Urteil zu Wohnungsbordellen: Rotlicht ausgeknipst
Bordelle bringen „milieubedingte Unruhe“. Das Bundesverwaltungsgericht schränkt das Recht von Hausbesitzern ein, ihre Räume zu vermieten.
LEIPZIG/FRANKFURT dpa | Hausbesitzer dürfen ihre Räume nicht uneingeschränkt an Rotlicht-Betriebe vermieten, auch wenn Prostitution in Deutschland erlaubt ist. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Mittwoch entschieden. Die Städte und Gemeinden sind nach diesem Urteil berechtigt, auf der Grundlage sogenannter Sperrgebietsverordnungen etwa Prostitution in erotischen Massagestudios zu untersagen.
Damit setzte sich die Stadt Frankfurt am Main in dritter und letzter Instanz durch. Sie war gegen einen Hausbesitzer vorgegangen, der Räume in seinem Hinterhaus an ein „Chantal-Massagestudio“ vermietet hatte. Auf 44 Quadratmetern boten Prostituierte dort ihre Dienste an. Die Sperrgebietsverordnung für Frankfurt verbot diese Form des Wohnungsbordells an diesem Ort (Az.: BVerwG 6 C 28.13).
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in der Vorinstanz hatte die Untersagungsverfügung der Stadt kassiert. Die Begründung: Nach der Legalisierung des „ältesten Gewerbes der Welt“ durch das Prostitutionsgesetz 2002 sei es unzulässig, Prostitution zu verbieten, ohne zu prüfen, ob es überhaupt konkrete schädliche Auswirkungen auf die Nachbarschaft gebe.
Das sahen die Leipziger Bundesrichter nun anders. Nicht alles, was an Gewerbe legal ist, dürfe auch überall ausgeübt werden. Prostitution bringe immer eine „milieubedingte Unruhe mit“ sich.
Jugendschutz und öffentlicher Anstand
Im Fall des Frankfurter Hausbesitzers kam die Lage der Immobilie dazu. Im Umkreis von 200 Metern liegen eine Realschule und zwei Kindertagesstätten, dazu grenzt ein Wohngebiet unmittelbar an. Die Stadt müsse durch Steuerung der Prostitution dafür sorgen können, dass der Jugendschutz sowie die Wahrung des öffentlichen Anstandes gesichert bleiben, entschieden die Bundesrichter.
Frankfurts Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) sprach von einer wichtigen Grundsatzentscheidung. „Das Bundesverwaltungsgericht hat der Stadt wichtige Instrumentarien zurückgegeben im Kampf gegen Wohnungsprostitution in der Nähe von Schulen und Wohngebieten“, sagte Frank. Der Direktor des Hessischen Städtetags, Stephan Gieseler, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Jetzt haben wir ein Stück Rechtssicherheit. Wir nehmen das Urteil sehr positiv auf.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt