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Verfassungsschutz überprüfte NGOsErst beobachtet, dann Geld gestrichen

Der Verfassungsschutz beobachtet 51 Demokratieprojekte, ohne sie darüber informiert zu haben. Einem der Projekte wurde die Förderung entzogen.

Die Zentrale des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln Foto: dpa

Berlin taz | Die Prüfung von Demokratieprojekten durch den Verfassungsschutz kann dazu führen, dass dem Projekt die Förderung entzogen wird. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervor, die der taz vorliegt.

Im Mai war bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz seit 2015 insgesamt 51 Projekte überprüft hatte, die sich auf Mittel des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ des Familienministeriums beworben hatten. In keinem der Fälle waren die Projekte über ihre Überprüfung informiert worden.

Im Jahr 2016, so die aktuelle Auskunft der Bundesregierung, sei ein Projektträger aus dem Bereich „Modellprojekte zur Radikalisierungsprävention“ vom Verfassungsschutz als „extremistisch beeinflusster Verband“ eingestuft worden. Der Träger sei zu diesem Zeitpunkt bereits mit Mitteln des Programms gefördert worden, die Förderung wurde daraufhin jedoch nicht weitergeführt.

Die Überprüfungen wurden jeweils vom Familienministerium angefordert – aus welchem Anlass, will die Bundesregierung aber nicht sagen. Der Verfassungsschutz werde „in Einzelfällen anlassbezogen auf Bitten des zuständigen Ressorts“ aktiv, heißt es in der Antwort, und weiter: „Eine leistungsbezogene Begründung ist nicht notwendig.“

Die Projekte zu überprüfen, ohne sie zu informieren und ihnen damit eine Chance zur Stellungnahme zu geben, sei eine „ausgemachte Sauerei“, sagt die Linken-Abgeordnete Jelpke. „Während sich die Projekte um Demokratie bemühen, macht der Inlandsgeheimdienst das genaue Gegenteil.“ Auch die Bundesverbände der mobilen Beratungsstellen sowie der Opferberatungen hatten die Überprüfungen kritisiert.

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8 Kommentare

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  • Hm, also um ehrlich zu sein, finde ich das völlig normal und erwartbar. Wer würde denn erwarten, daß der VS großartige Ankündigungen macht, bevor er überwacht. Und wenn er dabei ein schwarzes Schaf ausfindig gemacht hat, ist das für den Rest der Rest der Projekte auch eher positiv. Sorry, aber hier leider keine empörung von mir! :)

  • Es wäre naiv zu glauben, dass solche Dinge nicht gemacht werden. Der Staat verteilt Geld und will damit etwas ganz Bestimmtes bewirken. Was der Staat auf keinen Fall beabsichtigt, ist, dass die als Gegner ausgemachten Gruppen sich durch den Staat finanzieren. Demokratisch ist es nicht, juristisch möglicherweise auch nicht, aber es geht eben darum, Menschen zu beherrschen und dazu ist man einfallsreich und ein wenig hinterhältig.

  • Die AfD muss trotz zahlreicher Verbindungen ins rechtsextreme gewalttätige Milieu mit 25.000 Straftaten im Jahr (auf der linken Seite weniger als die Hälfte) angeblich nicht beobachtet werden, meine Linke aber konstant seit ihrer Gründung, obwohl nie Nennenswertes dabei herausgekommen ist. Diese offensichtliche Parteilichkeit untergräbt nach dem NSU-Skandal, bei dem eine womöglich hundertköpfige Terrororganisation nur symbolisch verfolgt wurde, restlos alles Vertrauen in den Staat.

    • @hedele:

      muss man immer überall die AfD mit reinbringen?... Oo

    • @hedele:

      Gerade die AfD bringt aktuell Anfragen in Parlamente ein, bei denen es um Förderung von "linken" Projekten geht.

  • Warum sollte der Verfassungsschutz die überprüften NGOs informieren? Ist das eine Pflicht? Ich gehe mal davon aus, dass der Verfassungsschutz sehr selten bei jemandem vorstellig wird und sagt, er habe ihn/sie durchleuchtet aber nix gefunden.

  • Wenig überrascchend. Der Verfassungschutz hat seine politische Gesinnung ja spätestens nach dem NSU Skandal schon dargestellt...



    Jeder Mensch, der auch nur einen Millimeter linksorientiert ist wird erfasst, das ist so wichtig, da kann man sich nicht auch noch auf die andere Seite konzentrieren

  • Für die Information der betroffenen NGOs hat Hans-Georg Maaßen halt leider keine Zeit. Er ist doch damit beschäftigt, die AfD zu beraten, wie sie sich der Beobachtung seiner Behörde entziehen kann.