Verfassungsbeschwerde und Eilantrag: BSW will neu zählen lassen
Bei der Bundestagswahl am 23. Februar hat das BSW die 5-Prozent-Marke knapp verpasst. Helfen soll jetzt das Bundesverfassungsgericht.

Das BSW hat bei der Bundestagswahl am 23. Februar 4,972 Prozent der Stimmen erhalten. Für den Einzug in den Bundestag fehlten nur 13.435 Stimmen. Noch nie sei eine Partei so knapp an der 5-Prozent-Hürde gescheitert, heißt es in der Klage.
Eigentlich ist eine zweistufige Prüfung des Wahlergebnisses vorgesehen. In der ersten Stufe können Wahlberechtigte Einspruch einlegen, über den der Bundestag entscheidet. Erst dann kann eine Wahlprüfungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht eingelegt werden. Das Verfahren dauert allerdings ein bis zwei Jahre und gilt als reformbedürftig.
Wagenknecht und Ali weisen darauf hin, dass die gewählten Abgeordneten von CDU/CSU und SPD wenig Interesse an einer Neuauszählung haben werden, wenn diese zum Einzug des BSW in den Bundestag führen wird. Die beiden Fraktionen hätten dann nämlich keine Regierungsmehrheit mehr. Gemeinsam mit fünf Wahlberechtigten geht das BSW direkt zum Bundesverfassungsgericht. Dieser Weg sei wegen der nur wenigen fehlenden Stimmen ausnahmsweise sofort zulässig. Es handele sich um eine „historisch einmalige atypische Sondersituation“.
Bündnis was?
Eine sofortige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könne verhindern, dass eine verfasssungswidrig zustande gekommene Regierung im Amt wäre. Die Klägerinnen gehen davon aus, dass die Abweichung schon durch „übliche, unvermeidliche Auszählfehler“ entstanden sein könnte. Außerdem verweisen sie auf die Namensähnlichkeit zur rechten Kleinpartei „Bündnis Deutschland“, die auf dem Stimmzettel über dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ stand. Es gebe Anzeichen, dass dies in manchen Stimmbezirken zu Verwechslungen führte.
Die vom Heidelberger Anwalt Uwe Lipinski verfasste Verfassungsbeschwerde nimmt einzelne Vorkommnisse und rechnet sie bundesweit hoch. Nach Rechnung der Klagenden könnte das BSW 24.000 Stimmen mehr zählen und würde so in den Bundestag einziehen.
Daneben machen Wagenknecht und Ali eine Reihe anderer möglicher Wahlfehler aus. So wurde BSW-Spitzenkandidatin Wagenknecht nicht zur ARD-Sendung „Wahlarena 2025“ eingeladen, wo die „Kanzlerkandidaten“ Merz, Scholz, Habeck und Weidel diskutierten. Außerdem seien viele Stimmen von Auslandsdeutschen nicht rechtzeitig angekommen.
Wenn der Eilantrag abgelehnt werde, müsse die Bundestagswahl in ein bis zwei Jahren „mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit“ wiederholt werden, schreibt Anwalt Lipinski. Auch für das BSW drohten bei Ablehnung irreparable Schäden. Die jetzige BSW-Gruppe von zehn Bundestagsabgeordneten würde nicht in eine neue Fraktion überführt, sondern müsste aufgelöst werden. Alle Mitarbeiter:innen müssten entlassen werden.
Vermutlich wird das Bundesverfassungsgericht noch vor der Verkündung des amtlichen Wahlergebnisses am Freitag über den Eilantrag entscheiden.
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