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Verhandlung des VerfassungsgerichtsAfD wohl erfolgreich gegen Seehofer

Der Bundesinnenminister hatte die AfD in einem Interview „staatszersetzend“ genannt. Die klagte, er habe damit seine Neutralitätspflicht verletzt.

Seehofer hatte sich in einem Interview kritisch über die AfD geäußert Foto: Gregor Fischer/dpa

Karlsruhe taz | Die AfD hat gute Chancen gegen Innenminister Horst Seehofer (CSU) zu gewinnen. Das zeichnete sich nach der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht am Dienstag ab. Die AfD hatte gegen Seehofer wegen Verletzung seiner Neutralitätspflicht geklagt, nachdem dieser die Partei in einem Interview „staatszersetzend“ genannt hatte – und dieses Interview dann auf die Homepage des Ministeriums stellte.

Hauptthema des Interviews war die Regierungspolitik. Doch Seehofer nahm auch klar Stellung zur AfD. „Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten. (...) Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln. Das ist staatszersetzend.“ Die AfD hatte Steinmeier vorgeworfen, er habe für eine „linksradikale Großveranstaltung“ geworben. Gemeint war ein Antifa-Konzert in Chemnitz.

Das Interview wurde von dpa drei Tage später veröffentlicht. Die Pressestelle des Innenministeriums stellte das Interview anschließend, neben vielen anderen Seehofer-Interviews, auf die Homepage des Ministeriums.

Nach Ansicht der AfD hat Seehofer hiermit seine parteipolitische Neutralität verletzt. Sie erhob Organklage beim Bundesverfassungsgericht. Bereits mehrfach hatten die Karlsruher Richter klargestellt, dass sich Regierungsmitglieder in amtlicher Eigenschaft neutral verhalten müssen. Nur als Parteipolitiker dürften sich Minister entsprechend äußern.

AfD warnt vor Aufweichung

In der mündlichen Verhandlung ging es deshalb kaum um den Inhalt des Interviews, sondern fast ausschließlich um die Frage, ob es auf die Homepage des Ministeriums gestellt werden durfte. Nach der bisherigen Karlsruher Rechtsprechung ist die Neutralität verletzt, wenn Minister bei parteipolitischen Äußerungen auf ihre Amtsautorität Bezug nehmen (etwa durch die Verwendung des hoheitlichen Bundesadlers) oder staatliche Ressourcen nutzen (zum Beispiel die Homepage ihres Ministeriums).

Diese eine Antwort können wir dann auf der Homepage nicht schwärzen, nur weil es hier um Parteipolitik geht

Günter Krings, Innen-Staatssekretär

Für die AfD warnte ihr Anwalt Ulrich Vosgerau vor einer Aufweichung dieser Maßstäbe, gerade mit Blick auf künftige Wahlerfolge der AfD. „Auch die AfD wird früher oder später den Bundesinnenminister stellen, vielleicht schon in fünf Jahren. Und ein Innenminister Brandner oder ein Innenminister Curio könnten dann noch kreativer mit der Homepage des Innenministeriums umgehen.“ An einer Aufweichung der Neutralitätspflicht könne also niemand ein Interesse haben.

Auf Regierungsseite betonte Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU), dass es sich nicht um eine Pressemitteilung des Ministeriums handelte. Die Nachrichtenagentur dpa sei klar als Urheberin des Textes gekennzeichnet worden. Schwerpunkt des Interviews sei die Große Koalition gewesen. Wenn Seehofer dann aber nach der AfD gefragt werde, müsse und wolle er auch antworten. „Diese eine Antwort können wir dann auf der Homepage nicht schwärzen, nur weil es hier um Parteipolitik geht“, so Frings, „sonst gäbe es ja auch wieder Verschwörungstheorien.“

Verfassungsrichter Peter Müller, der als Berichterstatter das Urteil vorbereitet, deutete an, dass die AfD den Prozess wohl gewinnen wird. „Wenn auf der Homepage des Innnenministeriums ein Interview des Innenministers verbreitet wird, dann wird hier ein Weg genutzt, der den politischen Wettbewerbern nicht zur Verfügung steht“. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle legte nahe, dass Seehofer ein Interview mit parteipolitischen Äußerungen ja auch auf der Homepage der CSU hätte veröffentlichen können. Das Urteil wird in einigen Wochen oder Monaten verkündet.

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9 Kommentare

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  • Na Servus -

    Ha no. Vollhorst hat - 'n schlechtes Blatt



    But. Paschd scho. Vor der Back in KA

    Beklagenswert: IM Seehofer bezeichnet sich ja selbst als „Erfahrungsjuristen“.



    Sein Vorgänger IM Höcherl hattes Grundgesetz - aach nich ständig unterm Arm.



    &



    Hinter der Back. Die Primadonnen - KA -



    Müller: Der Saarländer - “ Das Jurastudium schloss er 1983 mit dem ersten Staatsexamen und der Note „sehr gut“ ab;…“



    &



    Vossibär. Der Jung aus “Lippe-Detmold - eine wunderschöne Stadt - darinnen ein - Soldat!“ & Däh! “ 1995 wurde Voßkuhle Referent im Bayerischen Staatsministerium des Innern.…“ Ach!



