Verstaatlichung in Russland: Die großen Geschütze
Viele ausländische Unternehmen haben den Betrieb in Russland eingestellt. Moskau bereitet jetzt Schritte vor, sie zu enteignen.
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Nur wenige Tage nach Turtschaks Vorstoß wird das Vorhaben konkreter: Wie die russische Zeitung Kommersant berichtet, hat eine Regierungskommission nun einen Gesetzentwurf der Regierungspartei gebilligt, der als Nächstes im Parlament verhandelt werden muss. Der Vorschlag sieht vor, dass ein Gericht über die Einsetzung eines „externen Managements“ entscheidet, wenn ausländische Unternehmen ihre Produktion in Russland einstellen. Ausländische Eigentümer hätten danach fünf Tage Zeit, die Tätigkeit in Russland wieder aufzunehmen – oder ihre Anteile zu verkaufen. Andernfalls werde für drei Monate eine Verwaltung eingesetzt und das Unternehmen danach versteigert.
Bislang hat nur die Mercedes-Benz-Gruppe angekündigt, ihre 15-prozentige Beteiligung am russischen Lkw-Hersteller Kamaz abstoßen zu wollen. Alle anderen großen Unternehmen haben die Produktion auf Eis gelegt. Auch sie wären von den Enteignungen betroffen. Keines der Unternehmen wollte sich auf die Anfrage der taz äußern, ob es in einem solchen Fall den Betrieb wieder aufnehmen würde.
Christiane Schuchert, die Regionaldirektorin Russland des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, gibt aber zu bedenken, dass eine Verstaatlichung Russland keine Probleme löse, sondern neue schaffe: „Aktuell liegt die Produktion vor allem still, weil Teile fehlen.“ Bei einer Enteignung würden zusätzlich „das Management und die Technologie“ fehlen.
Die etwa 3.500 deutschen Unternehmen in Russland beschäftigen mehr als 200.000 Mitarbeiter*innen. Die angedrohten Enteignungen könnten bis zu 25 Milliarden Euro Investitionsvolumen betreffen.
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