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Verkehrspolitik und autonomes FahrenKlarer Weg, unklares Ziel

Kommentar von Svenja Bergt

Weniger Autos und weniger Unfälle – beides wäre mit dem autonomen Fahren möglich. Doch die Politik sträubt sich, Verkehr neu zu denken.

Hängt noch am von Hand gesteuerten Lenkrad: Verkehrsminister Andreas Scheuer Foto: Snapshot-Photography/imago

W ozu brauchen wir eigentlich selbstfahrende Autos? Die Frage ist überhaupt nicht rhetorisch gemeint. Denn man sollte sie ab und zu mal stellen, wenn man sich am Fuße der Einführung einer neuen Technologie befindet. Also: Wozu selbstfahrende Autos? Was versprechen wir uns von ihnen, welches Ziel wollen wir mit ihnen erreichen, wie die Welt ein bisschen besser machen?

In der Tombola finden sich da zwei Ziele. Erstens: Die Verkehrswende vorantreiben. Autos könnten, wenn sie von Stehzeugen – was heute bei Privat-Pkws der Normalzustand ist – zu Fahrzeugen werden, im Laufe eines Tages und ihres Autolebens mehr Leute transportieren. Es müssten also weniger Autos ungenutzt am Straßenrand rumstehen. Zudem könnte man Fahrten bündeln. Damit wären weniger Autos unterwegs und es gäbe mehr Platz für andere Verkehrsteilnehmer:innen.

Zweites Ziel: Unfälle reduzieren, am besten auf null bringen. Für den Großteil der heute verursachten Unfälle sind die Fahrenden verantwortlich. Telefoniert, auf dem Handy getippt, zu viel Alkohol, anderweitig abgelenkt oder einfach Verkehrsregeln ignoriert. Software ist da disziplinierter.

Bei beiden Zielen ist es nach heutigem Wissensstand realistisch, dass selbstfahrende Autos einen Teil dazu beitragen können – bei der Vermeidung von Unfällen vermutlich mehr als im Punkt Verkehrswende. Die Frage ist: Wenn diese beiden Ziele so wichtig sind – warum gibt es nicht schon heute viel, viel mehr Ansätze, um sie zu erreichen?

Gut für Mensch und Klima

Es ist doch alles da: das Wissen darüber, wie eine Stadt zu gestalten ist, um die schwächsten Ver­kehrs­teilneh­me­r:in­nen zu schützen. Konzepte für einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr. Abbiegeassistenten für Lkws. Ideen für eine privatautofreie Innenstadt. Für effiziente und ökologische Logistikketten.

Viele der Maßnahmen schützen sogar beides: Menschen und Klima. Es wäre an der Zeit, sie umzusetzen. Sonst drängt sich der Verdacht auf, dass es auch bei den selbstfahrenden Autos am Ende mehr um die Interessen der Wirtschaft geht als um alles andere.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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3 Kommentare

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  • Der Weg zu autonomen Fahrzeugen liegt ja schon längst vor uns. Das ist im Grunde schon entschieden.

    Wer sich mit der Technologie befasst, dass dieser Weg noch lang und beschwerlich ist.

  • Schade, immer wieder fallen die Kommentare etwas kurz.

    Über zwei Drittel gut hergeleitet,



    dann die spannende Frage,

    "..warum gibt es nicht schon heute viel, viel mehr Ansätze, um sie zu erreichen?"

    Und dann. Nichts mehr. Ausser Allgemeinplätze.

    Damit wird praktisch auch die Frage beantwortet. Abgesehen davon, dass es noch praktisch nirgendwo ein funktionierendes System zum automatischen Fahren gibt.

  • Das Landei hätte da noch einen Punkt einzuwerfen: Leute, die aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung nicht autofahren können oder dürfen, wären mit selbstfahrenden Autos plötzlich in der Lage, am Leben teilzunehmen wie alle anderen Leute. Zumindest hier draußen, wo man nicht zu Fuß einkaufen kann. Das wäre schon fein.

    Wobei die Pandemie gezeigt hat, dass Unterhaltung, soziale Kontakte, Kunst und Kultur auch online gehen können, wenn der Rest der Leute (die sonst lieber dahin gehen, wo die kaputten Leute nicht hinkommen) plötzlich auch mal zuhause hocken muss...

    Vielleicht ist ein bisschen von Beidem eine gute Lösung für eine Welt, die ein bisschen inklusiver und freundlicher zu Menschen mit körperlichen Einschränkungen ist.