Verteidigungspolitik der Grünen-Spitze: Angriffsfläche für links
Finden die Grünen neuerdings die Bombe gut? Äußerungen ihrer Vorsitzenden suggerieren das. Bei genauerer Betrachtung sieht die Sache etwas anders aus.
V on links stehen die Grünen in dieser Woche unter Dauerfeuer. Am Montag hatte Grünen-Chefin Annalena Baerbock der Süddeutschen Zeitung pünktlich zum Nato-Außenministergipfel die Grundzüge einer Verteidigungspolitik skizziert, mit denen sie im Jahr 2021 gerne in eine Bundesregierung gehen würde. Die Linkspartei reagierte mit zig Pressemitteilungen, Tweets und Posts, in denen sie der Grünen wahlweise Kriegstreiberei, Daueraufrüstung oder Regierungsgeilheit vorwarf.
Ganz fair ist das nicht: Die sicherheitspolitischen Konzepte der Grünen sind differenzierter, als ihnen von links vorgeworfen wird. Um entscheidende Detailfragen drücken sie sich bisher aber sowohl in Interviews als auch im neuen Grundsatzprogramm. Sie bleiben „im Ungefähren“, wie Die Welt am Dienstag richtigerweise schreibt.
Da ist erstens die Frage nach Auslandseinsätzen: Mit UN-Mandaten seien sie grundsätzlich okay, ohne UN-Mandat im Falle von Genoziden manchmal auch. Neu ist das nicht, schon dem Kosovokrieg stimmten die Grünen auch ohne Mandat zu. Spannender wäre eine andere Frage: Wie sieht der Kriterienkatalog aus, mit dem die Grünen im Ernstfall konkret über neue Kriegseinsätze entscheiden?
Da ist zweitens die Frage nach den Militärausgaben: Das 2-Prozent-Ziel der Nato ist zu theoretisch, sagt Baerbock. An manchen Stellen wolle sie mehr Geld in die Bundeswehr stecken, an anderen weniger. Aber was heißt das in konkreten Zahlen? Und wie viel Priorität hat der Wehretat am Ende in Konkurrenz zu Klima- und Sozialpolitik?
Die Frage nach der Bombe
Und drittens ist da die Frage nach den US-Atombomben, die in Deutschland lagern. Sie sollen zügig weg, heißt es im Grundsatzprogramm. Man könne sie aber nicht mal eben so in die USA zurückschicken, sagt Baerbock. Was dann? Welche ersten Schritte wollen die Grünen in Koalitionsgesprächen denn durchsetzen?
Klar: Ein Grundsatzprogramm muss nicht alle Antworten liefern. Spätestens im Wahlprogramm sollten aber Details folgen. Sonst bleibt Interpretationsspielraum – und Angriffsfläche.
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