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Versandhandel AmazonAdvent, Advent, ein Streik steht an

Die Amazon-Beschäftigten in Deutschland fordern einen Tarifvertrag. Als Druckmittel kündigt Verdi an, die Weihnachtspakete liegenzulassen.

Findet es den Weg zu seinem Besteller? Bild: dpa

BAD HERSFELD/LEIPZIG dpa | Unterm Weihnachtsbaum könnten diesmal manche Geschenke fehlen: Die Gewerkschaft Verdi hat wieder Streiks beim US-Versandhändler Amazon angekündigt. „Hundertprozentig legen wir über Advent die Arbeit nieder“, sagte der Verdi-Vertreter bei dem Online-Versandhändler in Bad Hersfeld, Heiner Reimann, dem Nachrichtenmagazin Focus. Neben dem Standort Bad Hersfeld gelte das auch für die Niederlassung in Leipzig. „Ziel ist natürlich, dass Weihnachtspakete liegen bleiben“, betonte Reimann. „Am liebsten würden die Leute durchgehend bis Heiligabend streiken.“

Seit Monaten organisiert Verdi einen Arbeitskampf, um einen Tarifvertrag mit dem Versandhändler zu erzwingen. Nach Schätzung des Verdi-Verhandlungsführers in Leipzig, Jörg Lauenroth-Mago, verlassen täglich mehrere zehntausend Pakete das dortige Logistikzentrum. Verdi will für die bundesweit rund 9.000 Amazon-Beschäftigten in den neun deutschen Versandzentren einen Tarifvertrag auf dem Niveau des Versand- und Einzelhandels aushandeln.

Amazon Deutschland reagierte laut Focus gelassen auf die neuen Streikankündigungen. Das Unternehmen sei „gut vorbereitet“. Bisher orientiert sich Amazon an den weniger günstigen Konditionen der Logistikbranche. Kürzlich hieß es in einer Mitteilung: „Mitarbeiter der deutschen Amazon-Logistikzentren liegen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikindustrie üblich ist.“

Am Wochenende nahm auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer wöchentlichen Internet-Videobotschaft zum Online-Handel Stellung. Sie appellierte an die Anbieter, vertretbare Arbeitsbedingungen zu schaffen, die für die Beschäftigten akzeptabel seien. Merkel sprach sich dafür aus, dass möglichst viele Beschäftigte in der Branche nach Tarifverträgen bezahlt werden.

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7 Kommentare

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  • B
    Bastler4711

    Versucht Brsirske einen Aufsichtsratposten für sich selber zu ergattern?

    Tja, traurig, aber so geht Gewerkschaft heute.

  • O
    olli37

    1. Amazon hat seit der Gründung Ende der 90iger Jahre noch keinen einzigen Dollar Gewinn gemacht.

    2. Soll Verdi ruhig streiten, Amazon plant in Polen bereits Logistikzentren, die auch an deutsche Kunden liefern werden.

     

    Dann hat die Gewerkschaft genau denselben Erfolg, wie bei Schlecker!

  • Die Bezahlung selbst muss gesellschaftlich ausgemacht werden: Ich finde knapp 10€ für eine ungelernte Tätigkeit mit einfachstem Anforderungsprofil (die Maschine gibt ja schon alles vor, die Picker laufen wirklich nur rum und holen die Pakete aus den Regalen) durchaus nicht unangemessen. Und ja, man muss als Lagerarbeiter bei Amazon viel laufen und den ganzen Tag stehen: Das müssen aber bspws auch Paketboten, Müllmänner, Krankenschwestern und Altenpfleger und diese werden stellenweise noch schlechter bezahlt.

     

    Meine Kritik ist übrigens unabhängig davon, dass es natürlich Missstände gibt: Amazon nutzt wie viele andere alle möglichen legalen Steuertricks, um die Steuerlast zu drücken (hier wäre es aber an der Politik, diese Lücken endlich mal zu schließen).

  • @Jens Brehl: Das ist in der Tat falsch. Letztes Quartal hat Amazon beispielsweise knapp 41 Millionen Dollar Verlust gemacht und so sieht es fast durchgehend aus - Das liegt natürlich nicht daran, dass Amazon so arm wäre, sondern dass sie einfach ungewöhnlich viel Geld investieren. Aber fairerweise muss man das auch mal sagen, dass Amazon nicht auf einem Berg Geld sitzt wie beispielsweise Apple.

     

    Und das Amazon-Bashing ist ja in den Medien so beliebt und ich muss sagen, dass ich das rational wenig nachvollziehen kann. Ich bin sonst gerne auf Gewerkschaftsseite und es soll niemand denken, ich würde hier neoliberal argumentieren, aber ich finde, man muss auch mal Positionen hinterfragen, obwohl man grundsätzlich für die dahinter stehende Organisation (Verdi) ist.

     

    Fakt ist: Amazon bezahlt für den Logistiktarif sogar übertariflich. Die Argumentation von Verdi, dass es sich hier um Einzelhandel handelt, kann ich nicht nachvollziehen: Die Tätigkeit des Arbeiters im Lager entspricht doch ziemlich genau dem eines Logistikers (EinzelhändlerInnen haben ja bspws. zusätzlich eine Beratungsfunktion). Natürlich ist Amazon ein Einzelhandelsunternehmen, aber bei Lufthansa werden ja auch nicht alle nach dem Pilotentarif vergütet, bloß weil es halt eine Fluggesellschaft ist?! Die Eingruppierung muss sich doch nach der ausgeübten Tätigkeit richten?

  • G
    Gastname

    Verdi -und hier namentlich Herr Reimann- wollen Amazon.de einen Tarifvertrag für den Einzelhandel aufzwingen, Amazon.DE hingegen sieht sich (verständlicherweise) eher als Logistikunternemen denn als Einzelhändler um die Ecke.

     

    Ob hier alos ver.di oder Amazon.de unfair sind, sollte jeder Leser selbst entscheiden.

     

    Was ver.di hier macht, ist eine Erpressung um die Einstufung in einen besseren Tarifvertrag zu erzwingen.

     

    Ein Lagermitarbeiter ist aber kein Buchhändler.

     

    RED: Kommentar gekürzt.

  • Amazon macht doch genug Gewinn, um alle Mitarbeiter fair zu bezahlen - oder sehe ich das falsch?

     

    Auf Utopia.de bin ich auf einen Artikel über Alternativen zu Amazon gestoßen: http://www.utopia.de/magazin/alternativen-zu-amazon

    • M
      mindshift
      @Jens Brehl:

      Amazon macht momentan tatsächlich große Verluste. Das liegt wohl vor allem an den enormen Investitionen in neue Marktbereiche (E-Reader, Tablets, und so). Die schlechte Bezahlung der Arbeiter rechtfertigt das aber nicht.