Videoüberwachung in Berlin: Polizei darf mehr beobachten
Rot-rot-grüne Regierung verständigt sich auf mehr temporäre Überwachung bei Großveranstaltungen und an Kriminalitätsschwerpunkten.
Er sei mit dem Ergebnis der Senatsklausur „sehr zufrieden“, hatte der Regierende Bürgermeister Müller (SPD) Anfang der Woche gesagt. Insbesondere auch was die Videoüberwachung betreffe, „weil es deutlich mehr ist, als ich erhofft habe“.
Nach dem Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz hatten sich Linke und Grüne noch gegen eine Ausweitung von Videoüberwachung ausgesprochen. Nun hat sich der rot-rot-grüne Senat darauf verständigt, bei Großveranstaltungen und an Kriminalitätsschwerpunkten Videotechnik einzusetzen.
Dem Vernehmen nach wurde bei der Senatsklausur hart um eine von den Sozialdemokraten geforderte Ausweitung der Überwachung gerungen. Herausgekommen ist nun offenbar ein Kompromiss, mit dem auch Linke und Grüne leben können. Bisher war Videoüberwachung im öffentlichen Raum auf gezielte Objekte wie Gotteshäuser und Religionsstätten, bestimmte Denkmäler, Bahnanlagen und Bereiche des öffentlichen Nahverkehrs beschränkt. Nun kann die Polizei von Fall zu Fall auch bei Großveranstaltungen und auf öffentlichen Plätzen zeitlich begrenzt Kameras einsetzen. Das alles soll auf Grundlage des vorhandenen Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog) – also ohne Gesetzesänderung – geschehen.
Am Dienstag in der RBB-Abendschau hatte Innensenator Andreas Geisel (SPD) das Vorhaben erstmals öffentlich präzisiert. Es gehe um eine temporäre, anlassbezogene, gezielte Überwachung. Voraussetzung sei, dass sich der erhärtete Verdacht ergebe, dass Straftaten begangen würden – „und das ist am Kotti (Kottbusser Tor d. Red. ) und am Alexanderplatz der Fall“.
Zum Einsatz kommen sollen laut Geisel mobile Kameras. Eine flächendeckende, dauerhafte Überwachung sei nicht geplant und mache auch keinen Sinn. Es sei auch auf die Bürgerrechte zu achten und eine Flut von Daten helfe auch nicht weiter. „Wir wollen gezielt Kameras da einsetzen, wo sie für Sicherheit sorgen können“, so Geisel.
Rechtsgrundlage für die Pläne ist der Paragraf 24 Asog. Der besagt, dass die Polizei im Zusammenhang mit öffentlichen, nicht dem Versammlungsgesetz unterliegenden Veranstaltungen personenbezogene Daten durch Bild- und Tonaufzeichnungen erheben kann, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten begangen werden.
Linke und Grüne erklärten am Donnerstag auf taz-Nachfrage unisono: „Wir sehen das Ganze gelassen.“ Der Paragraf 24 Asog sei in der Vergangenheit zwar kaum angewendet worden, sagte Niklas Schrader, Innenpolitiker der Linken. „Der Innensenator kann ihn aber anwenden, das ist klar.“
Der innenpolitische Sprecher der Grünen Benedikt Lux vertrat die Auffassung, dass Geisel Alexanderplatz und Kotti lediglich als Beispiele für Möglichkeiten genannt habe. Solange von der Technik anlassbezogen und temporär Gebrauch gemacht würde, sei das für die Grünen kein Reizthema. Dass daraus Konflikte in der Koalition erwachsen, sahen am Donnerstag weder Lux noch Schrader. Man werde sich Geisels Gesamtkonzept angucken. „Zudem“, so Lux, sind wir dauerhaft im Gespräch“.
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