Verfassungsreferenden in Irland: Das Familienkonzept erweitern
Bisher hat die traditionelle Rolle der Frau in Irland Verfassungsrang. Das sollen zwei Referenden ändern. Falls jemand die Änderungen versteht.
Es geht um die beiden Paragrafen, in denen die Familie und die Rolle der Frau definiert sind. Bisher steht da: Der Staat verpflichtet sich, „die Institution der Ehe, auf die die Familie gründet, mit besonderer Sorgfalt zu schützen“. Die vorgeschlagene Verfassungsänderung soll das Konzept der Familie erweitern, sie soll nicht mehr nur auf der Ehe basieren, sondern „andere dauerhafte Beziehungen“ umfassen.
Die Frau als Stütze des Staates
Das ist ziemlich schwammig. Michael McDowell rät deshalb zu einem Nein. Der frühere Generalstaatsanwalt und stellvertretende Premierminister sagt: „Die Regierung erklärt, dass es Sache der Gerichte ist, andere dauerhafte Beziehungen zu definieren. Aber die Gerichte entscheiden nur in Fällen, in denen es Streitigkeiten gibt. So werden wir aufgefordert, den Familienbegriff neu zu bestimmen, damit über die Bedeutung in zukünftigen Fällen vor Gericht entschieden werden kann.“ Das Referendum sei ein billiger Kunstgriff.
Der andere Paragraf beschäftigt sich mit der Rolle der Frauen. „Der Staat erkennt an, dass die Frau durch ihr Leben in der Familie dem Staat eine Stütze ist, ohne die das Gemeinwohl nicht erreicht werden kann“, heißt es bisher. „Der Staat ist bestrebt, dafür zu sorgen, dass Mütter nicht durch wirtschaftliche Notwendigkeit gezwungen werden, unter Vernachlässigung ihrer häuslichen Pflichten zu arbeiten.“
Dieser Artikel soll gestrichen und durch eine geschlechterneutrale Formulierung ersetzt werden: „Der Staat erkennt an, dass die Fürsorge der Mitglieder einer Familie füreinander aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Bindungen der Gesellschaft eine Stütze ist, ohne die das Gemeinwohl nicht erreicht werden kann, und ist bestrebt, diese Fürsorge zu unterstützen.“
Alle großen Parteien werben für ein Ja. Zunächst traten lediglich kirchliche Organisationen sowie ein paar konservative Splitterparteien für ein Nein ein. Doch inzwischen haben auch zwei unabhängige Menschenrechtsorganisationen Bedenken gegen den Vorschlag geäußert.
Viel Kritik und wenig Interesse
Die Rechtsberatungsstelle Flac unterstützt den Familienänderungsantrag, bezeichnete jedoch die Fürsorgeänderungen als „implizit sexistisch“ und als potenzielle Beeinträchtigung der Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die Bürgerrechtsgruppe „Irish Council for Civil Liberties“ ist der Ansicht, dass die Änderung „keinen sinnvollen Rechtsschutz für Personen bietet, die Pflegeleistungen erbringen oder erhalten“.
Noch Anfang Februar wollten 52 Prozent der Befragten zustimmen, nur 15 Prozent nicht. 53 Prozent wussten jedoch kaum, um was es eigentlich geht. Es ist deshalb mit einer äußerst niedrigen Wahlbeteiligung zu rechnen. Und neue Umfragen deuten darauf hin, dass die Referenden keine Selbstläufer sind.
Rechtsanwältin Laura Perrins, die ihren Beruf aufgegeben hat, um sich um ihre vier Kinder zu kümmern, sagt: „Die Volksabstimmungen sind von Fehlinformationen umgeben. Die erste Unwahrheit ist, dass die Verfassung Frauen vorschreibt, dass sie zu Hause bleiben müssen. Das steht da nicht.“ Der Paragraf weise den Frauen keine häusliche Rolle zu, sondern erkenne die bedeutende Rolle an, die Ehefrauen und Mütter im Haushalt spielen, sagt sie.
Die Autorin Justine McCarthy ist anderer Meinung: „Für die Frauen, die den alten Artikel behalten wollen, stellt sich die Frage: Was nützt er den Frauen, die kein Zuhause haben? Was hat es den Müttern gebracht, die in Waschhäusern und Heimen eingesperrt waren und denen ihre Kinder für den Verkauf ins Ausland gestohlen oder ohne ihr Wissen oder ihre Zustimmung für Impfstoffversuche verwendet wurden? Die Antwort lautet: absolut nichts.“
Sollten die Verfassungsänderungen verabschiedet werden, wäre das lediglich ein Anfang. Der Bürgerrat aus 99 zufällig ausgelosten Menschen, der die Referenden auf den Weg gebracht hat, unterbreitete seinerzeit 45 Empfehlungen für weitere Gleichstellungsmaßnahmen. Es gibt noch viel zu tun.
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