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Verlängerung der MietpreisbremseBringt das was?

Am Donnerstag wird die Verlängerung der Mietpreisbremse im Bundestag beraten. Reformiert wird sie nicht. So funktioniert sie bisher.

Schon lange fordern die Menschen eine bessere Politik für Mie­te­r*in­nen: Demo in Berlin im Juni 2019 Foto: Emmanuele Contini/imago

Berlin taz | Verlängern ja. Verbessern nein. So in etwa lässt sich der schwarz-rote Entwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse zusammenfassen. „Wohnen darf kein Luxusgut werden“, erklärte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD), nachdem das Bundeskabinett sich Ende Mai mit dem Thema befasst hatte. Die Verlängerung sei eine „Frage der Gerechtigkeit“. Nun soll die Mietpreisbremse am Donnerstag im Bundestag in erster Lesung beraten werden.

Es ist kein Gesetzentwurf der Bundesregierung, sondern eine Formulierungshilfe. Auf dieser Grundlage sollen die Koalitionsfraktionen dann einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen. Dieses Verfahren hat die Bundesregierung gewählt, um den Gesetzgebungsprozess zu beschleunigen.

Der Entwurf sieht im Kern vor, die Mietpreisbremse um weitere vier Jahre bis Ende 2029 zu verlängern – und zwar dort, wo die „Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist“. Noch gilt die Mietpreisbremse bis Ende 2025. Würde sie nicht verlängert, träfe das „insbesondere Menschen mit niedrigem Einkommen und zunehmend auch Durchschnittsverdienerinnen und -verdiener, vor allem Familien mit Kindern“, heißt es im Entwurf.

Auch wenn die Union sich gern als Geg­ne­r*in aufspielt: Die Mietpreisbremse wurde 2015 unter einer schwarz-roten Koalition eingeführt – und es liegt jetzt wieder bei einer schwarz-roten Koalition, sie zu verlängern. Die Ampel-Vorgängerregierung wollte das zwar auch, hat es aber vor ihrem Zusammenbruch nicht erledigt.

Die Mietpreisbremse regelt bei Neuvermietungen die maximal zulässige Miethöhe. Bei Vertragsabschluss darf demnach die vereinbarte Miete höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Angewendet werden darf sie nur in angespannten Wohnungsmärkten. Welche Gebiete das umfasst, müssen die Länder festlegen. Zudem gibt es Ausnahmen bei umfassend modernisierten Wohnungen und Neubauten. Genauer gesagt: Die Mietpreisbremse gilt nicht bei Wohnungen, die erstmals nach dem 01. Oktober 2014 vermietet werden. Dadurch soll der Wohnungsneubau nicht behindert werden.

Einigkeit gibt es nicht

„Wohnungen, die vor über zehn Jahren gebaut wurden, sind keine Neubauten mehr“, kritisiert der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten und fordert, den Stichtag anzupassen. Vor kurzem sah das auch Justizministerin Hubig noch so: In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am sagte sie, sie wolle „auch Gebäude, die zwischen 2014 und 2019 gebaut wurden“, bei der Mietpreisbremse einbeziehen.

Im Entwurf steht davon allerdings nichts. Offenbar konnte die SPD sich mit Verbesserungen gegenüber der Union noch nicht durchsetzen. „Natürlich wollen wir mehr erreichen, als jetzt im Gesetzentwurf steht. Nicht jede Ausnahme der Mietpreisbremse muss bleiben“, sagte der Bundestagsabgeordnete und zuständige SPD-Berichterstatter Hakan Demir der taz.

Einigkeit jedenfalls gibt es nicht. Der baupolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, sieht die Mietpreisbremse nur als „Zwischenlösung, bis die Wohnungsmärkte sich wieder beruhigt haben“. Der Eigentümerverband Haus und Grund sieht die Verlängerung grundsätzlich als „Fehler“.

Für die grüne Bundestagsabgeordnete und Wohnungspolitikerin Hanna Steinmüller sind die schwarz-roten Pläne eine „Minimallösung“. Eine wichtige Verbesserung wäre „die Anpassung der Neubauregelung“, sagte sie der taz. Zudem müsse der Möblierungszuschlag bei möbliert vermieteten Wohnungen transparenter ausgewiesen werden, um die Einhaltung der Mietpreisbremse besser überprüfen zu können.

