Verhandlungen zur Digitalsteuer: USA blockieren Steuerabkommen
US-Finanzminister Mnuchin will eine „Pause“ bei OECD-Verhandlungen zur internationalen Besteuerung von Firmen. Frankreich ist empört.
Eine Sprecherin des US-Finanzministeriums sagte am Donnerstag, die USA schlügen „eine Pause in den Gesprächen“ vor, damit sich Regierungen auf die Coronakrise konzentrieren könnten. Ein entsprechender Brief von US-Finanzminister Steven Mnuchin war vor einigen Tagen bei den Regierungen in Frankreich, Spanien und Großbritannien eingegangen. Robert Lighthizer, der US-Handelsbeauftragte, sagte bei einer Anhörung im Repräsentantenhaus, die Verhandlungen hätten keine Fortschritte ergeben.
Die Gespräche laufen im Rahmen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Eine zentrale Frage: Wo sollen international tätige Firmen künftig Steuern zahlen – vor allem dort, wo ihre Zentrale ist, oder auch da, wo sie einen Großteil ihrer Produkte verkaufen und Gewinne erzielen? Bei einer Einigung müssten eventuell Konzerne wie Volkswagen mehr Abgaben in den USA entrichten. US-Firmen wie Google und Facebook könnten zu höheren Überweisungen an Finanzämter in Europa verpflichtet werden.
Diese sogenannte Digitalsteuer steht im Mittelpunkt des Konflikts. Die US-Regierung will nicht, dass die Internetkonzerne mehr Abgaben im Ausland zahlen. Präsident Donald Trump bezeichnete solche Steuern als „unfair“ und drohte mit Sanktionen. Frankreich dagegen hat bereits eine zusätzliche Abgabe von 3 Prozent auf den Umsatz der Digitalfirmen eingeführt. Um die OECD-Verhandlungen nicht zu gefährden, wird sie momentan allerdings nicht erhoben. Italien, Spanien und Großbritannien arbeiten an ähnlichen Vorhaben.
Kritik an deutscher Position
Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire verurteilte die Verhandlungspause als „Provokation“ und drohte, die französische Steuer tatsächlich zu erheben. Bis es eine internationale Lösung gebe, unterstütze die EU-Kommission Mitgliedstaaten, die eigene Steuern auf digitale Dienstleistungen planten, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. „Und wenn nötig, werden wir gemeinsam reagieren.“ Scholz ließ erklären: „Wir setzen uns weiterhin mit Nachdruck für eine Lösung ein.“
Der grüne Wirtschaftspolitiker Danyal Bayaz kritisierte Scholz: „Naiv und falsch war es, allein auf die Verhandlungen auf OECD-Ebene zu setzen und innerhalb der EU den Prozess für eine gemeinsame europäische Digitalkonzernsteuer auszubremsen.“ Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab 1. Juli müsse man diese nun vorantreiben. Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi forderte „Straf- und Quellensteuern für US-BigTech-Multis“.
Vielleicht würde das als Druckmittel wirken. Möglicherweise antwortet Trump im Wahlkampf aber auch mit neuen Zöllen auf französischen Käse und deutsche Autos. Bleibt eine Hoffnung: In seinem Brief schrieb Mnuchin, dass er das bisherige Teilergebnis der Verhandlungen zu einer internationalen Mindeststeuer für Unternehmen begrüße – er hoffe „auf eine Lösung in 2020“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass