Vertuschung sexualisierter Gewalt: Druck auf Erzbischof wächst
Hamburgs katholischer Erzischof Heße versichert, er wolle vollständig aufklären, ob und was er mit der Vertuschung von Missbrauch zu tun hatte.
Die Notiz tauchte im Zusammenhang mit einer Untersuchung zu sexualisierter Gewalt in der Kirche auf, die der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bei einer Münchner Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben hat und die ursprünglich im März hätte veröffentlicht werden sollen.
Demnach hat sich im Jahr 2010 ein heute 69-jähriger Priester im Kölner Erzbistum an seine Vorgensetzen gewandt. Er gestand, 1995 zwei Nichten sexuell misshandelt zu haben. Stefan Heße war zur Zeit des Geständnisses Personalverantwortlicher in Köln.
Heßes Sekretärin fertigte dazu folgenden Vermerk an: „Aus einer Gesprächsnotiz über ein Telefongespräch geht hervor, dass Pfarrer U. im Generalvikariat in einem Gespräch alles erzählt hatte. Es sollte über dieses Gespräch jedoch bewusst kein Protokoll angefertigt werden, weil befürchtet wurde, dass dies dann beschlagnahmefähig wäre. Aus diesem Grund sollten nur handschriftliche Notizen existieren, die notfalls vernichtet werden könnten. Herr Prälat Dr. Heße gibt zu diesem Vorgehen sein Einverständnis.“
Heikle Fragen aufgeworfen
Heße räumt ein, dass der Vermerk einige Fragen aufwerfe. Allerdings gehe es dabei nicht um „etwas, was ich gesagt habe, auch nicht etwas, was mir gesagt wurde, sondern etwas, das aufgeschrieben worden und mir vorgelegt worden ist“, sagt der Erzbischof.
Heße hatte zunächst bestritten, dass er sein Okay gegeben haben sollte: „Ich schließe für mich aus, einem Vorgehen zugestimmt zu haben, bei dem in Fällen sexuellen Missbrauchs von Gesprächsinhalten keine Protokolle angelegt oder gar Protokolle, Akten oder Gesprächsnotizen im Zweifel vernichtet werden sollen.“
Jetzt versichert der Erzbischof, er sei an einer vollständigen Aufklärung interessiert. „Dazu braucht es auch andere Beteiligte, die sagen, was sie diktiert, geschrieben und was sie damit gemeint haben“, teilte Heße mit.
Matthias Katsch von der Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ sagte in der vergangenen Woche der Augsburger Allgemeinen: „Für mich kann Erzbischof Stefan Heße sein Amt nicht mehr glaubwürdig ausfüllen – weder im Umgang mit den Betroffenen noch mit Blick auf die Aufarbeitung. Ich denke, dass er über kurz oder lang zurücktreten wird müssen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu