Urteil zu MeToo-Vorwurf beim SWR: Degradierung bleibt

Der SWR muss Regisseur Joachim A. Lang nicht mehr als Abteilungsleiter beschäftigen, urteilt ein Arbeitsgericht. Lang hatte sich gemaßregelt gefühlt.

Mann mit verschränkten Armen

Joachim A. Lang 2018 in Berlin Foto: Ralf Müller/imago

STUTTGART taz | Der renommierte Regisseur Joachim A. Lang hat gegen seinen Sender SWR nur einen Teilerfolg erzielt. Die Garantie, jährlich einen Film drehen zu können, gelte fort, entschied das Arbeitsgericht Stuttgart. Seinen Posten als Abteilungsleiter erhält Lang jedoch nicht zurück. Der Fall findet wegen seiner Verbindung zu einem unaufgeklärten Belästigungsvorwurf großes öffentliches Interesse.

Lang hatte sich für seine Kollegin und ehemalige Partnerin Sandra Dujmovic eingesetzt, die 2006 nach eigenen Angaben von einem SWR-Vorgesetzten bedrängt und begrapscht wurde. Lang war bereit zu bezeugen, dass der Vorgesetzte sein Opfer am nächsten Tag anrief und zum Schweigen aufforderte; er hatte das gehört, weil er im Raum war, als der Mann anrief. Dujmovic hat den Vorfall zwar nicht bei der Polizei angezeigt, dem Sender aber 2008 gemeldet, um nicht mehr unter diesem Vorgesetzten arbeiten zu müssen. Der Vorgang wurde vom SWR jedoch nie richtig aufgeklärt. Der mutmaßliche Belästiger verließ den Sender 2012.

Lang, ein vielfach preisgekrönter Regisseur, wurde 2012 SWR-Abteilungsleiter für „Sonderprojekte Musik und Theater“. Außerdem erhielt er die Zusage, jährlich einen Fernsehfilm als Autor und Regisseur realisieren zu können. Hierfür wurde ihm ein Budget von 1,3 Millionen pro Jahr oder bei größeren Projekten 2,6 Millionen für zwei Jahre versprochen.

Der Regisseur sieht sich seither aber doppelt ausgebremst. Seine befristete Stelle als Abteilungsleiter wurde 2019 nicht mehr verlängert. Und in den neun Jahren seit 2012 konnte er nicht neun Filme realisieren, sondern nur einen einzigen („Mackie Messer“). Seine Anwältin Meike Kuckuck stellte in den Raum, dass Lang „möglicherweise“ gemaßregelt wurde. „Lang war das beste Pferd im Stall, was Filmproduktionen angeht, und jetzt muss er seinen Rechten hinterherlaufen“, argumentierte die Anwältin, da liege es doch nahe, „dass hier jemand kleingekocht werden soll“.

Der #metoo-Vorwurf wurde nicht thematisiert

Eine Klage wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot erhob Lang aber nicht, vermutlich weil er nur schwer zu beweisen gewesen wäre. Deshalb wurde der Belästigungsvorwurf im Prozess vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht nicht weiter thematisiert.

Der SWR betonte in der Verhandlung, dass Langs Abteilung aus „organisatorischen Gründen“ aufgelöst wurde. Der Regisseur werde aber weiter wie ein Abteilungsleiter bezahlt, er habe also keine finanziellen Einbußen. Dass seit 2012 nur ein Film realisiert werden konnte, sei nicht Schuld des SWR. Für die kommenden Jahre, so der Sender, stehe aber der SWR-Anteil für einen größeren Film über den NS-Propagandaminister Joseph Goebbels bereit sowie auch für einen weiteren Film über den britischen Ballettstar John Cranko.

In seinem Urteil stellte das Arbeitsgericht Stuttgart fest, dass die Zusage des SWR für jährliche oder zweijährliche Filmproduktionen fortgilt und nicht an die Abteilungsleitung gebunden war. Abteilungsleiter sei Regisseur Lang aber nicht mehr, weil es keinen entsprechenden Vertrag gab. so die Vorsitzende Richterin Margarete Berchtold. Lang bleibt also leitender Redakteur. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Lang kann noch Berufung einlegen.

Im Dezember wird in einem separaten Verfahren über eine Klage von Sandra Dujmovic verhandelt. Sie klagt, weil sie 2020 beim SWR ihre Position als Redaktionsleiterin verloren hat. Auch sie sieht dabei einen Zusammenhang mit ihren Belästigungsvorwürfen. Auch diese Klage wird beim Arbeitsgericht Stuttgart verhandelt, allerdings bei einer anderen Kammer.

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