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Verstaatlichung von AKWsWer hat mit wem gesprochen?

Die SPD-geführten Ministerien für Wirtschaft und Umwelt bestreiten Gespräche mit Stromkonzernen. Merkels Sprecher hingegen nicht.

Auch das niedersächsische AKW Grohnde würden die Betreiber gern loswerden, bevor der teure Abriss kommt Bild: dpa

BERLIN taz | Haben die Energiekonzerne mit der Bundesregierung bereits Gespräche über ihren Plan geführt, ihre Atomkraftwerke in eine bundeseigene Stiftung zu überführen? Dazu gab es am Montag widersprüchliche Angaben. Die SprecherInnen von Umwelt- und Wirtschaftsministerium – beide SPD-geführt – bestritten dies ausdrücklich. Steffen Seibert, Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), erklärte hingegen nur, es habe zu dieser Frage „weder Verhandlungen noch Beschlüsse“ gegeben. Auf Nachfrage sagte er, das Dementi beziehe sich ausdrücklich nicht auf „Gespräche“.

Der Spiegel hatte am Montag von Plänen der Energiekonzerne Eon, RWE und EnBW berichtet, ihre Atomkraftwerke zusammen mit den Rückstellungen für Rückbau und Entsorgung an eine bundeseigene Stiftung zu übertragen; im Gegenzug wären sie bereit, einige Klagen gegen den Atomausstieg und die Brennelementesteuer zurückzuziehen.

Während SPD, Grüne und Linke ablehnend bis empört auf den Vorschlag reagierten, gab es aus der Union am Montag unterschiedliche Signale. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier zeigte sich offen für Verhandlungen über den Plan. „Natürlich muss etwas passieren“, sagte er am Rande der Präsidiumssitzung der Partei. „Wir können nicht warten, bis die Unternehmen am Ende pleite sind.“ CDU-Generalsekretär Peter Tauber machte hingegen klar, dass die Unternehmen nicht aus der Verantwortung für ihre Kraftwerke entlassen werden dürfen.

Unterstützung für die eine Hälfte

Die Debatte ist teilweise verwirrend. Denn die eine Hälfte des Vorschlags – die Überführung der Rückstellungen in einen staatlich kontrollierten Fonds – wird von SPD, Grünen und Umweltverbänden seit Jahren gefordert. So soll sichergestellt werden, dass diese Gelder – derzeit rund 36 Milliarden Euro – nicht durch Insolvenzen von Energiekonzernen geschmälert werden können. Diese Idee koppeln die Betreiber nun mit dem – für die Regierung wohl unakzeptablen – Plan, im Gegenzug von allen Ausstiegs- und Endlagerungskosten befreit zu werden, auch wenn diese real viel höher sein sollten als die bisher gebildeten Rücklagen. Möglicherweise dient der Vorstoß lediglich dazu, die Fonds-Pläne insgesamt zu verhindern.

Dies darf nach Ansicht der Grünen keinesfalls passieren. Sie halten an der Forderung nach einem Fonds fest, wollen die AKW-Betreiber im Gegenzug keinesfalls aus der finanziellen Verantwortung entlassen. „Der dreiste Vorstoß hat auch sein Gutes“, sagt die atompolitische Sprecherin Sylvia Kotting-Uhl. „Erstmals beweisen die Konzerne damit selbst, dass bei der Insolvenzsicherung der Rückstellungen Handlungsbedarf besteht."

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6 Kommentare

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  • Hier zeigt das Großkapital wieder sein wahres Gesicht. Solange man Geld scheffeln kann hat der Staat sich nicht einzumischen, wenn das eigene Geschäftsmodell dann unvorhersehbare Kosten beschert, ist man plötzlich auf dem sozialistischen Trip.

    Offensichtlich das aller Letzte was hier versucht wird...

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Ich habe den Spiegelbeitrag am Sonntag gelesen. Direkt im Anschluss war mir klar, wo die ganz faule Stelle liegt. Wer in der Regierung hat eigentlich zugestimmt, daß die Energieversorger lediglich 36 Milliarden beiseite legen müssen, und das noch nicht einmal unantastbar oder insolvenzsicher? Das konnte man doch wissen, daß dafür warscheinlich das 10-fache nötig sein wird, wenns reicht. Gibt es in der Merkelregierung eigentlich nur noch Lobbyisten oder Pflaumenköpfe. Auf TTIP und NSA-Affäre könnt Ihr Euch mit dieser Regierung und der SPD freuen.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Nicht lange fackeln und Brief an die Kanzlerin losschicken!

     

    Mehr unter www.duh.de

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @571 (Profil gelöscht):

      An Klausk

      Merkel hat das ausgehandelt, und klärt die NSA-Affäre nicht auf und mauschelt beim TTIP. Was wollen Sie der denn schreiben? Der können Sie schreiben, daß heute ein schöner Tag ist

  • Siehste "GroKo"!!!

    Jetzt kommt geschickte Dialektik und geschickte Rhetorik, dann folgt möglicherweise knallharte Polemik, je nach Emotion und Temperament.

     

    Ich erlaube mir auch emotional und temperamentvoll zu schreiben und bitte um Nachsicht:

     

    Hier läuft eine sehr raffinierte, aber im Grunde sehr hundsgemeine Sauerei ab!

     

    Eine bundeseigene Stiftung - wie für staatliche Museen, Schlösser und Gärten!

     

    Solch ein deutsches Stiftungsgesetz ist doch prima. Der Staat nicht mehr eine "Deutschland AG" oder GmbH, sondern bald nur noch eine einzige Stiftung!

  • Wenn die Kosten des Rückbaus und der Lagerung (von Endlagerung kann derzeit ja überhaupt noch keine Rede sein) im gleichen Maße steigen, wie die Kosten öffentlicher Großprojekte (Elbphilharmonie, Flughafen BER etc.) käme das einer unvertretbaren einseitigen Vergünstigung der Betreiber gleich. Man könnte auch von vorgezogenen bzw. nachgelagerten verdeckten Subventionen sprechen, womit man auch gegen EU-Recht verstoßen würde. Im hiesigen Strafrecht nennt man das dann wohl einerseits Untreue und andererseits Subventionsbetrug. Bin mal gespannt, ob sich diese Regierung überhaupt noch an Gesetze halten, oder - wie es Frau Merkel einmal formulierte - einfach "durchregieren" will. Ist Merkel schon das Gesetz, oder kennt Sie noch Parteien?