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Vereinbarung mit WohnungsunternehmenGarant für soziales Wohnen

Mieterverein und Gewerkschaften wollen mehr Vorgaben für die landeseigenen Unternehmen: Mieten dürften nicht steigen, Mitarbeiter Tariflohn erhalten.

Den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften gehören etwa 350.000 Wohnungen Foto: dpa

Berlin taz | Mit einem breiten Forderungskatalog mischen sich der Berliner Mieterverein, Gewerkschaften und Sozialverbände in die aktuell laufenden Verhandlungen zwischen dem Senat und den landeseigenen Wohnungsunternehmen ein. Gegenstand dieser Gespräche ist eine neue Kooperationsvereinbarung, in der den Unternehmen Vorgaben etwa für Mieterhöhungen und Vermietungsquoten für Menschen mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) gemacht werden.

Anders als bei den letzten Gesprächen im vergangenen Jahr sind die Organisationen bislang nicht beteiligt, geschrieben haben sie daher einen offenen Brief an die SenatorInnen Andreas Geisel (Wohnen, SPD), Daniel Wesener (Finanzen, Grüne) und Katja Kipping (Soziales, Linke).

In dem offenen Brief heißt es, viele Menschen in der Stadt seien auf eine soziale Wohnraumversorgung der Unternehmen mit ihren etwa 350.000 Wohnungen angewiesen, „weil andere Wohnungsunternehmen sich diesem Auftrag bisher trotz Wohnungsbündnis entzogen haben“.

So gibt es für WBS-Berechtigte – Anspruch haben mehr als die Hälfte aller Haushalte – auf dem freien Wohnungsmarkt nahezu keine Angebote. Bei den Landeseigenen hingegen wurden zuletzt 63 Prozent der Bestandswohnungen an WBS-Berechtigte vermietet – etwas weniger als 10.000 Wohnungen im vergangenen Jahr. Angesichts des viel größeren Bedarfs solle diese Quote auf 75 Prozent steigen, das fordert das Bündnis.

Keine Mieterhöhungen

Ulrike Hamann, neue Geschäftsführerin des Mietervereins, sagte außerdem: Ebenso dringend sei es, Mieterhöhungen weiter strikt zu begrenzen – entgegen dem Wunsch der Unternehmen. Nach dem Scheitern des Mietendeckels waren die Unternehmen verpflichtet worden, die Mieten stabil zu halten und um maximal 1,1 Prozent im Jahr zu erhöhen. Dies müsse über 2025 hinaus verlängert werden, sagt Hamann, und solle künftig auch für Neubauwohnungen gelten.

Die Härtefallregelung, wonach Mie­te­r:in­nen nicht mehr als 30 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens zahlen sollen, müsse überarbeitet werden. Bislang gelte hier als Referenzgröße die Nettokaltmiete – also die Miete ohne Betriebskosten. Zukünftig solle die Bruttokaltmiete berücksichtigt werden, also Miete plus kalte Betriebskosten. Das Bündnis fordert zudem, die Gewerbemieten zu deckeln und insbesondere für soziale Träger wie Kindergärten auf maximal 10 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen.

Tarifflucht beenden

Besser werden solle es auch für die Beschäftigten von Tochterfirmen der Wohnungsunternehmen. So hätten etwa Gewobag, Gesobau oder Stadt und Land Hausmeister-, Gärtner- oder Handwerksdienstleistungen schon vor Jahren ausgegliedert und würden damit „systematisch Tarifflucht“ betreiben, wie Carla Dietrich von Verdi sagt. In diesen Betrieben würden Gehälter bezahlt, die 25 oder 30 Prozent unter dem Tarifvertrag der Wohnungswirtschaft liegen.

Schon lange kämpfen die Gewerkschaften um eine Besserstellung. Erst vor zwei Wochen hatte es einen Streik bei einer Degewo-Tochter gegeben, bei denen Hausmeister und Grünpfleger 20 Prozent unter Tarif bezahlt werden, während das Unternehmen nur eine dreiprozentige Lohnerhöhung anbietet. Im offenen Brief fordern Mieterverein, Gewerkschaften und Sozialverbände die Integration der ausgelagerten Betriebe, die Anwendung des Flächentarifvertrages und damit einheitliche Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten.

Unterstützung für die Forderungen signalisierte am Mittwoch der mietenpolitische Sprecher der Linken, Niklas Schenker. Der Brief zeige, „dass die Verhandlungen um den Kurs der landeseigenen Wohnungsunternehmen nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden sollten“. Besonders in der Krise sollten sie die Mieten nicht weiter anheben. Außerdem forderte er, die Neubauquote von 50 Prozent für Sozialwohnungen weiter zu erhöhen.

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1 Kommentar

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  • 20 Prozent unter Tarif ist krass.

    Man muss sich mühevoll erinnern, dass Berlin eine rot-grün-rote Regierung hat.

    Größter Witz: Der mietenpolitische Sprecher der Linken signalisiert Unterstützung.

    Es trieft vor Heuchelei.