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Verhandlungen mit der Bahn gescheitertGDL kündigt Warnstreiks an

Neue Eskalation im Tarifstreit zwischen Bahn und GDL: Die Verhandlungen sind wohl gescheitert. Die Lokführergewerkschaft droht mit neuen Warnstreiks.

Claus Weselsky (GDL) erklärt die Tarifverhandlungen für gescheitert Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin taz/dpa | Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat bereits nach der zweiten Gesprächsrunde mit der Deutschen Bahn die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt. Zugleich kündigte sie am Freitag in Berlin neue Warnstreiks bei der Deutschen Bahn an. Mit der Arbeitgeber-Seite seien aktuell keine Kompromisse zu finden, sagte GDL-Chef Claus Weselsky in Berlin. Er kündigte an, dass die Gewerkschaft den Bahnverkehr erneut bestreiken werde.

Genaue Termine für mögliche Warnstreiks nannte er zunächst nicht. Die Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern über unbefristete Streiks läuft noch, das Ergebnis wird Ende Dezember erwartet. Wenn 75 Prozent der Abstimmungsteilnehmer unbefristeten Arbeitskämpfen zustimmen, darf die GDL auch dieses Druckmittel im Tarifstreit einsetzen.

Die Tarifverhandlungen hatten erst vor zwei Wochen mit der ersten Runde begonnen. Vor einer Woche legte die GDL große Teile des Zugverkehrs bundesweit mit einem 20-stündigen Warnstreik lahm. Durch den Arbeitskampf fielen gut 80 Prozent der eigentlich vorgesehenen Fernverkehrsfahrten aus. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen in manchen Bundesländern noch deutlicher.

Weniger Wochenarbeitszeit gefordert

Bei den Tarifverhandlungen im Mittelpunkt steht derzeit die Forderung der GDL nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. DB-Personalvorstand Martin Seiler hält die Forderung für nicht umsetzbar und sieht auch keinen Verhandlungsspielraum. Er argumentiert, dass eine Umsetzung zu teuer sei. Zudem brauche es bei weniger Wochenarbeitszeit mehr Beschäftigte – die in Zeiten des Fachkräftemangels besonders schwierig zu finden seien. GDL-Chef Weselsky geht dagegen davon aus, dass mit einer geringeren Wochenarbeitszeit die Berufe bei der Bahn attraktiver werden.

Neben der Arbeitszeitsenkung fordert die GDL unter anderem 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie für die Beschäftigten. Die Bahn hat bisher eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten sowie die geforderte Inflationsausgleichsprämie angeboten. Zudem will die GDL ihren Einflussbereich bei der Bahn ausweiten und Tarifverträge für Infrastruktur-Bereiche aushandeln. Die Bahn lehnt das ab, weil die GDL in diesen Bereichen kaum vertreten sei.

Die GDL versucht seit Beginn des noch jungen Tarifstreits, mit vielen Streikandrohungen und dem Start der Urabstimmung den Druck auf die Bahn möglichst hoch zu halten. Die Verhandlungen nun nach zwei Wochen für gescheitert zu erklären, bedeutet die nächste Eskalationsstufe. Nach der ersten Verhandlungsrunde hatte Weselsky es noch als Erfolg präsentiert, dass sich die Gewerkschaft und die Bahn auf einen engen Terminrhythmus und zahlreiche weitere Treffen bis Weihnachten hatten verständigen können. Diese Termine werden absehbar nun erstmal nicht gebraucht.

Schlichtung von GDL abgelehnt

Ein Ausweg aus der aktuellen Lage könnte eine Schlichtung sein, also Verhandlungen mit einem oder mehreren Vermittlern. Die Bahn hatte ein solches moderiertes Vorgehen schon vor Beginn der ersten Verhandlungsrunde vorgeschlagen, bereits in Erwartung eines harten Tarifkonflikts mit der GDL. Weselsky lehnte den Vorschlag damals mit klaren Worten ab. Am Freitag sagte er, dass er auch jetzt für eine Schlichtung „keinen Raum“ sehe.

Die von der GDL ausgehandelten Tarifverträge werden bei der Bahn nach Angaben des Konzerns für etwa 10.000 Beschäftigte angewendet. Sie ist damit bei dem bundeseigenen Konzern die deutlich kleinere Arbeitnehmervertretung – zum Vergleich: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) verhandelte im Frühjahr und Sommer neue Tarifverträge für etwa 180.000 DB-Beschäftigte.

Weil die GDL aber vor allem Lokführer und Zugbegleiter vertritt, kann auch sie mit Streiks und Warnstreiks den Zugverkehr in Deutschland stören. Unter ihrem aktuellen Vorsitzenden Weselsky ist die GDL für harte Tarifauseinandersetzungen bekannt.

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5 Kommentare

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  • Hm. Bei allem Verständnis, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier mehr darum geht, dass sich Weselsky zum Abschluss ein Denkmal setzen will. Die medienwirksame Vorab-Drohung mit den Weihnachtsstreiks, die doch unverhältnismäßig hohen Gesamtforderungen, Ablehnung von Schlichtung, jetzt den Abbruch nach kurzer Verhandlungsdauer erweckt den Eindruck, dass man von vorn herein gar nicht wirklich verhandeln wollte. Zumindest siehts für mich nicht danach aus, dass man erstmal alles am Tisch versucht, bevor es zum Arbeitskampf kommt.

  • Arbeitkampf, nicht Krieg!



    Ich werde das Gefühl nicht los, dass man den Konflikt wieder einmal bis in die Weihnachtsfeiertage trägt und das ganze Land damit lahm legt. Ich bin sehr wohl für starke Gewerkschaften, aber diese Mini-GDL übertreibt es mal wieder maßlos und fügt dem Land einen großen Schaden an.



    Klar die Bahn könnte einfach "ok" sagen, dann die Ticketpreise kräftig erhöhen und aus dem 49€ Ticket wird dann ein 69€ Ticket. Das kann es dann aber auch nicht sein.



    Denn irgendwo muss ja auch jeder Euro herkommen, der mehr gezahlt wird.

    • @Rudi Hamm:

      Die Bahn könnte ja einfach bei den vielen nutzlosen Vorständen und der Verwaltung der vielen Teilgesellschaften sparen, die ja nun hinreichend bewiesen haben, dass sie rein garnichts auf die Kette bekommen.



      Bislang ist Weihnachten auch nicht gestreikt worden und das wird dieses Jahr bestimmt nicht anders sein.



      Wenn es die Bahn mit der Aufstockung ernst meinen würde, würde sie auf die Forderungen der GDL eingehen, dann zu den bisherigen Bedingungen finden die kein qualifiziertes Personal.



      Was das 49€ Ticket angeht, da fehlt das Geld ja eher bei den Ländern für den Nahverkehr.

      • @Axel Schäfer:

        " dann zu den bisherigen Bedingungen finden die kein qualifiziertes Personal."



        Tagesschau: "Laut der Deutschen Bahn verdienen die Lokführer derzeit im Schnitt 44.000 bis 52.500 Euro pro Jahr - einschließlich Zulagen. "



        das ist doch kein schlechtes Gehalt.

        • @Rudi Hamm:

          Vielleicht haben wir da tatsächlich mal das Angebot und Nachfrageprinzip des Marktes. Wenn sich keiner für das Geld in den Zug stellen will, dann sollte die Bahn den Job attraktiver machen.

          Noch eine Dauerlösung gegen Streiks. Bahn wieder komplett verstaatlichen, endlich richtig sanieren und alle verbeamten, dann gibts keine Streiks mehr und vielleicht kommen wir dann auch mal pünktlich zuhause an.