Verkehrsclub testet Deutsche Bahn: Fahrgäste geben Note 3
In einer Umfrage haben KundInnen die Deutsche Bahn mit „Befriedigend“ bewertet. Hohe Ticketpreise und Unpünktlichkeit verschlechterten den Schnitt.
BERLIN taz | Immerhin Mittelmaß: In den Augen der KundInnen der Deutschen Bahn hat der Fernverkehr hierzulande die Note „befriedigend“ verdient. Das ist das Ergebnis des Bahntest 2019/20, den der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) am Dienstag veröffentlicht hat. Vor allem die mangelnde Pünktlichkeit und die hohen Ticketpreise sorgen für die mäßige Bewertung.
„Ein ‚befriedigend‘ reicht nicht für die Verkehrswende“, sagte die VCD-Bundesvorsitzende Kerstin Haarmann. Wenn der Straßenverkehr aus Klimaschutzgründen teurer werde, sei eine bezahlbare und brauchbare Alternative erforderlich. „Gerade auf langen Distanzen ist das die klimafreundliche Bahn.“
Für die Studie hat das Meinungsforschungsinstitut Quotas bei einer repräsentativen Befragung KundInnen im Fernverkehr das Angebot der Bahn mit Schulnoten bewerten lassen. Die Höhe der Ticketpreise benoteten die Befragten mit einer 3,4, die Pünktlichkeit mit einer 3,5. Mit 2,2 schnitt die Klimaverträglichkeit gut ab, für den Punkt Sicherheitsgefühl gab es die Note 2,0. Nach Angaben des VCD sind die Ticketpreise im Fernverkehr zwischen 2015 und 2018 um 3,3 Prozent gestiegen, im Nahverkehr um 10,2 Prozent. Mit der angekündigten Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent werden die Tickets im Fernverkehr voraussichtlich zum Jahresanfang billiger.
Allerdings sind die meisten Fahrgäste ohnehin mit einem reduzierten Ticket unterwegs. Der „Flexpreis“ der Bahn, der Standardpreis ohne Ermäßigung, sei keineswegs der Normalfall, sagte VCD-Bahnexperte Phillipp Kosok. „Den Standardpreis nutzt nur jeder fünfte Bahnkunde.“ Nicht nur Wochen im Voraus geplante Bahnfahrten sind günstig: Laut VCD können KundInnen selbst 24 Stunden vor einer Reise mit einem Angebotsticket durchschnittlich 33 Prozent gegenüber dem Normalpreis sparen. Die KundInnen der Bahn seien flexibel und nutzten Züge, für die es Rabatte gibt, sagte Kosok. „Die Lenkungswirkung der Sparpreise funktioniert.“
Gewusst wie, dann kann es funktionieren
Fahrgäste müssten sich allerdings auskennen, um ein günstiges Ticket zu bekommen. Auch sind die günstigen Fahrkarten nicht gleichmäßig verfügbar: Dienstags und mittwochs gibt es die meisten Sparpreise. Wer vor 8 Uhr morgens oder ab 20 Uhr abends in die Bahn steigt, hat gute Chancen auf ein billiges Ticket. Dabei lohnt es sich, Angebote zu verschiedenen Zeitpunkten zu prüfen. „Offenbar justiert die Bahn nach“, erklärte Kosok. So sorgt sie für Auslastung. Trotz der vielen Spartickets prägt der hohe reguläre Preis das Bild der KundInnen von der teuren Bahn, kritisierte der VCD-Experte. „Der Flexpreis als Einstieg wirkt abschreckend.“ Die Bahn sollte die Spreizung bei den Preisen schließen, empfahl er.
Für Privatleute bietet die Bahn insgesamt neun verschiedene Bahncards an. Interessierte finden auf der Seite vcd.org einen Rechner, mit dem sie herausfinden, welche für sie geeignet ist.
Leser*innenkommentare
meerwind7
„Der Flexpreis als Einstieg wirkt abschreckend“, meint VCD-AKtivist Kosak.
Die Zugbindung (auch die Unmöglichkeit, ohne oder zu vertretbarem Mehrpreis auf einen vergleichbar ausgebuchten Zug umzubuchen; oder auf einen weniger belegten), wirkt besonders nachteilig, meine ich.
"Die Bahn sollte die Spreizung bei den Preisen schließen", da sind wir uns einig.
Die MWSt-Senkung wäre ein guter Anlass für eine Tarifvereinfachung gewesen.
meerwind7
Wenn man nur die Bahnkunden fragt, kann ja nur eine halbwegs gute Bewertung herauskommen.
Die Mitbürger mit schlechterer Meinung zur Bahn fahren gar nicht damit.
Volker Maerz
Fehlt in der Befragung das Kriterium "Belegung"? Bei jeder auf Monate im Voraus geplanten Großveranstaltung, aber auch im Alltag, sind die Züge mittlerweile derart überfüllt, dass man nur hoffen kann, dass nichts passiert, das eine Panik oder Schlimmeres auslöst. Eigentlich fehlen nur noch Pusher oder das Mitreisen auf dem Dach.
Chefideologe
"Gerade auf langen Distanzen ist das die klimafreundliche Bahn." - Für alle Distanzen, egal ob kurz, mittel oder lang, gilt: klimafreundlich sind ausschließlich Zufußgehen und Fahrradfahren - alles andere ist gleichermaßen und unterschiedslos umweltbelastend. (Dass es mit Auto, Bahn und Flugzeug deutlich schneller geht, steht dann natürlich auf einem anderen Blatt.)