im Raum, "Bioenergie" sei ein Verlustgeschäft. Dann wurde glaubhaft vorgerechnet, das sei keineswegs der Fall. Von damals habe ich noch die Größenordnung der Zahlen im Kopf.



        Das gilt natürlich nur für den hochsubventionierten Energiepflanzenanbau. Die Umwandlung teils recht problematischer Reststoffe in hochwertigen Dünger mit Biogas als Nebenprodukt ist eine hervorragende Sache. Sie stellt aber nur einen kleinen Anteil und wurde durch die Subventionen völlig pervertiert.

  • Ähnliches Problem ja auch beim Erdgas, so dass es sogar fraglich ist ob der deutsche Umstieg von Steinkohle auf Erdgas in der Stromerzeugung tatsächlich eine Klimaschutzwirkung hat.

    • @Descartes:

      Es geht noch einfacher. Fragen sie ChatGPT:



      "Vergleiche die die CO2 Emissionen bei Herstellung von elektrischem Strom aus Erdgas und aus Kohle!"



      Und wenn Sie es nicht glauben, fragen Sie weiter. Ich bin sicher, Sie bekommen die KI dazu, eine Antwort zu finden, die Ihnen gefällt. Das ist nicht schwer ;-).

    • @Descartes:

      Das lässt sich durch Atome zählen schon fast beantworten.



      Methan: 4*Wasserstoff + 1*Kohlenstoff



      Kohle: Nur Kohlenstoff



      Der Rest steht im Chemiebuch für die 10te Klasse.

      Hinzu kommen Mengen an anderen verschmutzenden Stoffen - ganz besonders bei Braunkohle.

  • Stellungnahme des Fachverbandes Biogas zur heute veröffentlichten Studie der DUH "Methan-Leckagen in deutschen Biogasanlagen"



    www.biogas.org/mel...chen-biogasanlagen

  • Die Vermeidung von Leckagen macht sicher Sinn.

    Wieso vergleicht man aber 20 Jahre Emissionen mit der Jahresemission eines Kleinstaats? Neutral geht anders.

    Die Reiszucht für den Reiskonsum in Deutschland (ca. 581 000 Tonnen pro Jahr) produziert in 20 Jahren 34 Mio CO₂-Äquivalent. Esst keinen Reis ...

    • @Monika Dietrich:

      Richtig! Neutral geht anders und das eigentliche Problem ist auch ganz woanders.



      Vorschlag: Mal ChatGPT fragen:



      "Du bist jetzt Spezialist für die Herstellung und Verwendung von Biogas. Wie viel fossile Energie wird benötigt, um Energiepflanzen anzubauen?"

      Nächste Frage:



      "Ich verwende fossile Energie mit 1 kWh Brennwert. Damit baue ich Mais zur Herstellung von Biogas an. Das Biogas wird in einem BHKW verstromt. Wieviel Strom kann ich gewinnen?"

      Und bei der Antwort auf diese Frage fällt man dann vollständig aus der Biogaswolke:



      "Wie hoch ist der Flächenbedarf zur Herstellung von 1kWh Strom mit Solarzellen im Vergleich zur Herstellung mit Biogas?"

    • @Monika Dietrich:

      Der Reis wird aber wenigstens noch von Mensch und Tier gegessen.

      Bei uns wird hauptsächlich 'Energiemais' zur Energiegewinnung in Biogasanlagen genutzt und nicht 'Pflanzen, Biomüll oder Gülle', wie man den Bürgern immer weismachen möchte. In der Welt hungern immer mehr Menschen, aber in den reichen Industriestaaten baut man schon 'Energiemais' an, damit der Wahnsinn des klimaschädlichen Wirtschaftswachstum weitergehen kann. Dreiunddreißig (33%) Prozent des gesamten Maisanbaus in Deutschland ist 'Energiemais'. Durch die stark gehäuften Regen-Unwetter in Deutschland wurden übrigens schon Stimmen von Fachleuten laut, die dem verstärkten Maisanbau ('Energiemais') eine Schuld zuwiesen, da hierdurch die Aufnahmefähigkeit des Bodens für Wasser reduziert ist. Und jetzt kommt noch hinzu, dass Biogasanlagen Methan emittieren. Methan ist etwa 25 bis 30 Mal klimaschädlicher als dasselbe Maß an CO2.

      So schaut sie aus, die Verrücktheit der reichen Industriestaaten, denn Mais der ausschließlich zur Energiegewinnung angepflanzt wird (und auch um das klimaschädliche Wirtschaftswachstum noch mehr zu fördern), obwohl in anderen Ländern Menschen schon verhungern, ist wohl kaum noch zu toppen.

    • @Monika Dietrich:

      👍👍