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Urteil zu Falschmeldungen im NetzUS-Bundesrichter schützt Fake News

Per einstweiliger Anordnung verbietet ein konservativer US-Bundesrichter der Regierung, soziale Netzwerke zur Löschung von Falschmeldungen zu drängen.

Generalstaatsanwalt Andrew Bailey begrüßt die Entscheidung zu Fake News Foto: David A. Lieb/ap

Berlin taz | Ver­brei­te­r*in­nen von Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken in den USA haben einen bedeutsamen juristischen Etappensieg errungen: Am Dienstag verbot ein US-Bundesrichter in Louisiana per einstweiliger Anordnung dem Weißen Haus und Dutzenden von Regierungsbehörden, bei den Netzplattformen auf die Löschung oder auch nur Markierung von Beiträgen zu drängen, „die nach dem Grundsatz der Meinungsfreiheit geschützt sind“.

Ausgangspunkt der Klage, die die beiden republikanischen Generalstaatsanwälte der Bundesstaaten Louisiana und Missouri eingebracht hatten, waren zunächst Bestrebungen der Regierungsbehörden, gegen Falschmeldungen bezüglich der Coronapandemie vorzugehen. Da ging es um Übertreibungen angeblicher Gefahren der Impfung bis zur Theorie, mit den Impfstoffen würden Nanochips eingepflanzt, um die Bevölkerung per 5G zu kontrollieren.

Die Debatte über eine Verantwortung der Netzbetreiber verschärfte sich nach dem Sturm von Trump-Anhänger*innen aufs Kapitol in Washington am 6. Januar 2021, nachdem der abgewählte Präsident über Monate auf Twitter die Lüge von gefälschten Wahlen verbreitet hatte – und schließlich auf der Plattform gesperrt wurde, bis der neue Besitzer Elon Musk Trumps Account wieder freigab.

Die einstweilige Anordnung ist noch keine abschließende Entscheidung, Beweisaufnahme und Verfahren haben bislang gar nicht stattgefunden. Zur Begründung der Anordnung sagte der 2017 von Trump eingesetzte Bundesrichter Terry A. Doughty: „Wenn die von den Klägern vorgebrachten Anschuldigungen wahr sind, dann stellt dieser Fall den massivsten Angriff auf die Meinungsfreiheit in der Geschichte der Vereinigten Staaten dar. Die Kläger haben Aussicht auf Erfolg beim Nachweis, dass die Regierung ihre Macht benutzt hat, um die Opposition mundtot zu machen.“

Neben den beiden Staatsanwälten hatten sich noch prominente Anti-Impf-Aktivist*innen und eine rechte Medienplattform der Klage angeschlossen. Sie spiegeln republikanisches Gejammer über angebliche Zensur und entsprechende Verschwörungsmythen. „Der Deep State hat den Samen von Unterdrückung und Zensur eingepflanzt, aber er wurde gedüngt und wuchs schnell, als Joe Biden ins Amt kam“, sagte Missouris Generalstaatsanwalt Andrew Bailey in einem Interview der Washington Post.

Die Anordnung gegen die Regierungsbehörden bleibt bestehen, bis entweder Richter Dough­ty selbst oder eine übergeordnete Instanz sie aufhebt. Eine Beweisaufnahme, heißt es in der Anordnung, seit derzeit nicht notwendig.

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Könnte es sein, dass Regierungen tatsächlich die falschen Schiedsrichter sind, wenn es darum geht, ob eine Meldung den Tatsachen entspricht ? Und eine Plattform wiederum ist kein Gericht, das Einzelnen die Möglichkeit gäbe, gegen Verleumdung zu klagen. Dass offen zugegebene "alternative facts" natürlich Unsinn sind, klar. Aber was ist, problematischer Terminus trotz allem, 'tatsächlich' so, wie dargestellt.? Die postmoderne Textkritik läst den vormals vermeintlich objektiven Status jedweden Dokuments zerfleddert zurück, denn: irgendwer hats geschrieben. Und diese Irgendwer hat immer ihre und seine Sicht auf die Welt.

  • Meinungsfreit gilt für alle Meinungen, auch falsche. Sonst wäre es keine Meinungsfreiheit. Für die "richtige" Meinung dürfen sie überall eintreten.

  • @CHRIS12:

    Sie haben bestimmt einen Beleg für ihre Aussage, oder?

    Die Klage kann auf der Website des Attorney General nachlesen:



    ago.mo.gov/home/ne...citing-1-400-facts

    Da geht es im Wesentlichen um genau das, was Herr Pickert geschrieben hat.

  • Wieso wird im Artikel nicht erwähnt, dass eine komplett und zu 100% richtige Nachricht auf Drängen der Regierungsbehörden als russische Desinformation deklariert und für eine Zeit von Facebook und Twitter verbannt wurde?

    Es ging dabei um die Story über Hunter Bidens Laptop. Von der Geschichte selbst kann man halten, was man möchte. Fakt ist und bleibt jedoch, dass hier unter Begründung von Falschmeldung eine 100% echte Story *wissentlich* unterdrückt wurde. Das sollte man zumindest erwähnen.

    Unter dem Gesichtspunkt, dass wir wissen, dass hier bereits Schindluder von Seiten der Regierungsbehörden getrieben wurde, finde ich es wirklich schwer, gegen die Vorgabe zu argumentieren.

    • @Chris12:

      Wei- es in dem Artikel um die Folgen der Gleichschaltung von US-Gerichten durch eine neofaschistische Verschwörung geht, und nicht um diese ollen Kamellen hier (en.wikipedia.org/w...ptop_controversy)?

    • @Chris12:

      - mir ist das auch a weng nebulös



      Here the Washington Post



      www.washingtonpost...ial-media-lawsuit/







      “The ruling and reaction



      In his opinion, the Trump-appointed judge in the case, Terry A. Doughty, specifically took aim at an Easterly comment from 2021, where she said: “We live in a world where people talk about alternative facts, post-truth, which I think is really, really dangerous if people get to pick their own facts.”



      Here’s more from what Easterly said at the time (in the final minutes of a discussion at a Wired conference): “The idea that facts are not facts; John Adams, 1770, ‘facts are stubborn things.’ We now live in a world where people talk about alternative facts, post truth, which I think is really, really dangerous if you get to pick your own facts. And so it’s particularly corrosive when you talk about matters of election security.”



      “The Free Speech Clause was enacted to prohibit just what Director Easterly is wanting to do: allow the government to pick what is true and what is false,” Doughty wrote. “The Plaintiffs are likely to succeed on the merits of their First Amendment claim against the CISA Defendants for ‘significantly encouraging’ social-media companies to suppress protected free speech.



      “During the COVID-19 pandemic, a period perhaps best characterized by widespread doubt and uncertainty, the United States Government seems to have assumed a role similar to an Orwellian ‘Ministry of Truth,’” Doughty wrote.



      “The injunction is strikingly broad and clearly intended to chill any kind of contact between government actors and social media platforms,” Evelyn Douek, an assistant professor at Stanford Law School, said in Cat’s story.



      Of note, though, there also are some exceptions to the injunction, eight of them in all. Most significantly for CISA, allowable contacts include those “informing or communicating with social-media companies in an effort to detect,

      • @Lowandorder:

        ff & Rest

        “…prevent, or mitigate malicious cyber activity” and “contacting and/or notifying social-media companies about criminal efforts to suppress voting, to provide illegal campaign contributions, of cyber-attacks against election infrastructure, or foreign attempts to influence elections.”



        (You can read the 155-page opinion and injunction for yourself.)“