Verbot sexistischer Werbung in Berlin: Sexismus soll nicht mehr sellen
Der Senat will keine sexistische und diskriminierende Werbung. Das entsprechende Meldeportal für Verstöße kennt aber noch fast niemand.
Wem auf der Straße oder im Internet solche sexistische oder in anderer Weise diskriminierende Werbung auffällt, der*die kann das seit April auf der Website der Berliner Justizverwaltung melden. Man braucht nur anzugeben, wann und wo man das gesehen hat, wer da geworben hat, am besten noch ein Foto hochladen, fertig.
Ganze fünf Mal haben das Leute in Berlin bisher gemacht, sagte Eren Ünsal, Leiterin der Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung, am Montag im Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Dabei bezogen sich alle Meldungen auf Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (also Sexismus).
Das Verbot stand im Koalitionsvertrag
Eine neunköpfige Jury prüft die Meldungen und handelt dann gegebenenfalls. Bisher stufte sie zwei Meldungen als diskriminierend ein. Man sei auf die betroffenen Unternehmen zugegangen, bei einem habe es eine „gute Auseinandersetzung“ gegeben, so Ünsal. Bei dem anderen warte man auf eine Stellungnahme.
Das Melden und die Jury sind Teil einer Offensive gegen sexistische und diskriminierende Werbung des Senats. Die hatte Rot-Rot-Grün 2016 im Koalitionsvertrag festgeschrieben: Bei Werbeflächen des Landes sei „der Ausschluss von sexistischer Werbung und diskriminierenden Inhalten eine harte Vergabebedingung. Auf privaten Werbeflächen wird die Koalition diskriminierende Werbung durch Einrichtung eines Expert*innengremiums prüfen und verhindern“, hieß es damals im Vertrag.
Meldeplattform noch kaum genutzt
Bis der Senat das so umgesetzt hat, hat es jedoch gedauert. Das Verbot auf landeseigenen Flächen kam 2019, das Gremium gründete sich erst diesen Januar. Zu den Juror*innen zählen Wissenschaftler*innen, Mitglieder von Vereinen, die sich gegen Diskriminierung einsetzen, oder die Gleichstellungsbeauftragte von Friedrichshain-Kreuzberg, Petra Koch-Knöbel. Der Bezirk war bei dem Thema Vorreiter gewesen und verbot schon 2015 geschlechterdiskriminierende Werbung auf bezirkseigenen Flächen.
Die Jury soll nicht nur auf Beschwerden reagieren, sondern gezielt Unternehmen und Werbeagenturen ansprechen. Ziel sei es, die „kritische Auseinandersetzung mit Werbung zu fördern“, so Ünsal. Die Reaktionen seien bis jetzt überwiegend positiv.
Nun muss das Meldeangebot nur noch bekannter werden. Ein Logo und PR-Flyer sind geplant. Mehr als nur fünf Reklamen gibt es in jedem Fall zu melden: Die feministische Organisation Pinkstinks etwa betreibt seit 2017 ein Melde-Tool, ähnlich wie das der Senatsverwaltung. Innerhalb von drei Jahren gingen da im Schnitt 150 Beschwerden pro Jahr ein. Das Plakatmotiv mit dem Mundschutz wurde zum Beispiel allein in Berlin vier Mal gemeldet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter