Verzicht auf Atomtransporte: Hamburger Hafen wird atomfrei

Zwei Hafenunternehmen verzichten freiwillig auf weitere Atomtransporte durch den Hamburger Hafen. Rot-Grün feiert das als Zeichen des Atomausstiegs.

Löschboote löschen nachts einen Brand auf einem Containerschiff.

Knapp an der Katastrophe vorbei: Der brennende Uranfrachter „Atlantic“ im Mai 2013 Foto: dpa

HAMBURG taz | Hamburgs Hafen ist künftig atomfrei. „Es gibt keinen Umschlag von Kernbrennstoffen wie Uran und Plutonium mehr“, erklärte am Dienstag Susanne Meinecke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde.

Die beiden Hafenunternehmen Eurogate und C. Steinweg hätten sich „nach einem konstruktiven Dialog“ mit der Wirtschaftsbehörde verpflichtet, auf solche Transporte freiwillig zu verzichten. Voriges Jahr hatten sich bereits die Terminalbetreiber Hapag-Lloyd und Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) dazu bereit erklärt. „Es werden keine Schiffe mehr abgefertigt, die Kernbrennstoffe geladen haben“, versichert Meinecke. Minder radioaktive Abfälle, vor allem aus der Medizin- und Röntgentechnik, würden aber weiterhin umgeschlagen.

„Atomenergie ist von gestern“, freut sich der SPD-Hafenpolitiker Joachim Seeler. „Atombrennstäbe haben nichts im Herzen einer Großstadt zu suchen“, kommentiert sein grüner Kollege Dominik Lorenzen: „Es hat sich gelohnt, dass wir so hartnäckig geblieben sind.“

Die Grünen hatten 2015 in den rot-grünen Koalitionsvertrag den Verzicht auf den Umschlag atomarer Stoffe hineinverhandelt. Ein Verbot war nicht durchsetzbar gewesen, weil vor allem die SPD Konflikte mit dem übergeordneten Bundesrecht befürchtete. Der Verzicht der Hafenunternehmen mache aber deutlich, so der grüne Fraktionschef Anjes Tjarks, „dass Hamburg es ernst meint mit dem Atomausstieg“.

Die Zahl der Atomtransporte im Hamburger Hafen ist seit Jahren in etwa konstant.

2018 wurden 179 Transporte gezählt. Das antwortete der Senat Ende Januar auf eine Schriftliche Anfrage der Linksfraktion in der Bürgerschaft.

Davon enthielten 80 Transporte Brennstoffe für deutsche und andere europäische Atomkraftwerke, 99 enthielten sonstige radioaktive Materialien.

Gefährlichster Zwischenfall war bislang der Brand des Frachters „Atlantic Cartier“ am 1. Mai 2013. An Bord waren neun Tonnen Uranhexafluorid, elf Tonnen angereichertes Uranoxid und eine unbekannte Anzahl unbestrahlter Brennelemente für AKWs. Zudem enthielt die Ladung Munition und hochexplosives Ethanol.

Noch im Januar hatte der Senat auf eine Schriftliche Anfrage der Linksfraktion eingeräumt, dass sich die Zahl der Atomtransporte durch den Hafen im Jahr 2018 trotz der freiwilligen Selbstverpflichtungen von Hapag-Lloyd und HHLA keineswegs verringert habe. Wie im Jahr zuvor hatten fast 180 Atomtransporte die Stadt passiert (siehe Kasten).

Obwohl die drei norddeutschen Atommeiler in Stade, Brunsbüttel und Krümmel längst stillgelegt sind, blieb Hamburg ein wichtiger Umschlags- und Durchfahrtsort für Atomtransporte. Auch 2018 sei der Hafen „eine internationale Drehscheibe für die Ver- und Entsorgung von Atomkraftwerken“ gewesen, klagte der linke Hafenpolitiker Norbert Hackbusch.

Ein Wendepunkt in der Beurteilung solcher Transporte war der Brand auf dem Frachter „Atlantic Cartier“ am 1. Mai 2013. Während auf einer Halbinsel der Hafencity an der Norder­elbe 50.000 Menschen die Eröffnung des Deutschen Evangelischen Kirchentages feierten, schlugen 300 Meter entfernt am anderen Ufer Flammen aus dem mit radioaktivem und explosivem Material beladenen Frachter. Nur das rasche Eingreifen der Feuerwehr verhinderte damals eine Katastrophe mitten in der Stadt.

Als „wichtigen Schritt für eine nachhaltigere Politik im Hafen“ bewertet auch der linke Umweltpolitiker Stephan Jersch die Verzichtserklärung von Eurogate und C.Steinweg. Zugleich aber fordert er, durch eine förmliche Entwidmung des Hafens von Atombrennstoffen die Freiwilligkeit verbindlich zu machen: „Erst dann wird der Hafen sicherer sein und Hamburg kann ruhiger schlafen.“

Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch moniert, dass Uranerze weiterhin umgeschlagen würden. Angereichert kämen auch diese in Atommeilern zum Einsatz. „Als konsequentes Signal muss also auch der Transport von Uranerzen auf die Schwarze Liste, doch hier will der Senat offensichtlich nicht ran“, so Braasch.

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