Auch Caren Lay, die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, fordert Nachschärfungen. „Die Mietpreisbremse muss ohne Ausnahmen und flächendeckend gelten. Verstöße müssen sanktioniert werden, damit das Gesetz nicht weiter folgenlos umgangen werden kann“, sagte sie der taz. Die schwarzrote Koalition verlängere aber „lediglich die bisher weitgehend wirkungslose Mietpreisbremse“.

Wirkung der Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse gibt es seit zehn Jahren. Dennoch ist es schwierig, ihre Wirkung auszuwerten. Vermuten Mie­te­r*in­nen einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse, müssen sie selbst tätig werden. Es gibt keine staatliche Überprüfung, ob die Mietpreisbremse von Seiten der Vermietenden eingehalten wird. Mie­te­r*in­nen müssen notfalls also bereit sein, ihre Ver­mie­te­r*in­nen zu verklagen.

Wie viele Mie­te­r*in­nen von dieser Möglichkeit überhaupt Gebrauch machen, ist schwer zu recherchieren. Dem Bundesjustizministerium liegen auf Nachfrage keine entsprechenden Zahlen vor. Selbst mit einer Nachfrage bei den Berliner Zivilgerichten kommt man nicht weiter. Denn Verfahren zur Mietpreisbremse werden nicht gesondert erfasst, sondern nur „alle Verfahren in Zusammenhang mit Wohnungsmietstreitigkeiten (z. B. Mieterhöhung, Mietminderung, Mängelbeseitigung, Räumung etc.)“, erklärt eine Sprecherin. Auch die Stadt München, die unter stark steigenden Mieten leidet, verfügt auf Nachfrage über keine belastbaren Zahlen.

In der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung heißt es dennoch, dass die Mietpreisbremse den Mietenanstieg „moderat verlangsamt“ habe. Verwiesen wird dabei auf eine vom Justizministerium in Auftrag gegebene Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Das Problem ist: Diese Studie stammt von Ende 2018 – ist also ziemlich alt. Seitdem ist auf dem Mietmarkt einiges passiert.

Eine neuere Untersuchung der TU München, für die 10.000 Mie­te­r*in­nen befragt wurden, kam zu dem Ergebnis, dass über ein Viertel der Befragten theoretisch ihre Miete anfechten könnte. Viele wussten aber nichts von der Möglichkeit oder scheuten davor zurück.

Aufschlussreich sind auch die Zahlen des Unternehmens Conny, das sich 2016 gegründet hat, um Mie­te­r*in­nen bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse zu helfen. In den vergangenen acht Jahren hat das Unternehmen nach eigenen Angaben mehrere 100.000 Mietpreisbremse-Verfahren gerichtlich und außergerichtlich geführt.

In einem Informationspapier von Ende 2024 heißt es: „Mittlerweile schaffen wir es, in 9 von 10 aller von uns geprüften Mietverträgen Ansprüche zur Durchsetzung der Mietpreisbremse erfolgreich durchzusetzen.“ Die durchschnittliche monatliche Ersparnis lag laut Unternehmen im Jahr 2024 in Berlin bei durchschnittlich 493,54 Euro pro Monat. 2020 waren es 315,10 Euro.

Immerhin heißt es Koalitionsvertrag von Union und SPD, dass bis Ende 2026 eine „Expertengruppe mit Mieter- und Vermieterorganisationen“ unter anderem „eine Bußgeldbewehrung bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse vorbereiten“ soll.

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10 Kommentare

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  • Die Mietpreisbremse ist eine typische Idee vom WG-Küchentisch: "Man muss doch nur einfach ... ". Letztendlich bleibt der erhoffte Effekt aus - zumindest ist er nicht nachweisbar. Dafür sind die Kollateralschäden erheblich: Neubaubremse für Mietwohnungen, Konzentration von Mietwohungen bei Kapitalgesellschaften anstelle von Privatpersonen (ja, ich wohne in Schwaben), Modernisierungs- und Sanierungsstau im Altbestand, Singles und Rentner in Familienwohnungen, Staffelmietverträge oder Indexmiete

  • Warum sollten sich die Wohnungsmärkte jemals wieder beruhigen? In vielen Städten sind die Kaufpreise und Mieten ja nicht so ausgeufert wie in Berlin, Frankfurt oder München.