    & sodele —



    kurz - Wo bleibt da die berühmte british Waffengleichheit? Das edle Fair-Play! Ha no. Null Chance. Fair geht anders.



    Ergo: Vorschlag zur Güte - Gellewelle:



    Mildernde Umschläge •

    So geht das

  • Logisch - wenn hier ein Bundesminister tatsächlich mal etwas Zutreffendes verlautbaren lässt, dann wird das vor einem deutschen Gericht natürlich keinen Bestand haben können. Profis halt!

    • @Rainer B.:

      Ach was!

      “ Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle legte nahe, dass Seehofer ein Interview mit parteipolitischen Äußerungen ja auch auf der Homepage der CSU hätte veröffentlichen können.…“

      kurz - Platz? Platz ist in der kleinsten Hütte. Nur die IM-HomePage isses nich!

      unterm—- servíce —



      Dieter Hildebrandt hat ja mal zum Besten gegeben. Wie leicht es zünftig zu Beleidigen. Ohne “mit der Nase ans Fett zu kommen.



      “Sie sind ein Arschloch!“ (AfD - gab‘s da noch nicht - dem Namen nach) - Nun - das ginge nicht - Beleidigung - strafbar!



      Aber “ Von ehna hört ma immer wieder - Sie sann an Orschloch!“ Das - Geht.

      kurz - Erfahrungsjurist reicht eigentlich.



      🥚jòò 🥚jòò - Vollhorst - ist hinderlich.



      Normal.

      • @Lowandorder:

        Die IM-Homepage war doch schon immer ein Zentralorgan parteipolitischer Äußerungen - nur bislang eben nicht gegen die AfD gerichtete.

        „kurz - Erfahrungsjurist reicht eigentlich“

        Gut, dann korrigiere ich mich: Erfahrungsprofis halt! Ob das nun besser ist?



        Ok, ok - aus Schaden wird der Erfahrungsprofi bekanntlich klug. Fragt sich nur, wo und was hier der Schaden sein soll.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Man darf gespannt sein, wie lange die offiziellen Kanzlerinnenworte vom "rückgängig machen" auf der offiziellen Kanzlerinnen-Seite noch zu lesen sein werden.

    www.bundeskanzleri...-ramaphosa-1719738

    Die AfD hat, wie sogar in der ZEIT zu lesen ist, bereits Klage erhoben. Die mögliche Nötigung eines Verfassungsorgans ist wohl das Mindeste, was dabei überprüft werden dürfte.

    • @90857 (Profil gelöscht):

      Liggers. Was ein feiner Assist von Mutti.

      Da wäre sicher nicht nur ich gerne Mäuschen bei den - ohnehin verfassungsrechtlich mehr als bedenklichen - regelmäßigen - Kaffeekränzchen - Gellewelle. BReg&KA.



      An einem Tisch - 😱 - Bundesregierung & Bundesverfassungsgericht. Spannend.



      Mutti & Vollhorst vs Vossibär & Peter Müller*. 🥚jòò - Quelque chose ridicule.

      unterm——*



      Nur gut. Dat hei nich - De Aap - is - 🥳 -



      images.app.goo.gl/Zv2CjyEiqFAeDJVT9



      &



      images.app.goo.gl/KyDpUxyfTX9T8BBF7

      Voll Normal Ey - 🧐 -

      • @Lowandorder:

        &!Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -

        “"Rückgängig machen! (Die ham doch geschummelt!)" Typischer Loser:innen-Spruch. Oder ist es DDR 4,0? Oder ist es Palmström?“

        klar - Mutti schloß dann - messerscharf.



        Das nicht sein kann.



        Was nicht sein darf.



        &



        VossibärNachf. sagt Jahre später dazu:



        Frau Alt-Kanzlerin - ab Webside exCDU!



        Normal. So geht das weiter mit Schland.



        Denn wer wollte denn geil drauf wetten.



        Daßmer so Splitterparteien noch hätten.

  • Da muss man wohl sagen die Staatszersetzende Partei hat recht und der Minister nutzt Bundesressourcen für Parteipolitische Zwecke. Etwas was nicht sein sollte. Aber eben von der CDU und den anderen Parteien gerne genutzt wird.

    • @Sascha:

      Wieso ist die Bemerkung, ein Verhalten sei "staatszersetzend", parteiisch bzw. parteipolitisch? Das hätte von jeder Partei kommen können.

      Wenn der Afd nicht schmeckt, dass Steinmeier eine Antifa-Veranstaltung erwähnt und ihn dann unverhältnismässig niedermacht, dann darf das ein Innenminister schon benennen, finde ich.

      Anscheinend will die AfD in bester Faschistenmanier jetzt jede Kritik an sich mit Klagen beantworten - sie wird wohl immer wieder weiter rechts sitzende Richter finden, die sie unterstützen.