    Es gibt auch jetzt Wohnungsmärkte mit günstigen Kaufpreisen und Mieten. Mein Paradebeispiel dafür ist Plauen im Vogtland. Dort kann man eine 2-Zimmer-Wohnung, 60 m², Baujahr um 1900 für unter 300€ netto kalt im Monat mieten oder für ca. 45.000€ kaufen. Warum ist das so? Nun, der Leerstand in Plauen ist relativ hoch, viel höher als in Berlin, Frankfurt, Leipzig oder München.



    Jetzt will man als Immobilieninvestor jedoch auf keinen Fall Leerstand riskieren, weil das jeden Monat Geld kosten würde. Ideal ist es, wenn sich bei Mieterwechsel die MieterInnen nahtlos abwechseln. Geringen Leerstand wird es aber nur geben, wenn man mit Neubau sehr behutsam umgeht. Genau das sehen wir jetzt. Viele Bauträger haben auch die zahlreichen Insolvenzen im Gedächtnis, die die Branche seit den kräftigen Zinssprüngen und dem starken Anstieg der Bau- und Finanzierungskosten in Mitleidenschaft gezogen haben. Da bleibt man dann vorsichtig.

  • Wenn sie weitgehend wirkungslos ist, wie wäre es mit der Abschaffung?

    Da war doch was mit Bürokratieabbau ...

  • Sehr wichtig wäre auch eine sehr hohe Leerstandssteuer für ungenutzten Wohnraum zu erheben.



    Spekulanten muss der Spaß auf Kosten von Wohnnungssuchenden so richtig vergehen.

  • Ich habe selten ein nutzloseres Gesetz gesehen, als die Mietpreisbremse.



    Als Vermieter macht es mir NULL Probleme, den mietpreis beliebig festzusetzen, sofern ich die Grenze des Mietwuchers nicht überschreite.



    Kommt mir ein Mieter mit der Mietpreisbremse, wird es nicht bzw. niemals mein Mieter. Dazu kommt die Frage, welcher Mieter möchte ein Mietverhältnis haben, in das er sich einklagen muss, welcher Vermieter nimmt Mieter, die ihn verklagen (wollen)?

    Viele Städte und Kommunen besitzen nicht einmal einen Mietspiegel, an dem man sich ausrichten köntte.

    Wenn man ein Gesetz nicht durchsetzen kann oder will, dann macht es keinen Sinn und ein Streit darum erst recht nicht.

    • @Thomas Elias:

      Und genau wegen solcher Vermieter wie Ihnen müssen die von Ihnen beschriebenen Verhaltensweisen deutlicher sanktioniert werden. Wenn es Regeln gibt, haben sich alle daran zu halten.



      Geschickte Mieter unterschreiben übrigens einen solchen Mietvertrag, ohne mit der Wimper zu zucken, klagen nach 25 Monaten auf Mietanpassung und fordern die zu viel gezahlte Miete zurück. Dafür hat Die Linke den Mietwucherrechner ins Netz gestellt.

      • @Aurego:

        Ja, schreibe ich doch.



        Ein Gesetz was man nicht durchsetzen kann, ist nutzlos.

        Wie wollen Sie solche Verhaltensweisen sanktionieren? Als wenn wir nicht jetzt schon genügend Bürokratie haben, noch ordentlich etwas draufpacken?

        Im Übrigen vermieten geschickte Vermieter im Zweifel auch teilmöbliert und/oder mit einem qualifizierten Zeitmietvertrag. Es gibt genügend Mittel, die Mietpreisbremse zu umschiffen.



        Das größte Hemmnis ist jedoch die Klage. Niemand möchte bei einem Vermieter wohnen, mit dem er im Rechtsstreit liegt. Das kann sehr ungemütlich werden.

        • @Thomas Elias:

          Man kann zwar einige Wohnungen möbliert, auch als WG befristet vermieten, aber nicht alle. Das hat weniger mit Geschick als vielmehr mit Gier zu tun.

    • @Thomas Elias:

      Wenn kein Miespiegel vorhanden ist, oder kein aktueller Mietspiegel vorliegt, kann der Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde, zur Bewertung herangezogen gezogen werden.



      Bei zu hoher Miete kann der Vermieter verpflichtet werden, die Überzahlung dem Mieter zurück zu erstatten.

      • @Alex_der_Wunderer:

        Ja, kann man vll alles machen, aber 90% der Mieter tun das nicht, zumal "vergleichbar" überhaupt keine feste Größe ist und vor Gericht sehr unterschiedlich gedeutet werden kann.



        Und - wie gesagt - niemand hat Bock bei jemandem zu wohnen, mit dem man im Rechtsstreit liegt.